Zwischen Rom und Mekka
dritte Leserbrief plädierte - ein bisschen nüchtern und spielverderberisch - für »eine ganz einfache vertrauensbildende Maßnahme: Für jede christliche Kirche, die in den islamischen Ländern gebaut wird, aus denen die Gelder für diese Moscheen kommen, wird eine Moschee in Deutschland gebaut. Da die Protagonisten des Euro-Islam nicht müde werden, gebetsmühlenhaft zu wiederholen, dass ›Islam Friede und Toleranz heißt‹, sollte das doch überhaupt kein Problem sein.« - Also: Toleranz, Pluralismus und Religionsfreiheit nur auf Gegenseitigkeit? Bei 2600 muslimischen Gebetssälen und 150 erkennbar orientalischen Moscheen in Deutschland bestünde zudem erheblicher Nachholbedarf. Ist das nur Polemik? Mit gespannter Neugier beobachtet man im Vatikan, wie die Bemühungen um den Bau einer kleinen christlichen Kirche in der Geburtsstadt des Apostels Paulus, in Tarsus im Süden der heutigen Türkei, auf muslimische Widerstände stößt.
Der zweite Brief hingegen nahm den Standpunkt dessen ein, vor dem alle Religionen gleich sind: »Was unterscheidet Mitbürger muslimischen Glaubens von den Angehörigen der großen Volkskirchen, den Gläubigen jüdischer, mennonitischer, freikirchlicher oder jeder sonstigen Glaubensausrichtung?« Der Leser wünschte sich nur »ein erheblich zu verstärkendes integratives Verhalten« von den Muslimen. Er meinte damit offenbar, dass Muslime sich an die Grundgesetze und Spielregeln der pluralistischen demokratischen Gesellschaft halten sollen. Genau da öffnen sich jedoch die Konfliktfelder, die nur der übersehen kann, für den die Religion nicht mehr von Belang für die Gesellschaft ist - oder dies wegen der in den westlichen Gesellschaften üblichen Trennung von Kirche und Staat nicht sein darf und ohne Konsequenz sein muss.
Dem widerspricht Benedikt vehement. Staat und Gesellschaft lebten, so ist das bekannte Argument, von Voraussetzungen, die sie selbst nicht geschaffen haben. Auch in den säkularisierten
westlichen Gesellschaften erwachsen die ethischen Grundlagen des menschlichen Zusammenlebens aus christlichen Wurzeln. Gerade Johannes Paul II. und Benedikt XVI. beklagten immer wieder, dass dieses Erbe in Vergessenheit gerate, unterdrückt werde, verloren gehe. Um die Pflege dieses einst ganz christlichen, im 21. Jahrhundert allgemeinen Patrimoniums - vor allem der einzigartigen Würde eines jeden Menschen - müssten Kirchenführer und selbst liberale Politiker besorgt sein, so die Päpste. Weil davon viele Folgeentscheidungen für die Gesellschaft und den Einzelnen abhängen. Sonst kommt es zu Streit, Reibungen, Kollisionen. Oder man stellt in der pluralistischen Gesellschaft plötzlich fest, dass die muslimischen Fundamentalisten ein anderes Leben wollen, nicht in einem anderen Land, sondern in der westlichen Welt von Kirchen und Kapellen.
Allein aus dem Jahr 2008 illustrieren Berichte aus der italienischen Zeitung »Corriere della Sera« (CdS), der deutschen »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (FAZ), »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« (FAS), der italienischen »La Repubblica« (Rep), dem deutschen »Spiegel« oder dem amerikanischen »Time«-Magazin die Fremdheit muslimischer Gebote und die Tendenz zu religiöser Beherrschung:
- In der von islamistischen Milizen beherrschten Stadt Chisimao in Südsomalia wird die 23 Jahre alte Aisha Ibrahim Dhuhulow von muslimischen Richtern wegen Ehebruchs verurteilt und durch Steinigung - »mit mittelgroßen Steinen«, wie die Scharia besagt, damit der Tod nicht zu schnell und nicht zu langsam eintritt - getötet. In Saudi-Arabien, Nigeria, Jemen, Pakistan und Iran sehen Gesetze Steinigungen vor, sie werden jedoch nicht praktiziert; dies bleibe religiösen Fanatikern vorbehalten. (CdS, 29. 10. 2008)
- Ein 23 Jahre alter Journalist in Afghanistan, der wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt worden war, wird nicht hingerichtet, sondern erhält nur 20 Jahre Gefängnis, als Strafe dafür, dass er in einem Artikel den Islam beleidigt und Koranverse falsch ausgelegt habe. (FAZ, 22. 10. 2008)
- Die Iranerin Shirin Ebandi, Friedensnobelpreisträgerin von
2003, Juristin und Menschenrechtlerin, klagt in ihrem neuen Buch das Ayatollah-Regime an; um Oppositionelle dürften Angehörige bei deren Tod nicht einmal öffentlich trauern. (CdS, 20. 10. 2008)
- In Teheran zeigen immer mehr Taxifahrerinnen, in schwarzen Gewändern bis über den Kopf verhüllt, wo es langgeht und dass Frauen mehr verdienen können als Männer. (»Time«, 20.
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