Zwischen Olivenhainen (German Edition)
das?“, entgegnete Leslie, froh darüber, dass er scheinbar ein normales Gespräch anfing. Normal jedenfalls für seine Art.
Er nickte. „Der hat viel zu großes Interesse an dir, wenn du mich fragst.“
„Ich weiß“, nuschelte Leslie. Er lächelte. Fast zufrieden.
„Warum bist du so schnell wieder hier?“, fragte sie ihn, um einer erneuten Redepause vorzubeugen. „Du hast doch gesagt, du bist drei Tage weg. Und Mario meinte, du würdest noch zwei Tage Urlaub dranhängen.“
„Du hast Mario getroffen?“, fragte er. Sie nickte. Aber darüber wollte sie jetzt nicht reden. Plötzlich lagen ihr tausend Fragen auf der Zunge. Gosettis Anschuldigung, ihre vergeblichen Anrufe … Sie hatte jetzt die Möglichkeit, ihn nach all dem zu fragen.
„Warum warst du nicht erreichbar? Hattest du dein Handy ausgeschaltet?“, fragte sie. Einen Moment lang schwieg er.
„Du hast mich angerufen?“, entgegnete er dann fast ein wenig verblüfft, aber dann stahl sich ein zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht.
„Ich habe es versucht, aber die blöde Nummer war nicht –“.
„Kannst du für einen Moment aufhören, mir ewig Vorwürfe an den Kopf zu werfen, Leslie?“, fragte er leise und dann legte er ihr einen Finger auf die Lippen. Ein warmes Prickeln schoss von dort aus bis hinunter in ihre Knie, die auf der Stelle puddingweich wurden.
„Hmmmmm“, machte sie verzweifelt und er nahm seinen Finger von ihren Lippen.
„Ich werde jetzt die Klappe halten“, krächzte sie und erschrak, als sie merkte, wie nahe er ihr war, „wenn du …“ Doch noch bevor sie den Satz zu Ende sprechen konnte, verschloss er ihre Lippen mit seinen und küsste sie.
Eine Weile stand sie starr und erschrocken da, und gerade, als sie sich überlegte, dass es ihr gefiel, löste er sich von ihr.
„Ich hab’ mich in dich verliebt, Leslie“, sagte er leise. „Deshalb bin ich zurückgekommen, bevor du nach Hause fliegst und deshalb musste ich diesen Antonio daran hindern, mit dir auszugehen.“ Er lächelte entschuldigend.
„Was ist mit dir?“, fragte er dann. In diesem Moment wusste sie nicht, was sie sagen sollte. Nicht jetzt. Nicht hier. Verdammt, sie konnte nicht klar denken, wenn er sie so ansah. Gerade, als er Anstalten machte, sie erneut zu küssen, trat sie einen Schritt zur Seite. Raffaello hielt inne und kurz, ganz kurz nur, sah er ehrlich enttäuscht, vielleicht sogar verletzt aus, doch im Nu hatte sich wieder die gleichgültige Maske auf sein Gesicht gelegt, die sie so gut kannte.
„Lass mich …“, stotterte Leslie, „lass mich darüber nachdenken.“ Mehr konnte sie im Augenblick nicht über die Lippen bringen. Alles in ihr schrie danach, sich Raffaello auf der Stelle um den Hals zu werfen, was sie zutiefst erschreckte, doch sie zögerte. Es wäre unvernünftig gewesen. Sie kannte ihn ja gar nicht. Nicht gut genug jedenfalls.
Raffaello verzog keine Miene, als er nickte und sagte: „Gut. Wir sehen uns.“ Dann drehte er sich um und ging. Leslie sah nur kurz, wie er hinaus in die gleißende Sonne trat, sein heller Anzug reflektierte das Licht, dann war er hinter der nächsten Straßenecke im Gewühl der Menschen verschwunden.
Verdammt, was hatte sie getan? Er war garantiert furchtbar wütend und verletzt. Falls er es jemals ernst gemeint hatte mit ihr und in diesem Augenblick bezweifelte sie das wirklich. Diese Lässigkeit, mit der er reagiert hatte. Vielleicht war sie nur eine von vielen Mädchen, die er traf. Eine weniger, was soll’s? Sie unterdrückte die Tränen, die ihr in die Augen schossen, vor Wut auf sich selbst. Dann machte sie sich auf den Weg zurück zum Hotel.
Anne und Melissa waren noch nicht da. Wahrscheinlich saßen sie noch im ‚Conte‘ und unterhielten sich mit Antonio oder versuchten, ihn irgendwie zu besänftigen. Ihr sollte es recht sein. Es war angenehm ruhig hier im Hotelzimmer, nachdem sie durch die belebten Straßen Palermos gelaufen war, in denen allzu viel Hektik und Gedränge herrschten. Vielleicht hätten sie doch lieber irgendwo außerhalb der Stadt Urlaub machen sollen? Aber sonst hätte ich ihn nicht kennengelernt, dachte Leslie und noch im selben Augenblick wurde sie furchtbar wütend. Auf Raffaello. Auf sich selbst. Auf alles. Er lässt sich nicht mehr blicken, dachte sie und erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. Vielleicht war es Wut.
Er wird mich vergessen und seiner Wege gehen. Mir doch egal. Soll er doch. Ich brauche ihn nicht. Das dachte sie jedenfalls, aber tief in
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