Zwischen Sehnsucht und Verlangen
der Junge … Herrgott, Rafe, er bricht mir fast das Herz. Sie müssen erst wieder lernen, sich sicher zu fühlen, und du bist einfach zu groß, zu stark und zu … männlich.”
„Du bist stur wie ein Panzer.”
„Ich tue nur das, was mir richtig erscheint. Glaube mir, ich habe es mir hin und her überlegt, aber wie ich es auch drehe und wende, es kommt nichts anderes dabei heraus.”
„Lad mich doch zum Abendessen ein”, schlug er brüsk vor.
„Du willst mit uns zu Abend essen?”
„Ja. Dann kann ich die Kinder kennenlernen, und sie können sich an mich gewöhnen.”
„Wer von uns beiden hier ist eigentlich stur?”, fragte sie, aber gleich darauf seufzte sie. Sein Vorschlag war ein vernünftiger Kompromiss. „Also gut, heute Abend um halb acht. Aber um zehn bist du draußen.”
„Können wir wenigstens auf der Couch noch ein bisschen schmusen, wenn die Kinder im Bett sind?”
„Vielleicht. Und jetzt geh. Ich habe zu tun.”
„Bekomme ich von dir nicht wenigstens noch einen Abschiedskuss?”
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. „Ich bin beschäftigt”, erklärte sie, lachte dann aber doch vergnügt, als er nach ihren Handgelenken griff und sie an sich zog. „Rafe, wir stehen direkt vor dem Schaufenster, jeder kann uns …”
Der Rest ihres Satzes wurde von dem heißen Kuss, den er ihr auf die Lippen drückte, verschluckt.
Ein paar Häuser weiter saß Cassie Devin in seinem Büro gegenüber.
Nervös zerknüllte sie ein Taschentuch.
„Tut mir leid, dass ich jetzt erst komme, aber wir hatten so viel zu tun, ich konnte nicht eher Pause machen.”
„Ist schon in Ordnung, Cassie.” Da sie ihm wie ein verängstigter kleiner Vogel erschien, war es ihm bereits zur Gewohnheit geworden, mit leiser Stimme zu ihr zu sprechen. „Ich habe das ganze Zeug schon so weit fertig gemacht, du brauchst nur noch zu unterschreiben.”
„Er muss wirklich nicht ins Gefängnis?”, erkundigte sie sich verzagt.
Sein Mitleid mit ihr schnürte ihm fast die Kehle zu. „Nein.”
„Ist es deshalb, weil ich mich nicht gewehrt habe?”
„Nein.” Er wünschte, er könnte die Hand ausstrecken und sie auf ihre Hände, die nervös an dem Taschentuch herumzupften, legen, um sie zu beruhigen. Aber der Schreibtisch zwischen ihnen war eine offizielle Barriere, die er nicht überschreiten durfte. „Er hat – wahrscheinlich auf Anraten seines Anwalts hin – alles zugegeben, woraufhin das Gericht bei seiner Entscheidung sowohl sein Alkoholproblem als auch den Verlust seines langjährigen Arbeitsplatzes berücksichtigte. Er hat die Auflage bekommen, einen Entzug und eine Therapie zu machen.”
„Das könnte gut sein für ihn”, murmelte sie und hob den Blick, um ihn sofort wieder zu senken. „Wenn er erst einmal aufhört zu trinken, wird vielleicht alles wieder gut”, fügte sie hilflos hinzu.
„Ja.” Und Schweine können fliegen, dachte er mit grimmigem Humor.
„Aber in der Zwischenzeit musst du gut auf dich aufpassen, Cassie. Der Haftrichter hat ihm zwar die Auflage gemacht, sich von dir fernzuhalten.
Aber man kann natürlich nie wissen, ob er nicht versucht, sich an dir zu rächen.”
Wieder hob sie den Blick, um ihn anzusehen, diesmal jedoch hielt sie stand und wich nicht aus. „Das steht in diesem Papier, das ich unterschreiben muss? Dass er nicht zurückkommen darf?”
Devin zündete sich eine Zigarette an. Als er weitersprach, klang seine Stimme kühl und offiziell. „Ja. Er darf sich dir nicht nähern, weder auf deiner Arbeitsstelle noch auf der Straße, und zu Regan, wo du jetzt wohnst, ist es ihm auch verboten zu gehen. Das Gericht hat sozusagen eine Bannmeile um dich herum gezogen, und er muss sich ganz und gar von dir fernhalten.
Sollte es ihm einfallen, sich nicht an diese Auflagen zu halten, wandert er für achtzehn Monate hinter Gitter.”
„Und das weiß er alles?”
„Selbstverständlich.”
Sie befeuchtete ihre Lippen. Er konnte ihr nicht mehr zu nahe kommen.
Was bedeutete, dass er sie auch nicht mehr schlagen konnte. Vor Erleichterung wurde ihr fast schwindlig. „Und ich muss es nur noch unterschreiben?”, erkundigte sie sich noch immer ungläubig.
„Ja, ganz recht.” Devin sah sie lange und nachdenklich an, dann schob er ihr die Unterlagen samt einem Kugelschreiber zu, stand auf und trat ans Fenster, während sie sich alles sorgfältig durchlas.
Rafe war zehn Minuten zu früh dran und drückte sich vor Regans Haustür herum
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