Zwischen Rom und Mekka
um die Armen und Schwachen zu kümmern. Das sind Zeichen dafür, dass unsere Gottesverehrung echt ist.«
Straßenkarte des Dialogs
Diese Worte waren die Straßenkarte des Papstes für den Dialog mit dem Islam - ein versöhnlicher Blick in die Vergangenheit, Bestandsaufnahme der Gegenwart und idealistischer Ansporn für die Zukunft. Was zuerst nur der fromme Wunsch eines alten Mannes zu sein schien - im Heiligen Jahr 2000 eine Pilgerfahrt zu den Stätten zu unternehmen, die der Gründer des Christentums in seinem Erdenleben berührte, was eine wiederholt so bezeichnete »ausschließlich religiöse« Pilgerreise sein sollte -, wurde zum Höhepunkt des Pontifikats im Verhältnis zwischen Christen und Muslimen, von Johannes Paul II. seiner prekären Gesundheit und der Vorsehung Gottes abgerungen. Dabei sind die Juden für den Papst und die Christen stets gegenwärtig, als die älteren Brüder in der Abraham-Gemeinschaft.
Die Sprengkraft der Religionsdifferenzen vermochte Johannes Paul II. etwas zu entschärfen. Wie explosiv es sein kann, wenn die religiöse Identität mit der kulturellen und ethnischen zusammenfällt, wurde dem Papst in den heiligen Ländern des Nahen Ostens vorgeführt; als Pole wusste er es ohnehin. Weil von den Muslimen Israel häufig als Grundproblem, als Ursprung ihrer Ressentiments angesehen wird, legte Johannes Paul II. auch dafür ein klares Konzept vor. Als Un- und Überparteiischer mit Autorität zeichnete er klare Linien für den Friedensprozess im Nahen Osten vor. Er übernahm weder von den Israelis noch von den Palästinensern die Boden-Ideologie von Jerusalem als »ewiger Hauptstadt« der jeweiligen Partei. Das vatikanische Konzept vom internationalen Status Jerusalems erscheint plausibler als das rein politische der Vereinten Nationen; dieses würde von Israel einen unrealistischen Souveränitätsverzicht fordern, mehr noch, einen Ankerplatz seiner Existenz zerstören.
Wenn Johannes Paul II. immer wieder von den heiligen Stätten sprach, die den Angehörigen der drei Weltreligionen über alles wert seien, so können sich internationale Garantien nur auf diese Orte beziehen, wie es auch jahrhundertealten Traditionen von Schutzmächten, mal diesen, mal jenen, entspricht. Dass der Papst auf keine der Hauptstadttheorien einging, kann bei Israelis wie Arabern starre Fronten öffnen. Es geht nicht um Stadtviertel mit Hunderttausenden, sondern um die heiligen Stätten, die internationale, Völker und Religionen verbindende Beachtung verdienen.
So spürten die Religiösen in allen Lagern, dass der geistliche Führer von mehr als einer Milliarde Katholiken sie ernst nimmt. Sie sind nicht Überbleibsel vergangener Zeiten, sondern entscheidende Mitgestalter der Zukunft. Ein erstaunlicher politischer Ertrag!
Fest im Glauben auf den Spuren des Apostels Paulus
Als »Pilger des Glaubens auf den Spuren des Apostels Paulus« verstand sich Johannes Paul II. in Damaskus. So besuchte er am Tag nach der Moschee die Kirche »Sankt Paul auf den Mauern«. Sie dient der Erinnerung daran, dass der Völkerapostel nach seiner Bekehrung in Damaskus von den neuen Christenfreunden in einem Korb an der Stadtmauer herabgelassen wurde, damit der Saulus aus Tarsus, der Paulus der Christenbibel, seinen Feinden entkommen konnte. Dass der Papst durch den Besuch der Moschee im christlichen Glauben nicht schwankend geworden war, verriet dort ein kleiner Satz: »Der Apostel Paulus erinnert uns [… an die] Annahme des Lichtes Christi, durch den die gesamte [!] Offenbarung kommt.«
Das hieß klipp und klar, dass es für Christen nach Jesus Christus nicht noch eine weitere, gar bessere oder vollständigere oder abschließende Offenbarung geben kann. Paulus konnte den Islam natürlich nicht kennen. Sonst hätte er den Muslimen wohl viele Fragen gestellt. So, wie Paulus in Athen das Fragen und Suchen der »Heiden« aufnahm. Athen, das geistige Zentrum der Antike, eine der kulturellen Wiegen Europas, war die erste
Station der Pilgerfahrt von Johannes Paul II. auf den Spuren des Christenapostels im Mai 2001. Auf Fragen und Suchen der Muslime einzugehen überließ Johannes Paul II. dann seinem Nachfolger.
Teil III
Papst Benedikt XVI.
Kapitel 18
Papst Benedikt XVI. in Regensburg - Der Sommertag eines Vatikankorrespondenten
Die Beziehungen zwischen Rom und Mekka verdichteten sich in ungeahntem Ausmaß an einem Sommertag 2006 in Regensburg, weil Papst Benedikt XVI. dort etwas über den Propheten Mohammed sagte.
Es war nicht
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