Zwischen Sehnsucht und Verlangen
Ja oder ein Nein auf meine Frage, Regan?”
„Nein, ich werde sie mir nicht entgehen lassen.” Sie hob den Blick und sah ihn an. „Aber es wird Sie eine schöne Stange Geld kosten.”
„Sie sind also nicht beunruhigt?”
„Ganz so würde ich das vielleicht nicht sagen. Nun weiß ich immerhin, was mich erwartet. Ich kann Ihnen zumindest die Garantie dafür geben, dass ich kein zweites Mal in Ohnmacht falle.”
„Das freut mich. Ich habe mich ja zu Tode erschreckt.” Er streichelte ihre Hand, die auf dem Tisch lag. Dabei bewunderte er die Feingliedrigkeit ihrer Finger. „Sind Sie bei Ihren Nachforschungen auch auf die beiden Unteroffiziere gestoßen?”
„Was für Unteroffiziere?”
„Da sollten Sie die alte Mrs. Metz fragen. Sie erzählt diese Geschichte immer wieder gern. Was ist denn das für eine Uhr, die Sie da tragen?”
Neugierig schob Rafe einen Finger unter das schwarze Elastikarmband ihrer Uhr.
„Sie dürfte etwa Jahrgang 1920 sein. Was war denn nun mit den beiden Unteroffizieren?”
„Die beiden hatten in der Hitze des Gefechts den Anschluss an ihr jeweiliges Regiment verloren. Über dem Kornfeld da drüben im Osten hingen so dicke Rauchschwaden, dass man kaum mehr die Hand vor Augen sehen konnte.”
„Hier auf diesen Feldern hat sich auch ein Teil der Schlacht abgespielt?”, fragte sie überrascht.
„Ja, ein Teil. Aber egal. Jedenfalls war es wohl so, dass die beiden – einer war von der Union, einer von den Konföderierten – den Anschluss verpasst hatten. Sie waren noch halbe Kinder, und wahrscheinlich hatten sie panische Angst. Und dann brachte sie ein böser Zufall in dem Wald, der die Grenze zwischen dem MacKade-Land und dem Barlow-Besitz bildet, zusammen.”
„Oh.” Gedankenverloren strich sie sich das Haar aus der Stirn. „Mir war gar nicht klar, dass die beiden Ländereien direkt aneinanderstoßen.”
„Wenn man quer durch den Wald geht, ist es weniger als eine halbe Meile bis hinüber zum Barlow-Haus. Aber wie auch immer, jedenfalls standen sich die beiden plötzlich gegenüber. Wenn sie auch nur ein bisschen Grips im Kopf gehabt hätten, hätten sie ganz schnell die Beine unter den Arm genommen und sich in Sicherheit gebracht. Was jedoch keiner von beiden tat.” Er nahm einen Schluck Kaffee. „Sie schafften es jedenfalls in diesem Wäldchen, sich gegenseitig ein paar Löcher in den Bauch zu schießen, aber tot war keiner von beiden. Der Konföderierte schleppte sich mit letzter Kraft auf das Barlow-Grundstück und brach vor der Haustür zusammen. Dort entdeckte ihn dann eine mitleidige Sklavin und brachte ihn ins Haus.”
„Und im Haus starb er”, murmelte Regan und wünschte sich, das grausame Bild, das ihr allzu deutlich vor Augen stand, fortwischen zu können.
„Ja. Die Sklavin informierte sofort ihre Herrin Abigail O’Brian Barlow, die aus der Familie der Carolina-O’Brians stammte. Abigail ordnete an, den Jungen nach oben zu bringen, wo sie seine Wunden versorgen wollte. Da kam ihr Mann hinzu und erschoss ihn direkt auf der Treppe, wie einen tollwütigen Hund.”
Von Entsetzen gepackt, sah Regan Rafe an. „Oh mein Gott. Warum denn nur?”
„Weil er es niemals zugelassen hätte, dass seine Frau einem Konföderierten half. Zwei Jahre später starb sie in ihrem Zimmer. Man erzählt sich, dass sie seit diesem Vorfall kein einziges Wort mehr mit ihrem Mann gewechselt hat. Allerdings hatten sie sich wohl auch schon vorher nicht besonders viel zu sagen, es war eine dieser arrangierten Ehen gewesen. Und angeblich soll er sie mit schöner Regelmäßigkeit verprügelt haben.”
„Mit anderen Worten – er war offensichtlich eine äußerst herausragende Persönlichkeit”, bemerkte Regan sarkastisch.
„Tja, das ist die Geschichte. Abigail O’Brian war eine empfindsame und unglückliche Frau.”
„Und saß in der Falle”, murmelte Regan, wobei sie an Cassie denken musste.
„Ich glaube kaum, dass sich die Leute damals über Misshandlung oder Ähnliches viele Gedanken gemacht haben. Und Scheidung”, er zuckte die Schultern, „kam unter diesen Umständen wahrscheinlich überhaupt nicht infrage. Ich könnte mir vorstellen, dass die Tat ihres Mannes bei ihr das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Dass das mehr an Grausamkeit war, als sie ertragen konnte. Aber das ist nur die eine Hälfte der Geschichte.”
„Es gibt also noch mehr.” Sie seufzte und erhob sich. „Ich glaube, ich brauche noch einen Kaffee.”
„Der Yankee taumelte in die
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