Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
Vom Netzwerk:
der Hoffnung für die Völker der Welt.« Der Besuch auf dem Berg Sinai sei »ein Moment des intensiven Gebets für den Frieden und die Eintracht zwischen den Religionen«. Er konnte es nicht oft genug sagen.
    Das war das Leitmotiv für den Besuch in dem mehrheitlich islamischen Ägypten (80 Prozent) mit einer traditionsreichen christlichen Minderheit (15 Prozent) der Kopten. Die Beziehungen zwischen Muslimen und koptischen Christen sind ein innenpolitisches Problem von höchster Brisanz. Nicht zufällig entstand in Ägypten die erste große revolutionär-islamische oder muslimisch-fundamentalistische Bewegung, die Muslim-Brüder oder Muslim-Bruderschaft, 1928 von Hasan al-Banna gegründet, mit Auswirkungen in anderen Ländern. Die Warnungen vor Anschlägen bereiteten dem schwerkranken, knapp 80 Jahre alten Papst keine Sorgen. Aber die vatikanische Diplomatie hatte in ihren vorbereitenden Papieren das Motto der Muslim-Brüder vermerkt: »Allah ist unser Ziel. Der Prophet ist unser Führer. Der Koran ist unser Gesetz. Dschihad ist unser Weg. Sterben auf dem Wege Allahs ist unsere größte Hoffnung.« Und aus deren Gründungsmanifest zitiert: »Den Ideologien des kolonialisierenden Westens muss widerstanden werden - sie sind die
Vorreiter der Korruption, der seidene Vorhang, hinter dem sich die Gier der Habgierigen und die Machtträume der Machthungrigen verbergen.«

Karge Worte in der Azhar-Universität
    Wider Erwarten trug das Treffen des Papstes mit dem Großscheich der Azhar-Universität, Muhammad Sajjid Tantaw, keinen offiziellen Charakter. Niemand, weder von der einen noch von der anderen Seite, sollte daraus eine prinzipielle Versöhnung oder Vereinigung oder zu viel unerwünschte Freundlichkeit zwischen zwei so repräsentativen Institutionen ihrer Religion interpretieren können. Denn der Besuch des Papstes hatte zuvor unter den Professoren der Azhar-Universität, der ältesten noch bestehenden der Welt, zu heftigen Diskussionen geführt und die unterschiedlichen Richtungen in der Auffassung der Lehre des Koran offenbart, von fundamentalistischen Überzeugungen bis zu modernen Interpretationen des Islam in einer pluralistischen Gesellschaft.
    Entsprechend karg waren die Worte des Papstes vor dem Großscheich. Er spürte, dass die islamischen Gottesgelehrten dem Dialog der Religionen höchst skeptisch gegenüberstanden oder sich von zu viel Aufgeschlossenheit gegenüber dem Sprecher der Christenheit Nachteile bei ihren Anhängern erwarteten. Sei es aus tief religiöser Überzeugung, sei es aus Furcht, wie die Religionsgeschichte lehrt, dass sie bei einer Milderung oder Aufweichung der starren religiösen Prinzipien an Einfluss und Macht verlieren. Der letztere Aspekt wird häufig bei der Beurteilung des Dialogs übersehen. Bei der Liberalisierung oder Modernisierung einer Religion büßen die religiösen Hierarchen meist an Macht in ihrer Gemeinschaft und in der Gesellschaft ein. Die Religionsführer können die Verlierer des Dialogs sein.
    So fasste sich Johannes Paul II. an der wichtigsten Gelehrtenstätte des Islam kurz:
    »Danke für Ihre freundlichen Worte. Lassen Sie mich Ihre Gedanken aufnehmen. Gott hat die Menschen als Mann und Frau
erschaffen und ihnen die Welt, die Erde, zur Kultivierung übergeben. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Religion, religiösem Glauben und Kultur. Der Islam ist eine Religion. Das Christentum ist eine Religion. Der Islam ist auch zu einer Kultur geworden. Das Christentum ist auch zu einer Kultur geworden. Also ist es sehr wichtig, Persönlichkeiten zu begegnen, die die islamische Kultur in Ägypten repräsentieren.
    Ich möchte meine große Dankbarkeit für diese Gelegenheit ausdrücken und alle die berühmten Gelehrten grüßen, die hier versammelt sind. Ich bin überzeugt, dass die Zukunft der Welt von den verschiedenen Kulturen und vom interreligiösen Dialog abhängt. Denn es ist so, wie der heilige Thomas von Aquin gesagt hat: ›Genus humanum arte et ratione vivit.‹ Das Leben des Menschengeschlechts besteht in der Kultur, und die Zukunft des Menschengeschlechts liegt in der Kultur. Ich danke Ihrer Universität, dem größten Zentrum islamischer Kultur. Ich danke denen, die die islamische Kultur entwickeln, und ich bin dankbar für alles, was Sie tun, um den Dialog mit der christlichen Kultur aufrechtzuerhalten. All dies sage ich im Namen der Zukunft unserer Gemeinschaften, nicht nur unserer Gemeinschaften, sondern auch der Nationen und der Menschheit, die im

Weitere Kostenlose Bücher