Zwischen Sehnsucht und Verlangen
Kälte herumzustehen und über seine Beziehung zu Regan Bishop zu brüten.
Nachdem er sowohl am Ende der Fahrbahn als auch am Ende seiner Geduld angelangt war, sah er, wie Devin in seinem Dienstwagen die Straße hinaufgeholpert kam.
„Was zum Teufel machst du denn hier?”, rief Rafe ihm entgegen. „Hast du einen Haftbefehl?”
„Ist doch immer wieder lustig zu sehen, was so ein kleiner Schneesturm bewirken kann.” Devin war ausgestiegen, lehnte am geöffneten Wagenschlag und betrachtete seinen Bruder amüsiert. „Hab gerade gesehen, dass Regans Auto weg ist, und dachte mir, ich schau mal kurz vorbei.”
„Meine Leute kommen gleich, ich hab keine Zeit zum Quatschen, Devin.”
„Was soll’s, dann nehme ich eben meine Doughnuts und verzieh mich wieder.”
Rafe wischte sich mit einer Hand über sein halb erfrorenes Gesicht.
„Was für welche denn?”
„Apfel mit braunem Zucker.”
Es gab Dinge, die ihm heilig waren, und dazu gehörten Apfel-Doughnuts mit braunem Zucker an einem kalten Wintermorgen.
„Na dann los, her damit! Oder willst du noch lange mit deinem idiotischen Grinsen auf dem Gesicht hier herumstehen?”
Devin bückte sich in den Wagen und kramte herum. Schließlich förderte er eine Tüte zutage. „Gestern gab’s drei Unfälle in der Stadt. Gott sei Dank nur Blechschäden. Manche Leute sollten bei dem Schnee ihr Auto wirklich besser stehen lassen.”
„Ja, ja, Antietam ist nun mal eine wilde Stadt”, grinste Rafe, dessen Laune sich beim Anblick der Doughnuts schlagartig hob. „Hoffe, du warst nicht gezwungen zu schießen.”
„In letzter Zeit nicht.” Nachdem Devin sich einen Doughnut genommen und genüsslich hineingebissen hatte, hielt er Rafe die Tüte hin. „Aber eine Schlägerei gab’s, bei der ich hart durchgreifen musste.”
„In Duff’s Tavern?”
„Nein, im Supermarkt. Millie Yender und Mrs. Metz kloppten sich um die letzte Packung Toilettenpapier.”
Rafes Lippen verzogen sich zu einem amüsierten Grinsen. „Da braucht’s nur ein bisschen Schnee, und die Leute verlieren doch glatt die Nerven.”
„Kann man wohl sagen. Mrs. Metz haute Millie eine Salatgurke über den Kopf. Es verlangte mein gesamtes diplomatisches Geschick, um Millie davon abzubringen, Anzeige zu erstatten.”
„Tätlicher Angriff mit Gemüse – ganz gefährliche Sache.” Rafe nickte verständnisinnig und leckte sich ein bisschen Apfelgelee vom Daumen.
„Was willst du eigentlich hier? Nur um mir das zu erzählen, bist du ja wahrscheinlich kaum hergekommen, oder?”
„Nein, das war nur eine Zugabe.” Nachdem Devin seinen Doughnut verputzt hatte, holte er eine Packung Zigaretten aus der Tasche, klemmte sich einen Glimmstängel zwischen die Lippen und zündete ihn an. Das Grinsen, mit dem er Rafe bedachte, während er nach dem ersten Zug den Rauch ausstieß, war breit und provozierend. Rafe stöhnte. „Immerhin habe ich gehört, dass einem das Essen besser schmecken soll, wenn man aufgehört hat”, bemerkte Devin wenig hilfreich.
„Gar nichts schmeckt besser”, schnappte Rafe. „Aber es gibt eben im Gegensatz zu dir Menschen, die haben echte Willenskraft. Blas den Rauch hierher zu mir, du Dreckskerl.”
„Du siehst irgendwie ein bisschen daneben aus, Rafe. Was ist los?”
„Shane konnte offensichtlich mal wieder die Klappe nicht halten.”
Devins Antwort bestand aus einem breiten Grinsen.
„Und? Bist du jetzt hier, um mir deinen guten Rat anzubieten?”
„Wäre mir neu, dass ich in der MacKade-Familie der Experte in Liebesangelegenheiten bin.” Er trat von einem Fuß auf den anderen, um sich anzuwärmen, und schüttelte den Kopf. „Nein, dachte nur, du interessierst dich vielleicht für den letzten Stand der Dinge. Joe Dolin betreffend.”
„Er sitzt im Kittchen.”
„Noch. Aber es wird nicht mehr lange dauern, und dann ist er wieder frei.
Sein Anwalt scheint recht geschickt zu sein. Er wird beim Haftrichter auf Unzurechnungsfähigkeit plädieren und behaupten, sein Mandant hätte sich vor lauter Gram darüber, dass er seinen Arbeitsplatz verloren hat, sinnlos besoffen und hätte nicht mehr gewusst, was er tat. Es wird funktionieren, du wirst sehen. Joe Dolin kann schon morgen draußen sein, und nichts auf der Welt kann ihn davon abhalten, Cassie demnächst wieder zu verprügeln.”
„Meinst du?”
Devin nickte bedrückt. „Todsicher. Die Gefängnisse sind total überfüllt, und abgesehen davon wird das Problem der Gewalt in der Familie noch immer nicht ernst
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