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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Straeter
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Muskeln.
     

IM
PARADIES
     
     
    Es scheint,
als säßen wir überwiegend in Pubs und würden zwischendurch ein wenig radfahren.
Es scheint nur so, denn ab und zu, bei dieser Wetterlage, ist ein Aufwärmen in
geschlossenen Räumen notwendig.
    Heute abend gibt es in Nolan’s Pub kleine, vorzügliche Bar Meals,
Scholle und Rindfleisch, zu erschwinglichen Preisen zwischen 2,50 und 4,50
Pfund. Nicht immer wollen wir unseren Gaskocher im Schneidersitz bewundern. In
guten Restaurants kosten allerdings Vorspeisen, die Starters, schon fast 10
Pfund. In den Metzgereien sind uns Aufrufe der Regierung ins Auge gesprungen,
Rindfleisch sei völlig unbedenklich! Was ist los? Ein Teil der britischen
Rinder hat eine Krankheit, ‘Rinderwahnsinn’ genannt, die bei den Tieren zum
Tode führt. Umstritten ist, ob die Krankheit durch Verzehr von Rindfleisch auf
den Menschen übertragbar ist. Einige Wissenschaftler warnen. Doch der englische
Landwirtschaftsminister ist völlig sicher, daß Beaf für den Menschen
ungefährlich ist. Die ‘völlige Gewißheit’ von Politikern macht uns mißtrauisch,
wir werden das Rindfleisch lieber meiden.
     
    An den
Häuserwänden im Ort hängen Plakate, heute abend tritt
‘Elvis’ in einem Pub auf, ob wir hingehen? Eben noch war er hier, stand bei
Nolan’s an der Theke und hat sich Mut angetrunken. Schwarze Lederjacke, gelbe
Hose, Koteletten bis zum Kinn, Schmalztolle. Kein Zweifel, er war es. Wenn er
dann noch Gitarre spielen könnte...
    Wo Elvis
auftritt, ist James nicht weit. In der Ecke neben der Theke hängt, in einem
hölzernen Rahmen, von einem Spotlight beleuchtet: James ‘Jimmy’ Dean!
    Das berühmte
Foto, auf dem er mit hochgeschlagenem Mantelkragen, die Hände tief in den
Taschen vergraben, einsam und allein durch die nebligen, nassen Straßen New
Yorks schlendert. Der einsame Wolf auf der Pirsch, lonesome boy... Gut, daß wir
in Irland sind.
     
    In einer
gefundenen Tageszeitung, dem ‘Irish Daily’ vom 3. Juni (the brightest daily of
Ireland!) lesen wir, daß die letzten zwei Wochen die regenreichsten und
kältesten seit undenkbaren oder von mir aus auch denkbaren Zeiten gewesen sind,
und daß in wenigen Tagen in Dublin soviel Regen gefallen ist wie sonst im
ganzen Jahr.
     
    Tröstlich
ist dagegen, daß wir heute nachmittag bei unserer
Wanderung an der Felsküste entlang junge Lerchen gesehen haben, noch mit ihrem
sperrigen Flaum auf den Köpfen. Und zwei Jungen sind aus fünf Meter Höhe von
einem alten Holzbrett in das Wasser der Bucht gesprungen. Nicht weit davon
planschten einige ältere Frauen laut und begeistert im kalten Wasser.
     
    Kneipen sind
politische Orte. Wir sind die lachenden Opfer des ‘Bierstreiks’. Die Wirte
streiken gegen die Preiserhöhungen des großen Multis Guinness in Dublin. Wir
haben auf unseren Fahrten schon Eisenbahnerstreiks erlebt, oder Streiks des
Fährenpersonals, sogar einen Streik der Autobahnkassierer in Spanien, was uns
ein Stück kostenlose Autobahn bescherte. Ein Wirtestreik ist neu für uns. Der
Streik betrifft hauptsächlich die Guinness-Produkte Carlsberg, Fürstenberg und
Budweiser. Das kostbare Stout fließt weiter, obwohl es teurer als die anderen
Sorten ist.
    ‘Due to a dispute with Guinness, we may not be able to
offer You the drink of your choice!’ steht auf einer
Pappe auf der Theke. Man wird uns also nicht unbedingt das Bier unserer
Wahl ausschenken, wir sollen uns bei den Managern der Brauerei beschweren. Will
man uns wieder nach Dublin schicken, wie schon die Leuchtturmbehörde? Guinness
is not good for us. Vor allem nicht, wenn wir ausweichen können. Die beiden
noch unabhängigen Stout-Brauereien in Cork werben mit: ‘Be guided by taste,
Murphy’s!’ Und:’A special occasion a special price, Beamish!’ Das sind die,
die’s zur Zeit zwanzig Pence pro Pint billiger machen.
     

     
    Die
Bierpreise sind schon wichtig bei Durchschnittseinkommen, die nicht allzu hoch
liegen und bei einer Arbeitslosenquote von zwanzig Prozent. Doch nicht für alle
liegt das Paradies im Pub oder in Irland. Aber wo sonst? Vielleicht doch in
Ballybunion?
     
    Nachts
ertönt wieder das stecknadelfeine Prasseln auf der Zeltleinwand, am Morgen
hören wir diese Musik immer noch. Wir fahren bei Nieselregen ab. Alles versinkt
im Grau, Irland, grüne Insel? Das Land hängt im Wasser.
    ‘It’s
drizzling.’ Nicht viel, aber beständig. Diese Art Regen kann Tage dauern, haben
wir gehört.
    Wir fahren
mit eingezogenen Köpfen, sehen, wie das

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