Zwischen Wind und Wetter
benötigte man vierhundert Kilogramm Kohle, bei mäßigem Wind fünfhundert und bei starkem Wind bis zu siebenhundertfünfzig Kilogramm. Drei bis vier Männer mußten dafür jede Nacht ziemlich schuften. Außerdem standen viele Leuchttürme längst nicht gut erreichbar und sicher an Land. Zum Beispiel der berühmte englische Leuchtturm von Eddystone, einer gefährlichen Klippe fünfundzwanzig Kilometer südwestlich von Plymouth mitten im Ärmelkanal.
Der Eigentümer des Felsens ließ ausgangs des 17. Jahrhunderts einen Leuchtturm bauen, um von den Schiffen Leuchtfeuergebühren ein treiben zu können. Zunächst gab es einen achtzehn Meter hohen hölzernen Turm, dessen Lichtquelle mit Kerzen betrieben wurde. Doch die Wellen brachten die Kerzen häufig zum Erlöschen. Der Turm wurde auf sechsunddreißig Meter Höhe aufgestockt, das Fundament verstärkt. Trotzdem hielt die Konstruktion nur fünf Jahre. Im Jahr 1703 riß ein Orkan den Turm samt Baumeister, der zufällig an Bord war, in die Tiefe.
Da sich ein Leuchtturm an dieser Stelle als notwendig erwiesen hatte, baute man einen neuen, stärkeren Turm, ebenfalls aus Holz. Der hielt siebenundvierzig Jahre dem nassen Element und den Stürmen stand, brannte dann ab, durch seine eigene Lichtquelle, die Kerzen, entzündet.
Der dritte Leuchtturm, diesmal aus Stein, von einem Ingenieur für Seezeichenwesen konstruiert, stand bis 1883. Dann wurde in einiger Entfernung der noch heute existierende vierte Turm von Eddystone gebaut, weil der usprüngliche Felsen nach und nach vom Meer unterwaschen worden war. Der heutige Turm ist vierzig Meter hoch und in Betrieb. Allerdings wird nicht mehr geblasen, geblüst, und man sagt auch nicht mehr Feuerturm...
AM HEXENKOPF
Der neue Tag beschert uns von Sonne durchbrochene Wolkenschichten. Schade, leider nicht die großen weißen Wolkenballen, die Cumuluswolken, die Ilse so gern malt und die ohne zu regnen weiterziehen.
Wir brechen auf zu einem Tagesausflug. Unser Ziel sind die bekannten Klippen von Moher, the Cliffs of Moher, die ungefähr zehn Kilometer von Doolin entfernt liegen. Einige starke Steigungen sind zu erklimmen, ohne unser normales Reisegepäck gelingt das gut; wir haben nur einen kleinen Rucksack mit Proviant und die Malsachen mitgenommen. Die Malerin ist optimistisch. Doch bezieht sich der Himmel, drohende graue Wolkenberge kommen von Ost-Nordost zurück, woher sie der Wind der letzten Tage getrieben hatte.
Als wir den Parkplatz am O’Brien’s Tower erreichen, fallen die ersten Tropfen. Aus Bussen und Autos strömen Menschen zum O’Brien-Aussichtsturm, zu den Souvenir-Buden und Getränkeverkaufsstellen. The American Way of Life? Ach Europa! Cornelius O’Brien war der Initiator des nach ihm benannten Aussichtsturm , den er Mitte des vorigen Jahrhunderts bauen ließ, um in dieser Gegend den Tourismus anzukurbeln. Heute würden wir die Aktion eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nennen.
Zweihundert Meter hoch ragen die steilen Felsnasen der Cliffs of Moher empor, stemmen sich den Wogen des Atlantiks entgegen, werden ständig angenagt und abgenagt. Vor über dreihundert Millionen Jahren wurden die Gesteinsschichten aufgebaut. Während der Eiszeiten lag der Meeresspiegel noch einhundert Meter tiefer, seit ungefähr zwanzigtausend Jahren branden die Wellen so an, wie wir es heute sehen. Wer schwindelfrei ist, kann sich auf den Bauch legen und senkrecht an der Felswand hinunterschauen... Unterhalb des O’Brien’s Turms schäumt eine einsame Felsspitze aus dem Wasser, sicherlich Rest einer einstmals höheren Felswand.
Funde aus der Steinzeit belegen, daß sich hier schon früh Menschen angesiedelt hatten. Später entstand ein sogenanntes Promontory — Fort, ein Ringsteinfort, das mit dem Rücken zur See lag: ‘Mothar Ui Ruain’; die ‘Ruinen von O’Ruan’s zerstörtem Fort’ gaben den Klippen ihren Namen.
Die Räder sind an einem Zaun vertäut. Wir zurren unseren Rucksack fest, binden die Kapuzen zu und wandern los nach Süden, direkt oberhalb der Klippen. Es gibt zwei Wanderwege. Der eine, außerhalb der Weidezäune am Kliff entlang, ist bei Wind und Regen nicht zu empfehlen, es gibt keine Sicherheitsvorkehrungen. Bei zunehmendem Regen wechseln wir zur anderen Route über: ungefähr zwei Meter daneben, aber innerhalb der Weidezäune und Mäuerchen. Auch wenn die Höhe der Cliffs langsam abnimmt — wir fühlen uns hier wohler. Am Ende der Felder müssen wir kleine Holzstiegen oder Steintreppchen überklettern,
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