Zwischen Sehnsucht und Verlangen
zog sie gleich darauf wieder auseinander. „Ich dachte … ich wusste, dass Cassie sich aufregen würde, wenn sie von der Sache hört … und ich wollte … ich hab mir gedacht, ein gutes Essen würde dazu beitragen, dass wir uns beide besser fühlen.”
„Und in der ganzen Zeit ist es dir nicht ein einziges Mal in den Kopf gekommen, mir vielleicht auch Bescheid zu sagen?”
„Ich war …” Sie unterbrach sich. „Also gut, ja. Meine erste Reaktion heute Morgen war, dich anzurufen, nachdem Joe endlich aus dem Laden war. Aber ich habe es gleich wieder verdrängt.”
„Verdrängt?”
„Ja. Weil ich überzeugt davon war, dass die Sache mein Problem ist und dass ich versuchen musste, es ganz allein zu lösen.”
Ihre aufrichtigen Worte versetzten ihm einen schmerzhaften Stich. „Und nachdem er dich dann überfallen hatte, dir wehgetan hat und dich um ein Haar …” Er konnte das Wort nicht aussprechen. Schon allein der Versuch vermittelte ihm das Gefühl, als würde er in einzelne Teile auseinanderfallen, die zusammenzusetzen ihm nie mehr gelingen würde. „Auch dann bist du noch immer nicht auf die Idee gekommen, mich anzurufen. Ich musste es erst von Shane erfahren, der zufälligerweise bei Devin war, als der Anruf kam.”
Langsam wurde ihr klar, womit sie ihn verletzt hatte. Das hatte sie nicht gewollt. „Rafe, ich habe einfach nicht nachgedacht.” Sie machte einen Schritt auf ihn zu und blieb dann doch wieder stehen. Wahrscheinlich war es nicht ratsam, näher an ihn heranzugehen. „Ich war wie vor den Kopf geschlagen, verstehst du das denn nicht? Erst in Devins Büro konnte ich wieder einigermaßen klar denken. Alles ist so schnell gegangen”, fügte sie in beschwörendem Ton hinzu. „Und es gab immer wieder Momente, in denen mir die ganze Geschichte vollkommen unwirklich vorkam.”
„Du bist damit klargekommen.”
„Was blieb mir denn anderes übrig? Hätte ich mich vielleicht gehen lassen sollen?”
„Du hast mich nicht gebraucht.” Nun war sein Blick gleichmütig, und nicht länger brennend. Das Feuer war aus. „Und du brauchst mich auch jetzt nicht.”
Eine nie gekannte Panik überfiel sie. „Das ist nicht wahr.”
„Oh, ja – unser Sex ist großartig.” Er lächelte kühl und humorlos. „Das ist etwas, das wir bestens miteinander teilen können. Mein Problem, dass ich die Ebenen miteinander verwechselt habe. Es wird nicht noch einmal passieren.”
„Es geht doch nicht nur um Sex.”
„Sicher tut es das.” Er zog einen Nagel aus seinem Werkzeuggürtel und hielt ihn an die Stelle, an der er ihn einschlagen wollte. „Sex ist das, was uns verbindet. Und das ist ja immerhin eine ganze Menge.” Mit einem Krachen sauste der Hammer auf den Nagelkopf nieder. „Also, wenn du das nächste Mal wieder Lust hast, weißt du ja, wo du mich finden kannst.”
Sie wurde blass. „Das klingt schrecklich, so wie du es sagst.”
„Deine Regeln, Darling. Warum soll man eine einfache Sache kompliziert machen, stimmt’s?”
„Ich will nicht, dass es so zwischen uns läuft, Rafe.”
„Aber ich will es. Und es war von Anfang an in deinem Sinne.” Er rammte den nächsten Nagel in die Wand. Er würde ihr nicht noch einmal die Gelegenheit geben, ihn zu verletzen.
Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass sie jetzt gehen würde, doch sie konnte es nicht. Tränen brannten in ihren Augen, und sie hatte Mühe, das Schluchzen, das ihr in der Kehle hochstieg, zu unterdrücken.
Konnte es sein, dass sie sich in ihn verliebt hatte?
„Ist das alles, was du für mich empfindest?”
„Ich habe einfach nur versucht zu sagen, wie ich die Sache sehe.”
Weil sie keine Lust hatte, sich lächerlich zu machen, schluckte sie ihre Tränen hinunter. „Und das alles nur deshalb, weil du dich über mich geärgert hast.”
„Sagen wir lieber, diese Angelegenheit hat dazu beigetragen, dass ich wieder einen klaren Blick bekommen habe. Du willst dich in deinem Leben mit nichts belasten, stimmt’s?”
„Nein, ich …”
„Teufel noch mal – ich doch auch nicht. Nenn es von mir aus verletzte Eitelkeit, aber es hat mir eben einfach nicht gepasst, dass du direkt zu meinem Bruder gerannt bist, anstatt zuerst mal zu mir zu kommen. Vergiss es, und lass uns jetzt einfach so weitermachen, als sei nichts geschehen.”
Merkwürdig, die tödliche Wut, die er vorher ausgestrahlt hatte, hatte ihr viel mehr zugesagt als das offenkundige Desinteresse, das er jetzt an den Tag legte. „Ich bin mir nicht sicher,
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