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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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dem Hinweis, dass auch das erste und oberste Gebot der Bibel die ganze Hingabe an Gott bedeutet. Zitat Markusevangelium, 12. Kapitel, Verse 28 bis 31: »Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.« Dass der aufgeklärte europäische Verstand die Gedanken von Gott abziehen könnte, ist für Muslime also eher ein Ärgernis. Der Dialog müsste schon da herausstellen, dass nicht die Entthronung Gottes, letztlich sein Tod - wie in einem Teil der europäischen Philosophie und sogar bei einigen säkularisierten Theologen - geplant ist, sondern die Reinigung des Religiösen, wie die europäische Geistesgeschichte aus christlichem Glauben zeigt.
    Es ist ein religiöser Brief an Christen, der Glauben und Gläubigkeit aus muslimischem Geist atmet. Feierlich hebt er an:
    »Ein gemeinsames Wort zwischen uns und Ihnen Im Namen Gottes des Barmherzigen, des Gnädigen, Rufe auf zum Weg deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung, und streite mit ihnen auf die beste Art. Wahrlich, dein Herr weiß am besten, wer von Seinem Wege abgeirrt ist; und Er kennt am besten jene, die rechtgeleitet sind.«
    Der erste und längste Teil ist der »Liebe zu Gott« gewidmet, »im Islam« und »in der Bibel«, der zweite, weitaus kürzere der »Liebe zum Nächsten«, wiederum unterteilt, »im Islam« und »in der Bibel«.
    Es ist durchaus erhebend, sich von diesen langen Darlegungen des Glaubens und der Liebe, auch mit vielen Wiederholungen, umfangen zu lassen. Lehren sie doch, wie viel Juden (mit den Psalmen etwa), Christen (mit ihren Gebeten und Kirchenliedern
zum Beispiel) und Muslime gemeinsam und wie sie doch andere Kulturen ausgebildet haben. Allein der viel geringere Umfang des Neuen Testaments der Christen im Verhältnis zur Bibel (dem Alten Testament) der Juden und dem Koran gibt eine Idee von der unterschiedlichen Ausgangsposition für ein Gespräch anhand der heiligen Schriften.

Dritter Teil des Briefes im Wortlaut
    Die Grundlage des weiteren Dialogs von muslimischer Seite aus kann daher der dritte Teil des Briefes bieten, der die beiden ersten Teile noch einmal aufnimmt und die Folgerungen daraus zieht. Sein Wortlaut ist (nach der nicht autorisierten Arbeits- übersetzung aus dem Englischen von Margret Still; ©»Die Tagespost« vom 16. Oktober 2007):
    (III) Wir kommen zu dem Gemeinsamen Wort zwischen uns und Ihnen
    Ein gemeinsames Wort
    In Anerkennung der Tatsache, dass der Islam und das Christentum offensichtlich unterschiedliche Religionen sind - und in Anerkennung der Tatsache, dass man die formalen Unterschiede nicht minimieren kann -, ist dennoch klar, dass im Bereich der »beiden wichtigsten Gebote« Gemeinsamkeiten und Verbindungen zwischen dem Koran, der Thora und dem Neuen Testament bestehen. Was den beiden Geboten in der Thora und dem Neuen Testament vorausgeht und was aus ihnen erwächst, ist die Einzigkeit Gottes - dass es nur einen Gott gibt. Denn die Shema der Thora beginnt mit den Worten (Deuteronomium 6,4): »Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe, ist einzig!« Ebenso hat Jesus gesagt (Markus 12,29): »Das erste [Gebot, Anm. der Redaktion] ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr.« In gleicher Weise sagt Gott im Heiligen Koran: »Sprich: ›Er ist Allah, der Einzige; Allah, der Unabhängige und von allen Angeflehte.‹« (Reinheit des Vertrauens,
112,1-2) Deshalb stellen die Einzigkeit Gottes, die Liebe zu Ihm und die Liebe zum Nächsten eine gemeinsame Basis dar, auf der der Islam und das Christentum (und der Judaismus) gegründet sind.
    Das kann auch gar nicht anders sein, denn Jesus hat gesagt (Matthäus 22,40): »An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz samt den Propheten.« Darüber hinaus hat Gott im Heiligen Koran bestätigt, dass Mohammed nichts fundamental oder essenziell Neues gebracht hat: »Nichts anderes wird dir [Mohammed] gesagt, als was schon den Gesandten vor dir gesagt ward« (Der Goldschmuck, 41,43). Und: »Sprich [Mohammed]: ›Ich bin keine neue Erscheinung unter den Gesandten, und ich weiß nicht, was mit mir oder mit euch geschehen wird. Ich folge bloß dem, was mir offenbart ward; und ich bin nur ein aufklärender Warner‹« (Die Dünen, 46,9). Ebenso bestätigt Gott im Heiligen Koran, dass die gleichen ewigen Wahrheiten über die Einzigkeit Gottes, über die Notwendigkeit einer totalen Liebe zu und Hingabe an Gott (und damit die Ablehnung aller falschen Götter) und die

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