Zwischen uns die halbe Welt: Sommerflirt 2 (German Edition)
die Jugendlichen, mit denen du sonst zusammen bist, heißt das nicht, dass du nicht mit ihm befreundet sein kannst.«
»Dad, er hat Kyle Sanderson erzählt, ich hätte mich bei einer Singlebörse angemeldet, weil keiner mit mir zum Valentinstanz gehen will.«
Wer ist jetzt der Snob, hm?
Mein Dad macht ein sorgenvolles Gesicht und zieht die Augenbrauen zusammen, während er diese neue Information sacken lässt. Dann atmet er tief durch und sagt: »Stell ihn zur Rede.«
So klingt ein echter Israeli.
Als der Aufzug auf unserem Stockwerk anhält, steige ich aus, drehe mich zu meinem Vater um und halte ihm Nathans Rucksack hin (der eine Tonne wiegt, wie ich hinzufügen möchte). »Bring du ihm das Ding zurück. Dann kannst du auch gleich fragen, was er sich dabei gedacht hat, so blöde Gerüchte über deine Tochter in die Welt zu setzen.«
»Wir gehen gemeinsam.«
Ah, Komplizen. »Abgemacht.«
»Abgemacht.«
Ich folge ihm über den Flur zur Wohnung von Nathans Tante und Onkel. Mein Vater klopft äußerst lautstark an die Tür, als könne er seine Kräfte nicht richtig einschätzen. Typisch Dad.
Mr Keener öffnet, bittet uns aber nicht herein.
»Nathan hat seinen Rucksack im Café vergessen«, sagt mein Dad. »Amy wollte ihn zurückbringen.«
Mit einem Lächeln zieht Mr Keener die Tür weiter auf. »Komm rein. Nathan ist im Gästezimmer, zweite Tür rechts.«
Mein Dad legt mir die Hand auf den Rücken und schiebt mich vorwärts. Ich war noch nie in der Wohnung der Keeners. Die beiden leben ziemlich zurückgezogen. Zögernd trete ich ein. Ich fühle mich beklommen und bin froh, dass mein Vater bei mir ist.
Ein Handy läutet. Dads Klingelton – die israelische Nationalhymne. Peinlich, aber passt zu ihm. Auf dem Flur nimmt er den Anruf entgegen. »Tut mir leid, motek , aber ich muss da rangehen«, sagt er, winkt mir zu und lässt mich in der Diele der Keeners stehen.
Na toll.
Dann muss ich jetzt also auch noch in Nathans Zimmer. Ganz allein. Ohne moralische Unterstützung.
Mr Keener deutet auf Nathans Tür. Okay, ich tu’s. Vor dem Kerl habe ich keine Angst. Und wenn ich ihm seinen Rucksack in die Hand gedrückt habe, dann sage ich ihm die Meinung.
Amy Nelson-Barak lässt sich nämlich nicht verarschen.
Entschlossen steuere ich auf die zweite Tür rechts zu. Sie ist zu, sodass ich klopfen muss. Ich drehe mich um und sehe, dass Mr Keener mir nicht gefolgt ist. Zuerst klopfe ich mit der freien Hand leise an. Keine Reaktion. Ich poche etwas lauter.
Nachdem ich wieder keine Antwort bekomme, frage ich mich schon, ob er vielleicht gar nicht zu Hause ist. Was nicht das Schlechteste wäre. Natürlich will ich ihn zur Rede stellen und so, aber ich bin mir nicht sicher, ob das hier in seinem Revier so gut ist. Nach den taktischen Regeln der Kriegsführung ist Nathan auf diese Art nämlich im Vorteil, denn in seinem eigenen Revier hat man die Oberhand.
Ich drehe am Türknauf, um zu prüfen, ob abgeschlossen ist. Nein. Ich drehe den Knauf weiter und öffne einen Spaltbreit, damit ich hineinspähen kann. Nathan ist zwar da, hat aber die Stöpsel seines iPods in den Ohren, sodass er mich nicht hören kann. Mit einem Stift trommelt er im Takt zur Musik auf eine Heftmappe.
Doch als ich ihm ins Gesicht sehe, fixieren mich zwei grüne Augen, die sich zu Schlitzen verengen.
»Ich kann dich sehen«, sagt er.
Verdammt. Ich mache die Tür weiter auf und gehe hinein, während er die Stöpsel aus den Ohren zieht. »Du hast deinen Rucksack im Perk Me Up! vergessen. Als Zeichen meines guten Willens bringe ich ihn dir zurück.«
Er zuckt mit den Schultern. Ein Danke wäre nett gewesen. Es könnte echt nicht schaden, wenn jemand Nathan mal ein bisschen Benimm beibringt.
Während ich den Rucksack abstelle, lasse ich den Blick durchs Zimmer schweifen. Es ist offensichtlich, dass es ein Gästezimmer ist. An den Wänden stehen alte Bücherregale und den größten Teil des Raums nimmt ein Ausziehbett ein. Nathan liegt halb auf dem Bett, gegen das Kopfteil gelehnt, und starrt mich an.
»Wer ist das Mädchen?«, frage ich und hebe ein Foto von einer hübschen Blondine im Bikini hoch. Sie hat kurzes Haar und Bauchmuskeln, von denen ich nur träumen kann. »Deine Schwester?«
Nathan schiebt seine Brille hoch. »Das ist meine Freundin.«
Ja. Klar. Nie im Leben ist das Nathans Freundin. Darauf verwette ich meinen Hund.
Doch meine Neugier gewinnt die Oberhand. »Wie heißt sie?«
»Bicky.«
Moment mal. Was hat er gesagt?
Weitere Kostenlose Bücher