Zwischen Rom und Mekka
Islam und im Christentum vertreten sind. Ich danke Ihnen von Herzen.«
Das war’s. Doch wichtiger als lange gemeinsame Erklärungen war erst einmal das Treffen selbst, da der Azhar, besonders mit seiner Universität als dem jahrhundertealten Zentrum sunnitischer Gelehrsamkeit, in der islamischen Welt höchste Autorität genießt.
In Jerusalem
Ganz anders einen Monat später in Jerusalem. So bewegt war Johannes Paul II., dass er bei dem Treffen mit Vertretern der jüdischen, christlichen und muslimischen Glaubensgemeinschaften am 23. März 2000 »ein neues Zeitalter des interreligiösen Dialogs« beschwor. Daraus folgerte er:
»Wir müssen aus dem Reichtum unserer jeweiligen religiösen Tradition schöpfen und das Bewusstsein verbreiten, dass die Probleme der heutigen Zeit nicht gelöst werden können, wenn wir einander nicht kennen und voneinander getrennt sind. Wir alle wissen um die Missverständnisse und Konflikte der Vergangenheit, die auch heute noch schwer auf den Beziehungen zwischen Juden, Christen und Muslimen lasten. Wir müssen alles tun, was in unseren Kräften liegt, damit sich das Bewusstsein der vergangenen Kränkungen und Sünden verwandelt in den festen Entschluss zum Aufbau einer neuen Zukunft, in der es zwischen uns nur noch respektvolle und fruchtbare Zusammenarbeit geben wird.«
Zum ersten Mal in der Geschichte: Der Papst in einer Moschee
Der erste Besuch eines Papstes in einer Moschee konnte nicht anders als zu einem historischen Symbol werden. Am 6. Mai 2001, einem Sonntag, war es so weit. Gegen Abend setzte das Oberhaupt der katholischen Kirche in Damaskus, der Hauptstadt der arabisch-muslimischen Republik Syrien, seinen Fuß in die Omaijaden-Moschee, eine der berühmtesten der Welt. Begleitet von der höchsten Autorität des örtlichen Islam, dem Großmufti von Syrien, Scheich Kuftaro. Der kleine Schritt des alten, schwerkranken Papstes markierte eine Wende, sollte einen Wandel einleiten. Zwei Religionsgemeinschaften, die sich jahrhundertelang ablehnend, misstrauisch, aggressiv und kriegerisch begegnet waren, fanden zueinander, vereint im Gebet zu dem einen Gott und in der Verehrung des gemeinsamen Stammvaters Abraham. Wie schön wäre es gewesen, wenn sich, wie bei dem deutschen Dichter der Aufklärung Lessing, noch der Dritte im Bund, ein Rabbiner mit Autorität und Gefolgschaft, hätte dazugesellen können!
Kunsthistoriker haben festgestellt, dass mitten in der Omaijaden-Moschee eine Gedenkkapelle Johannes’ des Täufers steht, des prophetischen »Vorläufers« Jesu Christi, des jüdischen »Predigers in der Wüste«, den König Herodes der schönen Salome zu Gefallen enthaupten ließ. Dieser jüdisch-christliche Märtyrer
wird auch von den Muslimen unter dem Namen Yahya verehrt, weil Mohammed, der Begründer des Islam, jüdische und christliche Elemente in seine Lehre aufnahm. So hatte man in früheren Zeiten keine großen Probleme, in Damaskus über einem Tempel eine Kirche zu Ehren Johannes’ des Täufers zu errichten und über dieser im 8. Jahrhundert eine Moschee mit unendlich vielen Mosaiken und drei Minaretten; auf einem davon, so heißt es, erwarte man sogar die Wiederkunft Jesu Christi zum Jüngsten Gericht.
Weil man in den Lehren der verschiedenen Religionen die Spuren des einen allmächtigen Gottes erkennen kann, zierte sich der Papst nicht, zog weiße Pantoffeln an und trippelte in kleinen Schritten durch den großen Gebetssaal der Moschee, ließ sich vor dem großen Ereignis zweimal ein Mokkatässchen reichen, ohne den Kaffee zu trinken, und verharrte still vor dem Schrein des Täufers. An den Gesängen und Gebeten der muslimischen Geistlichen hatte er nichts auszusetzen. So konnte es als gemeinsames Gebet von Papst und Muslimführern in der Moschee gelten.
Christen und Muslime sind sich einig
Für den Papst war es in erster Linie ein »Treffen mit der muslimischen Gemeinschaft«. Er fand nach routinemäßigem Dank die richtigen Worte »für die lieben muslimischen Freunde«, für ein neues Miteinander von Kirche und Moschee:
»Die Tatsache, dass wir uns an diesem berühmten Ort des Gebets treffen, erinnert uns daran, dass der Mensch ein spirituelles Wesen ist und dazu berufen, den absoluten Vorrang Gottes in allen Dingen anzuerkennen und zu achten. Christen und Muslime sind sich darüber einig: Die Begegnung mit Gott im Gebet ist die notwendige Nahrung für unsere Seelen, denn ohne sie verdorren unsere Herzen, und unser Wille strebt nicht mehr nach dem Guten,
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