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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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Ausdruck. Bei ihm ginge es ja nicht, aber da unten, am anderen Ende
des Ortes, da gäbe es noch einen Van-Platz, der nähme auch Zelte, surely.
    Wir sind
weder begeistert, noch glauben wir ihm das. Wir wissen es besser und sagen es
ihm auf den Kopf zu.
    Plötzlich
macht er eine Kehrtwendung im wahrsten Sinn des Wortes. Er winkt uns, ihm zu
folgen, führt uns zum englisch kurzgeschnittenen Rasen des Gartens vor seinem
Wohnhaus. Hier können wir zelten, please, den Schlüssel für die Waschanlagen
holt er persönlich. Auch ein Abfallkorb wird gebracht. Are you right? Viel Spaß
in Ballybunion!
    Weg ist er.
Wir sind ziemlich überrascht. Auf dem heiligen Grün! Trotz aller Animosiäten,
den englischen Rasen haben die Iren übernommen und verinnerlicht. Der
streichholzlange Rasen wird gehegt und gepflegt, zweimal in der Woche gemäht,
und er muß vor dem Haus und so groß wie möglich sein.
    Die Häuser
liegen oft weit zurück, auch einfache Häuser, um dem repräsentativen Vorgarten
Platz zu machen, selbst wenn er in manchen Fällen, zum Beispiel bei
Mietshäusern, wenig gepflegt aussieht.
    Nun bauen
wir unser Eskimokuppelzelt im Vorgarten des Parkbesitzers auf. Nicht zu fassen,
ist hier das Paradies?
    Der Ärger
über das verschwundene Klappmesser schwindet; als beim Auspacken das obere
Drittel des Zeltsacks völlig abreißt, gehen wir mit einigen bösartigen
Bemerkungen über technische Qualitäten im fortschrittlichen zwanzigsten
Jahrhundert darüber hinweg.
    Heute ist
Freitag, an den Sonntag schließt sich einer der Bankfeiertage an, das erklärt
die Belebtheit des Ortes. Wobei der Begriff Bank Holiday sich längst nicht nur
auf Banken bezieht: die Post, viele Geschäfte und Firmen schließen an diesem
Tag ebenfalls. Natürlich nicht die Geschäfte in Ballybunion, denn hierhin
fahren alle Iren ab Freitag, wenn Montag Bankfeiertag ist. Oder fast alle Iren.
Denn beim St. Patrick, es können nicht alle ins Paradies kommen.
    Ins Paradies
von Ballybunion, das zwei nach Geschlechtern getrennte herrliche Strände
besitzt.
    Eine breite,
vorspringende Felsnase trennt die Men’s Beach von der Ladies’ Beach. Die Strände
liegen unterhalb der Promenade, der Blick fällt auf glitzernde Wasser, die
untergehende Sonne spiegelt ihre Spur bis zum Horizont, der nasse Sand leuchtet
in hellem Gelb, drei oder vier Wellen brechen sich in voller Breite der
Buchten. Und bei Ebbe können Männer und Frauen problemlos zu Fuß von einem
Strand zum anderen, ein echtes irisches Paradies.
     
    Wir stürzen
uns in volle Leben des Whit Weekends bei ‘Liston’s’. Die Bude ist voll, zwei
Musiker, Banjo und Knopfakkordeon, sitzen in der Ecke
auf dem Sofa und spielen und spielen und spielen. Wir quetschen uns irgendwo
dazwischen, und irgendwie kommen auf wunderbare Weise immer wenn nötig zwei
Pints bei uns an.
    Was weiß
ich, was wir mit unseren Nachbarn geredet haben, es wird viel gelacht, es wird
später und später, plötzlich spielt der Banjomann ‘Ein Schiff wird kommen’, ein
Ire im Großvateralter tanzt dazu, ganz ernsthaft, niemand lacht — oder träume
ich das schon?
     

     
    Es war
einmal in Killimer am Shannon, als sich die Geschichte von Colleen Bawn, dem
jungen, schönen Mädchen, das im Alter von sechzehn Jahren sterben mußte,
ereignete. Oh, du arme, schöne Colleen Bawn.
    Außerhalb
von Killimer stand der Gedenkstein für Colleen Bawn,
eher eine Gedenkmauer, im Dreiviertelrund gebaut, einen Meter hoch. Gerade als
wir hineintraten, hielt neben uns ein Reisebus mit Nonnen, ich blickte
unwillkürlich hoch zu den Fenstern. Gesicht an Gesicht aufgereiht, rosige
Wangen über schwarzem Habit, weiße Kragen. Sie stiegen nicht aus, blickten
unaufhörlich hinunter zu dem Bronzerelief, einem Triptychon, das eine
Geschichte erzählte.
    Wir sahen in
der Mitte den Kopf der schönen, jungen Colleen, links war sie mit ihrem ‘Mann’
abgebildet, rechts fuhr ein Segelboot über das Wasser, hielt ein junger
Fischersmann das Mädchen auf seinen starken Armen, die Hände fest um ihre
Brüste gepreßt. Hatte er sie gerettet oder warf er sie ins Wasser?
    Fragend
blickte ich hoch zu einer der Nonnen. Sie zuckte mit den Schultern.
    ‘Lies den
Text! ‘schien sie zu sagen.
    Die
Inschrift berichtete aus dem achtzehnten Jahrhundert. Das sehr hübsche Mädchen
Colleen Bawn wurde durch einen Trick von einem Adeligen zu einer Art Ehe
verlockt. Wahrhaftig, dort stand: zu einer Art. Kurz darauf wurde sie tot vom
Meer angeschwemmt, ein Fischer fand

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