Zwischen Rom und Mekka
Johannes von Jerusalem« hingegen bot ihm Perspektiven und machte ihn vertraut mit den problematischen Beziehungen zwischen der Christenheit und dem Islam im Mittelmeer. Für alle Fälle. Für die weitere kirchliche Karriere als Bischof, Erzbischof von Florenz und Kardinal in Rom half ihm, dass er den Papst zum Vetter hatte. Leo X. erteilte ihm Dispens wegen seiner unehelichen Geburt und bestimmte, dass Giulio das Kind einer »heimlichen Ehe« sei, es also kein Hindernis für kirchliche Weihen gebe. So wurde ein Islamexperte Papst, als Clemens VII., am 19. November 1523. Allerdings, wie der protestantische Kirchenhistoriker Leopold von Ranke (1795-1886) urteilt, »in allem seinem Tun und Lassen unglückselig; wohl der unheilvollste aller Päpste, die je auf dem römischen Stuhle gesessen«. Vielleicht lag es an der Zeit, der Renaissance, die zwar die vergangenen Jahrhunderte aufnahm, doch nun über die gewöhnlichen und gewohnten Maßstäbe hinausging. Wie etwa bei den Rittern.
Der Orden des heiligen Johannes von Jerusalem
Der Orden des heiligen Johannes von Jerusalem war, so wurde der Medici-Spross instruiert, im Jahr 1099, beim ersten Kreuzzug, von Kaufleuten aus Amalfi, der mächtigen Seerepublik südlich von Neapel, gegründet worden, bei der Kirche Sankt Johannes in Jerusalem, mit der Erlaubnis des Kalifen von Ägypten. Die Ritter setzten sich als Ziel, den Pilgern im Heiligen Land Hilfe und Schutz zu gewähren, Hilfe bei Krankheiten, Schutz vor Überfällen und militärischer Bedrohung. Dafür gliederte sich der Orden (unter einem Großmeister) in Ritter für die militärischen Belange, dienende Brüder für die Krankenpflege und Priester (unter dem Großprior) für den geistlichen Zuspruch. Die Kleidung der Mitglieder war die schwarze Tracht der Benediktinermönche (nach dem Gründer Fra Gerardo) mit einem weißen, achtstrahligen Kreuz auf der Brust. Die acht Strahlen des Kreuzes sollten die acht Seligkeiten symbolisieren (nach dem Matthäusevangelium, 5. Kapitel); darunter die schöne Verheißung: »Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Kinder Gottes heißen.« Das konnten die Ritter in der Folge nicht immer sein, da sich der Islam im Mittelmeer von Süden her mit Macht ausbreitete und die abendländischen Völker in wie auch immer motivierter Sorge um die heiligen Stätten von Norden her dagegendrängten.
Da die Johanniter-Ritter die drei Evangelischen Räte von Armut, Keuschheit und Gehorsam gelobten und zumeist über Generationen hinweg danach lebten, wurde der Orden trotz aller kriegerischer Verwicklungen bald reich, mächtig und souverän. Denn es traten den Johannitern aus den hochadligen Familien des christlichen Europa jene bei wie Giulio de’ Medici, die nicht zur Herrschernachfolge und zum Haupterbe berechtigt, doch stets vermögend, unternehmungslustig und intelligent genug waren, den Orden zu bereichern, groß zu machen. Die Ritter besaßen schnelle Galeeren für die Seefahrt, mit denen man zur Not in feindlichen Gebieten auch seeräubern konnte, dazu Festungen an strategisch wichtigen Plätzen. Beides bewahrte den Orden jedoch nicht vor Niederlagen gegen die muslimische
Übermacht. Die Ritter wurden aus ihrem adoptierten Operationsgebiet vertrieben, zuerst aus dem Heiligen Land (1291), dann von Zypern und schließlich von Rhodos - von dieser Insel nahmen sie einen weiteren Namen an -, im Jahr 1522 durch den Osmanenherrscher Süleiman den Prächtigen.
Damit kannte sich Clemens VII., der selbst als Ritter auf Rhodos gekämpft hatte, also bei Regierungsantritt (Ende 1523) aus. Die Johanniter suchten eine neue Bleibe. Clemens VII. konnte helfen. Der Papst, kaum im Amt, sah sich den Ansprüchen und Schwierigkeiten Kaiser Karls V. gegenüber, suchte dessen Probleme durch Intrigen auszunutzen und musste sein politisches Machtspiel büßen. Es ging drunter und drüber in Europa, nicht unbemerkt von den Osmanen. Der französische König Franz I. verbündete sich, um seine Ansprüche in Italien durchzusetzen und den deutschen Kaiser-König unter Druck zu setzen, mit den Türken, die 1521 Belgrad erobert hatten und 1529 mit einer Armee von 120 000 Soldaten vor Wien standen. Der katholische Kaiser war umzingelt, von aufbegehrenden Protestanten in Deutschland, dem rivalisierenden Frankreich, den in Südosteuropa herandrängenden Türken und einem zwischen allen (!) Parteien lavierenden Papst. Die Söldnertruppen Karls wiederum plünderten und brandschatzten im furchtbaren »Sacco di Roma« vom
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