Zwischen Rom und Mekka
Dimension. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die verschiedenen Ausprägungen des Islam von Marokko bis Indonesien, eine Dialektik zwischen Radikalismus und Modernisierung.«
Weil die Probleme mit dem Islam und den Muslimen so vielfältig sind - Bau von Moscheen, Integration der Immigranten, Schleier der Frauen, Polygamie, Koranunterricht in den Schulen - und die Lösungen entscheidend für die Zukunft der Gesellschaften in Europa, hat der Kardinal dieses Forum der Begegnung und Information gegründet, »Oasis«. Die anspruchsvolle Zeitschrift erscheint in fünf Sprachen, Italienisch, Arabisch, Englisch, Französisch und Urdu (Pakistan, Indien). Kardinal Scola hebt hervor, dass er sein Wissen über Islam und die Muslime den Bischöfen und Ordensleuten des Mittleren Ostens verdanke, den langjährigen Treffen mit Wissenschaftlern aus allen muslimischen Ländern in der »Oasis«-Redaktion. So habe er auch besser die wachsenden Probleme mit muslimischen Immigranten in seinem Bistum Venedig und der wirtschaftlich boomenden Region Venetien einschätzen können.
Mit purem Neid suche ich auf der anderen Seite des Canal
Grande das Redaktionsbüro dieser Zeitschrift auf. In einem alten Palazzo auf der Landzunge von Santa Maria della Salute befinden sich die Räume, mit einem einzigartigen Blick auf das west-östliche Ensemble von San Marco. Die Aussicht scheint schon Imperativ: Begegnung zwischen Orient und Okzident. Der Name »Oasis« soll - nach einem Wort von Papst Johannes Paul II. bei seiner Ansprache in der Omaijaden-Moschee zu Damaskus im Mai 2001 - für Christen und Muslime zugleich Programm sein: Leben spendendes Wasser in einer Oase. Garantie dafür sei, wie Maria Laura Conte vom Wissenschaftlichen Beirat erklärt, dass hier nicht ein abstrakt-theoretischer Monolog geführt werde; vielmehr stünden Erfahrungsberichte, wirklichkeitsgesättigt und am Ideal allgemein geltender Menschenrechte wie der Religionsfreiheit orientiert, im Vordergrund.
So geht es längst nicht mehr nur um unverbindlichen Dialog, den man führen oder auch lassen kann. Während in Italien Moscheen geplant und eingerichtet werden, spricht man in Venedig von der Bereitschaft der Christen zum Martyrium in den muslimischen Ländern. Ob in der Türkei oder in Indonesien - Priester mussten Verfolgungen erleiden, ihren Glauben sogar mit dem Leben bezahlen. Mit Schrecken hatten auch im Vatikan »Au ßenminister« Mamberti und Kardinal Tauran gewarnt, dass die christlichen Gemeinden in nicht wenigen muslimischen Ländern vom Aussterben bedroht sind; von ihren erbärmlichen Existenzund Unrechtsbedingungen wolle man in Europa nicht viel wissen. Derweil weisen die italienischen Geheimdienste darauf hin, dass von muslimischen Gemeinden in Europa Gefahren für die nationale Sicherheit ausgehen; spektakuläre Aktionen und handfeste Indizien für terroristische Aktivitäten, wie etwa in Mailand und Perugia, seien nur die Spitze eines Eisbergs. Der Patriarch nickt. Sein Wort hat auch in Rom Gewicht.
»Cibedo« der Deutschen Bischofskonferenz
Es fiel noch in die Zeit, da Joseph Ratzinger Erzbischof von München war, dass die Deutsche Bischofskonferenz das Problem mit dem Islam und den Muslimen erkannte und schon 1978 die
Gründung von »Cibedo« förderte. Unter der Abkürzung verbirgt sich die »Christlich-islamische Begegnungs- und Dokumentationsstelle«, die als Einrichtung des Missionsordens der »Weißen Väter« (siehe Kapitel 25) von Hans Vöcking mit Köln als erstem Sitz über die Jahre aufgebaut wurde. Sie ist heute die besondere Institution der deutschen Bischöfe für den christlich-islamischen Dialog (mit Sitz in: Balduinstraße 62, 60599 Frankfurt am Main, Telefon: 069 / 726491, Fax: 069 / 723052; www.cibedo.de ).
Die Arbeitsstelle hat sich dank ihrer hervorragenden Mitarbeiter in der Aufgabe bewährt, »den interreligiösen Dialog zwischen Christentum und Islam sowie das Zusammenleben von Christen und Muslimen zu fördern«. Wenn auch ihre Bedeutung entsprechend der wachsenden Problematik mit Islamverbänden und Muslimen erst im Lauf der Jahre zugenommen hat. Ihre Veranstaltungen, Beratung und Bildung für das interkulturelle Gespräch werden von Christen, Muslimen und Glaubenslosen geschätzt. Die öffentliche Bibliothek mit einem umfangreichen Pressearchiv und die Internetseiten werden häufig genutzt; die Beiträge der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift »CIBEDO-Beiträge« ergänzen das Angebot. Es ist eine wahre Fundgrube
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