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Zwischen Rom und Mekka

Titel: Zwischen Rom und Mekka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz-Joachim Fischer
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sowohl für aktuelle Vorgänge als auch für historische Fragen und theoretische, religionswissenschaftlichtheologische Erläuterungen.
    Einer der Wichtigsten bei »Cibedo« ist Professor Christian Troll, Mitglied des Jesuitenordens und seit Jahrzehnten engagiert im Dialog der Religionen. In den letzten Jahren hat er sich - mit anderen Wissenschaftlern seines Ordens - vor allem im Gespräch mit Muslimen einen hervorragenden Ruf erworben. Er bringt in Rom immer wieder seine Erfahrungen in die offiziellen Gespräche auf höchster Ebene mit ein.

Kapitel 27
    Eine neue Dimension - Der Brief der 138
    Im Herbst 2007 gewann der Dialog zwischen Kirche und Moschee eine neue Dimension. Papst und Muslime begegneten sich auf einem hohen theologischen Niveau.
    Ein Jahr war seit der denkwürdigen Rede Benedikts in Regensburg vergangen. Doch nicht den 12. September nahmen sich muslimische Autoritäten vor, um den Dialog fortzuführen. Zum Ende des Fastenmonats Ramadan und »zum Jahrestag des Offenen Briefes von 38 islamischen Wissenschaftlern« an den Papst veröffentlichten am 13. Oktober 2007 nun 138 bedeutende Muslimführer einen weiteren Brief an Benedikt und an »alle Führer von christlichen Kirchen in der ganzen Welt«. Die Zahl der Autoritäten sollte sich noch auf rund 250 erweitern. Mehr als ein Brief ist es eine Lehrepistel des Islam. Sie ist ziemlich lang, fast 20 Seiten, und legt in weiten Passagen das muslimische Glaubensbekenntnis dar. Daraus spricht ein von Zweifeln nicht angekränkeltes Glaubensverständnis. Von muslimischer Seite aus soll der Dialog mit ungebrochenem Selbstbewusstsein geführt werden. Warum auch nicht, wenn es hilft. Es sei denn, die Bereitschaft zum hypothetischen Zweifel, auch an der eigenen Position, ist die Bedingung der Möglichkeit von Dialog überhaupt. Oder erst in einem weiteren Stadium. Feste Gläubigkeit gilt für beide Seiten.
    So war es mehr als ein Brief, in dem ein Dialog weitergeführt werden soll, Rede und Widerrede, Verstehen und Gegenverständnis ausgetauscht werden. Die Epistel an die Christenführer ist besonders in den ersten beiden Teilen Selbstdarstellung des muslimischen Glaubens.

Aufklärungskultur und systematischer Zweifel
    Der »westliche« Leser wird sich damit schwertun. Er ist geprägt von Jahrhunderten der Aufklärungskultur, die der Islam so nicht durchlaufen hat. Der systematische Zweifel um des Glaubensgewinns willen ist Teil der westlichen Theologie. Deshalb besteht ein Teil des theologischen Dialogs auch darin, die Unterschiede einer Jahrhunderte währenden Geistesentwicklung, der europäischen und der islamischen, zurückzuverfolgen. Dass Benedikt XVI. zu solchen geistesgeschichtlichen Ausflügen neigt, hat er in Regensburg vorgeführt. Noch einmal exemplarisch in Paris, am 12. September 2008, auf den Tag genau zwei Jahre nach der umstrittenen Vorlesung - auch Päpste wissen Jahrestage zu würdigen. In der auf das Mittelalter zurückgehenden Gelehrtenschmiede des Pariser Collège des Bernardins unternahm er vor der Crème de la Crème französischer Politiker und Intellektueller eine Tour d’horizon über die »Ursprünge der abendländischen Theologie und die Wurzeln der europäischen Kultur« am Beispiel des Mönchtums. Aber das nur nebenbei und als Beispiel dafür, welches Niveau des Dialogs unter diesem Papst notwendig ist.
    In der mittelalterlichen Scholastik schon lernten die Europäer die Unterscheidung zwischen der »Fides quae creditur« und der »Fides qua creditur«, zwischen dem »Glauben, der geglaubt«, und dem, »mit dem geglaubt wird«, zwischen dem Glaubensinhalt - dass Gott etwa der Schöpfer und Erlöser ist - und der Hingabe des Glaubens - dass Gott mit ganzem Herzen geliebt werde. Diese Distinktion machte gerade an der Pariser Universität, der Sorbonne, den Weg frei für eine rationale Theologie, der allerdings der Vorwurf des Unglaubens nicht erspart blieb. Es befreite zudem das rationale Denken von der Rücksicht auf religiöse Lehren und vom Einspruch geistlicher Instanzen. Die Sphären des Religiösen und des Weltlichen konnten so getrennt werden und beide sich jeweils fruchtbar entwickeln.

Das erste Gebot
    Diese Unterscheidung und Trennung - was Europäer seitdem als Fortschritt ansehen - stellt sich für Muslime jedoch nahezu als Abfall und Versuchung dar. Denn Allah fordert die ganze Öffnung des Menschen, seine totale Hingabe, und nichts darf dem entzogen werden. Darum kreist der ganze erste Teil des »Briefes der 138«, mit

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