Zwischen Rom und Mekka
weder der persönlichen Sicherheit Magdi Allams noch dem von ihm selbst geplanten Dialog einen Gefallen tat? Denn nicht jeder wird vom Papst getauft. Bei gewöhnlicher vatikanischer Praxis hätte ein römischer Priester, vielleicht sogar der Generalvikar für Rom, Kardinal Ruini, die Konversion als Taufe vollzogen. Aber vielleicht wusste Benedikt gar nicht, wen er da taufte. Damit begnügte man sich in Rom.
Kapitel 8
Anstöße, Streitpunkte, Reibungsflächen, Kollisionsfälle
Mit der Moschee in Rom haben sich die Päpste irgendwie abgefunden. Von der Höhe der Apostolischen Paläste, selbst vom »Turm der Winde« über der vatikanischen Bibliothek kann man das »grandiose Monument des Islam« mit seinem Minarett nicht sehen. Die Hügel verdecken es. Die Moschee ist fast normal geworden in der Ewigen Stadt. Die Zahl der Beter hält sich in Grenzen, und außerdem musste man dreißig Jahre nach der Planung und drei Jahre nach der Eröffnung im Herbst 2008 schon mit dem Ausbessern des Gebetsgebäudes beginnen. Gerüste beeinträchtigen das strahlende Bild. Ein Stein des Ansto ßes ist die Riesenmoschee kaum für die Römer, sondern Ausweis von Toleranz der Päpste, Zeichen einer noch fremden Religion in Rom.
»Steine des Anstoßes«, so die Überschrift, machte das deutsche Nachrichtenmagazin »Spiegel« aus, als es - anlässlich der Eröffnung der Ahmadiyya-Moschee in Berlin-Heinersdorf Mitte Oktober 2008 - dem Bau von Moscheen einen vierseitigen Artikel widmete (Nr. 41/2008). Mit den Unterzeilen: »In ganz Europa, vor allem in Deutschland, sind mehrere hundert neue, oft prachtvolle Moscheen geplant. Die Architektur wird zum Austragungsort des erbitterten ideologischen Streits darüber, welchen Platz die westliche Gesellschaft ihren muslimischen Bürgern einräumen soll.« Mit einer zarten Mahnung schließt der Artikel (von Ulrike Knöfel): »Dafür, dass Integration glückt, tragen alle die Verantwortung. Auch daran sollten Moscheen erinnern.« Die Berliner Tageszeitung »Tagesspiegel« hingegen zeigte sich aus demselben Anlass ganz euphorisch und rief laut:
»Gratulation!« Ungewiss blieb der Adressat. Gratulation für wen? Die Ahmadiyya-Gemeinde? Die Muslime in Deutschland, in Europa, insgesamt? Die Berliner? Die Christen? Denn, so der Schluss: »Dass sich Katholiken und Protestanten durch den demonstrativen Glaubenseifer der Muslime angespornt fühlen, ist schon spürbar. Konkurrenz belebt das Geschäft. Auch in Glaubensdingen.« Wirklich?
Zwei Wochen später veröffentlichte die »Spiegel«-Redaktion drei Leserbriefe zu diesem Thema, die lehrreich das Spektrum der Meinungen wiedergeben. Außerdem zeigen sie beispielhaft die Felder des Islam an, auf die Benedikt XVI. seine Aufmerksamkeit richtet.
Der erste repräsentiert die modernen Moderaten im Islam. Für die Autorin, als Architektin eine Kollegin der Berliner Moscheebaumeisterin Mubashra Ilyas, scheint »sich im Hintergrund des gesamten kulturellen Streites ein ganz neuer, sehr verbindender Islam zu bilden. Ein Islam, in dem sowohl östliche als auch westliche Werte zusammenschmelzen und eine neue Form bilden […] auch als innovative Lebensweise.« Außerdem zeige der Bau durch eine Frau, wozu »muslimische Frauen fähig sind, wenn man ihnen die Gelegenheit dazu gibt«. - Sie können sich, muss man (!) hinzufügen, die Möglichkeiten auch nehmen, wie es in der muslimischen Welt hie und da und immer öfter geschieht. Denn von muslimischen Frauen ist in der Tat Revolutionäres für die muslimischen Gesellschaften zu erwarten, wie es religiöse Führer im Islam auch befürchten. Die Stellung der Frau im Christentum - man denke nur an das päpstliche Verbot der Priesterweihe für Frauen! - und im Islam mit Differenzen und Ähnlichkeiten bedarf jedoch einer eigenen Darstellung.
Benedikt XVI. hat bei seinen Reden in der Türkei Ende November 2006 die politischen und muslimischen Führer in Ankara daran erinnert, dass sich das Land durch Kemal Atatürk im 20. Jahrhundert selbst eine Revolution, genauer: eine Evolution aus einem vormodernen Islam, verschrieben hat. Auf der Frankfurter Buchmesse 2008 wurde die Emanzipation türkischer Schriftsteller von einer spezifisch islamischen, persisch-mystisch geprägten Literatur gefeiert, verbunden mit der Abwendung des
türkischen Nationalstaats vom islamisch bestimmten Osmanischen Reich. Ein innermuslimisches Problem - zugleich muslimisch und modern-erfolgreich? -, dessen Lösung weltpolitische Ausmaße hat.
Der
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