Zwischen Rom und Mekka
Status ist hoch. Manche sehen darin eine »islamische Expansion«. Von der Schnellstraße erblickt man gerade noch, von den Bäumen immer mehr verborgen, das Minarett und den Zentralbau an den Abhängen der Villa Ada am Fuß des Monte Antenne. Wer dorthin fährt, findet sich plötzlich mitten im Orient wieder, auf einem lebhaften Markt, auf dem viele orientalische Konsumwünsche erfüllt werden können. In dem »grandiosen Monument des Islam«, so die Eröffnungsinschrift, beten in sich gebeugt Muslime aus vielen Ländern.
Nur zum Freitagsgebet ist der Andrang zu dem ausgedehnten Areal von rund drei Hektar stark. Es mögen dann auch weit mehr als tausend sein. Sonst herrscht meist gähnende Leere. Nicht einmal
zu besonderen Anlässen des Protestes erhöht sich die Zahl der Muslime hier sprunghaft oder die Eindringlichkeit ihrer Gebete oder die Wattleistung der Lautsprecher, Letzteres mit Rücksicht auf die nahen Hügelhäuser der Bürger von Parioli.
Nach dem Gebet bricht zuweilen die Erregung aus Einzelnen heraus, mögen sie nun aus Marokko, dem Sudan oder Somalia stammen. Dann wehren sie sich gegen die Vorwürfe oder den leise geäußerten Verdacht des Extremismus. Gläubige Muslime seien friedliche Menschen, sagen sie - »so sicher, wie Allah mächtig ist«. Dies gelte vor allem dann, wenn man Muslime nicht reize, sagen sie.
Für den Freitag hat die römische Stadtverwaltung sogar eine eigene Buslinie eingerichtet, um den muslimischen Mitbürgern die Erfüllung ihrer religiösen Pflichten zu erleichtern. Niemand soll den Stadtvätern, ob unter einem linken oder rechten Bürgermeister, vorwerfen können, sie seien nicht zur Toleranz bereit. Dabei verfügt das Islamische Zentrum, rund 300 Meter von der Via Olimpica entfernt, schon über eine vorzügliche Verkehrsanbindung. Die Züge der Vorortbahn Roma-Nord halten am nahen Sportzentrum (Campi Sportivi).
Der Prozentsatz muslimischer Moscheebeter ist kaum höher als jener der katholischen Kirchgänger in Rom. Er liegt bei etwa fünf Prozent. Doch niemand soll den Erbauern vorwerfen können, sie hätten nicht an Zuwachs gedacht. Die Moschee mit der flach gewölbten Kuppel des riesigen Gebetsraumes, mit breiten, prächtigen Aufgängen und einem weit ausgedehnten Kulturzentrum kann und soll immer mehr Besucher fassen.
An einem normalen Wochentag - Besichtigungszeit von 10 bis 13 Uhr - verlaufen sich die wenigen Besucher in dem ausgedehnten Areal, jene weiblichen Geschlechts mit einer Kopfbedeckung, wie der schwarze Wächter aus Afrika, sogar einiger deutscher Worte mächtig, freundlich fordert, und alle barfuß in der Moschee mit Gebetsnische (mihrab) und Kanzel (minbar), wie es die fremde Vorschrift fordert. Die orientalischen Bauformen und Ornamente wirken nicht einmal besonders exotisch in der bedeutendsten Kunststadt des Abendlands, die immer Einflüssen von außen geöffnet war.
In den italienischen Ministerien und im Vatikan setzt man beim politischen Gespräch über die Moschee stets eine freundliche Miene auf. Denn hier weiß man, wie die Moschee ins heilig-christliche Rom gekommen ist. Es war, so verkündet sogar eine offizielle Inschrift, im Jahre 1973, als in der westlichen Welt das Erdöl knapp und teuer zu werden begann, nach muslimischer Zeitrechnung im Jahr des Propheten 1394, als die Araber anfingen, in ihren Bodenschätzen ein vorzügliches Instrument der Politik zu sehen. 1973 stattete König Faisal von Saudi-Arabien Italien einen Staatsbesuch ab, und was dem Hüter der heiligen Stätten von Mekka in der Ewigen Stadt mit ihren vielen Kirchen fehlte, war ein Gebetsort. Deshalb zeigte sich das saudische Königshaus nie kleinlich bei der Finanzierung des Monumentalbaus, der von zwei italienischen und einem irakischen Architekten geplant wurde. Außer Saudi-Arabien ermöglichten 22 andere Staaten »mit Gottes, des Milden und Barmherzigen Hilfe« den Bau: Von A wie »Algeria« bis Y wie »Yemen« reicht die italienische Liste.
Wenn 23 Staaten sich für eine solche gute Sache wie eine Gebetsstätte verwenden, konnte man in Rom schlecht Nein sagen. Die Römer verzögerten nur etwas die Fertigstellung des Baus, nachdem die Stadt das Grundstück kostenlos zur Verfügung gestellt hatte. Aber eines Tages, 1993, war die Moschee eben doch zur allgemeinen Überraschung fertig. Man konnte noch einmal die »Einweihung« aufschieben, doch auch die fand 1995 schließlich statt. Das dabei angestimmte pflichtgemäße Hohelied der Toleranz störten nur einige
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