Zwischen Sehnsucht und Verlangen
„Normalerweise sagst du aber immer genau das, was du meinst.” Als sie zu einer Erwiderung ansetzte, hob er die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. „Du willst ein zivilisiertes Gespräch”, fuhr er fort. „Bitte. Dann führen wir dieses verdammte Gespräch eben.”
Er ging mit Riesenschritten zur Tür, riss sie auf, steckte seinen Kopf durch den Spalt und brüllte zweimal laut hintereinander „Feierabend”, und knallte sie wieder zu.
„Es ist wirklich nicht nötig, deswegen gleich die Arbeiter nach Hause zu schicken”, begann sie. „Ich bin sicher, dass wir nicht mehr als ein paar Minuten brauchen.”
„Es geht aber nicht immer alles nach deinem Kopf.”
„Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.”
„Kann ich mir gut vorstellen.” Wutentbrannt riss er wieder die Tür auf und brüllte: „Hat irgendwer eine verdammte Zigarette für mich?” Als keine Antwort kam – wahrscheinlich hatte ihn niemand gehört –, schlug er die Tür mit einem Krachen wieder zu.
Regan beobachtete fast schon fasziniert, wie er unter gemurmelten Flüchen seinen Rundgang durchs Zimmer wieder aufnahm. Er hatte seine Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, um die Taille trug er einen Werkzeuggürtel, und um den Kopf hatte er ein Halstuch als Stirnband geschlungen. Er sieht aus wie ein Bandit, dachte sie.
Und auf jeden Fall war es für sie jetzt gerade vollkommen inakzeptabel, der Erregung, die mit jeder Sekunde, die verging, mehr und mehr Besitz von ihr ergriff, Raum zu geben.
„Ich könnte uns rasch einen Kaffee machen”, schlug sie diplomatisch vor, biss sich jedoch angesichts des bösen Blicks, den er ihr zuwarf, auf die Lippen. „Na ja, vielleicht besser doch nicht. Rafe …”
„Halt den Mund.”
Sie straffte die Schultern. „Ich bin es nicht gewöhnt, dass man in diesem Ton mit mir redet.”
„Dann gewöhnst du dich eben jetzt daran. Ich habe mich lange genug zurückgehalten.”
„Zurückgehalten?” Erstaunt riss sie die Augen auf. Wenn er nicht ausgesehen hätte wie ein Besessener, hätte sie jetzt laut herausgelacht.
„Du hast dich zurückgehalten? Dann würde ich doch gern mal sehen, wie es ist, wenn du dich nicht zurückhältst.”
„Das kannst du gleich erleben”, schleuderte er ihr entgegen. „Du bist also sauer, weil ich einfach weggegangen bin, ist das richtig? Gut, dann will ich dir jetzt mal zeigen, was passiert wäre, wenn ich dageblieben wäre.”
„Fass mich nicht an.” Ihr Arm schoss nach oben, die Hand zur Faust geballt wie ein Boxer, der auf das ,Ring frei zur nächsten Runde’ wartet.
„Wage es nicht, ich warne dich.”
Die Augen vor Kampflust funkelnd, hob er die Hand, umschloss ihre noch immer erhobene Faust und drängte Regan, indem er ganz nah an sie herantrat, Schritt für Schritt hin zur Tür. „Na los, Darling, mach schon. Ich gebe dir hiermit noch eine letzte Chance, von hier zu verschwinden, du solltest sie besser ergreifen.”
„Nenn mich nicht in diesem Ton Darling.”
„Du bist wirklich ein verdammt zäher Brocken.” Er ließ ihren Arm fallen und trat beiseite. „Du willst also wissen, warum ich abgehauen bin. Das also ist für dich die Frage aller Fragen, die dir auf den Nägeln brennt, ja?
Deshalb bist du hier?” Ja.”
„Aber heute Morgen, nachdem Joe dich bereits zum ersten Mal bedroht hat, hast du es nicht für nötig gehalten, mir auch nur ein Sterbenswörtchen davon zu erzählen. Und nachdem er dich überfallen hat, erst recht nicht.”
Und genau das war es, was ihn so gnadenlos erbitterte. Wie verheerend auch immer das sein mochte.
„Ich war bei Devin.”
„Jaaa.” Er zog das Wort höhnisch in die Länge. „Du warst bei Devin.”
Plötzlich kam eine eisige Ruhe über ihn. „Weißt du eigentlich, was passiert ist, Regan? Dolin ist zu dir in den Laden gekommen – genau wie ich es vorausgesagt habe.”
„Und ich bin mit der Situation klargekommen”, konterte sie.
„Genau wie ich es vorausgesagt habe.”
„Sicher. Du kommst ja immer mit allem klar. Er hat dir gedroht. Er hat dir Angst eingejagt.”
„Ja, okay. Er hat mir Angst eingejagt.” Ebenso wie sie auch jetzt Angst hatte. Wohin sollte das alles bloß noch führen? „Deshalb habe ich Devin angerufen.”
„Und nicht mich. Du bist zu Devin ins Büro gegangen und hast Anzeige erstattet.”
„Ja. Natürlich. Weil ich wollte, dass Joe verhaftet wird.”
„Sehr löblich. Dann bist du einkaufen gegangen.”
„Ich …” Sie verschränkte die Finger und
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