Zwischen Wind und Wetter
mit Fotoapparaten über der Bordwand hingen.
Der Delphin schwamm vor, kam zurück, drehte sich, schwamm auf dem Rücken und
blickte uns an. Dann drehte er plötzlich ab, das Motorboot war ihm wohl nicht
schnell genug.
In Dingle
begnügen wir uns zunächst mit dem Videofilm, der über Fungi gedreht worden ist.
Hauptdarsteller Fungi läßt anscheinend mit großer Geduld die ständigen
Belästigungen der Menschen über sich ergehen. Wie in einem synchronen Tanz
bewegen sich eine Taucherin und das Tier nach einschmeichelnder Musik, die wohl
in der Bucht nicht zu hören sein wird.
Der
Abendspaziergang bringt uns zu einer außerhalb der Stadt liegenden Bucht. Im
Westen ballen sich wilde Wolkenberge, die untergehende Sonne zaubert einen
dramatischen Himmel mit tiefrosafarbenen Streifen zwischen dunklen Schichten.
Wie Scherenschnitte stehen schwarze Bullen auf den Weiden gegen den Himmel.
Plötzlich
fallen drei dunkle Punkte wie Steine in das Wasser der Bucht. Als sie auf tauchen , erkennen wir, daß es Vögel sind, drei
Bass-Tölpel auf der Jagd. Sogenannte Stoßtaucher, ungefähr so groß wie
Kormorane, benannt nach dem Bass Rock, einer Insel vor der Ostküste
Schottlands. Sie schießen mit gestrecktem Körper und angewinkelten Füßen und
Flügeln aus bis zu dreißig Metern Höhe ins Wasser. Es gibt kaum eine Chance für
die Opfer, die sie erspäht haben. Die Körperhaut enthält Luftsäcke, die den
Aufprall dämpfen und die Tiere schnell wieder zur Wasseroberfläche bringen, sie
bleiben im Gegensatz zum Kormoran nur sehr kurz unter Wasser. Alle drei halten
etwas Zappelndes im Schnabel.
»Arme
Fische«, sage ich, »sie hatten sich unter Wasser so sicher gefühlt .«
»Zu wem
hältst du eigentlich ?« fragt Ilse.
Ich schweige,
denke an den leckeren Smoked Salmon, an Kabeljau und Schellfisch und an Plaice,
die Scholle.
Der Wind
nimmt zu, die ganze Nacht tobt ein Sturm. Im Fernsehen zeigen sie überschwemmte
Gebiete in England, Autos stehen bis zu den Dächern im Wasser. Ob das Wetter
besser wird, weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß es sich steigern kann.
Samstag,
12.6.
Hast du
genug Toastbrot, Sean?
Das
Zeltthermometer zeigt am Morgen dreizehn Grad. Welch ein heiterer, milder
Sommer. Mai und Juni sollen die beiden besten Monate in Irland sein, heißt es.
It could be
worse.
Wir warten
auf unseren Besuch. Es wird Mittag. Niemand in Sicht. Schließlich trinken wir
einen Kaffee in der Hotelbar.
Vierzehn
Uhr, fünfzehn Uhr, nichts.
Vier Männer
sitzen vor einer Theke in einer Bar in Dingle. Jeder hat sein Pint Bier vor
sich, einer hat es sich bequem gemacht und seine Beine auf einen zweiten
Barhocker gelegt. Die Mittagspause dauert an, Bier macht hungrig. Einer der
vier bestellt sich ein Barmeal, ein kleines Essen mit Salat und Chips. Kaum hat
Shirley, die Tochter des Wirts, das Barmeal gebracht, macht er sich heißhungrig
darüber her.
Da fragt der
Wirt: »He, Sean, hast du nicht zuwenig Toast ?«
»Ich ?« fragt Sean mit vollen Backen, »ich hab’ doch gar keinen
Toast!«
»Also hast
du zuwenig Toast !«
Auf einen
Wink des Wirts bringt Shirley einen Teller mit Toastbrot aus der Küche.
»Hast du
genug Toast, Sean ?« fragt der Wirt.
»Ja«,
murmelt der Esser ergeben, »yes, I’m right now .«
Sechzehn
Uhr, nichts.
Gegen halb
fünf, wir wollen gerade das Warten auf geben , kommen
sie, Trudi und Uschy. Wir fallen uns in die Arme, dann wird erzählt, bei einem
Pint in der Hotelbar.
Der
Abholdienst des deutschen Reiseunternehmens hatte nicht geklappt, genauer
gesagt: er existierte nicht. Auch die als Kontakt in den Reiseunterlagen
avisierte Dame gab es nicht. So hatten sich die beiden die hundert Kilometer
lange Strecke vom Shannon Airport über Limerick und Tralee mit Linienbussen
durchgeschlagen. Trudi ist fünfundsiebzig Jahre alt. Alle Achtung. Aber jetzt sind
sie da, die Laune ist gut, Hotel und В & В sind in Ordnung.
Wir
beschließen den Tag mit einem gemeinsamen Abendessen in einem Restaurant in der
Dykegatestreet.
Mit reichlich Toast.
Yes, we’re right now.
Sonntag, 13.
6.
Spaziergang
zum Leuchtturm.
Auf den
Karten ist er nicht eingezeichnet. Doch Dingle hat einen. Wir haben ihn gestern
schon gesehen.
Trotz Regen
und Nebel ziehen wir los, das Regenzeug an. Die Kapuzen fest über die Köpfe
gezogen, sehen wir aus wie vier Zwerge mit Zipfelmützen ohne Schneewittchen.
Durch Matsch
und Morast stapfen wir, über Kieselsteinstrände, müssen über Zäune und
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