Zwischen Wind und Wetter
und Hunde.
‘Bei
Regensturm sind Mensch und Tier Gefangene... Der Wanderer auf der Straße ist
machtlos gegen solches Unwetter, schutzlos der Eingeborene auf seinem Weg über
die baumlosen, unbewohnten Berge…’ (August Closs im ‘ Irischen Bilderbuch’).
Unwetter?
‘Man kann
diesen Regen schlechtes Wetter nennen, aber er ist es nicht. Er ist einfach
Wetter...’(Heinrich Böll).
Da sind wir,
im Wetter, zwischen Wind und Wetter. Fühlen wir uns gestraft? Haben wir nicht
schon genug Wetter erlebt? Eigentlich ist unser Kontingent an Regen erschöpft,
der Bedarf nach Sonne wächst. Erfreulicherweise hat die gute Laune nicht
gelitten, wir nehmen es hin, wie die Iren.
‘It could be
worse’.
‘Woran hatte
ich gedacht? Es war ein sehr dunstiger Tag.’ (H. D. Thoreau, 1856, während
seines einjährigen out-door-Lebens).
Nicht
denken, handeln, denken wir uns. Wir werfen unseren ursprünglichen Plan um, an
der Nordküste der Halbinsel (peninsula) Dingle bis Castlegregory zu den großen
Stränden zu fahren, um dann über den Connor Pass zur Stadt Dingle vorzustoßen.
Schöne Pläne für schönes Wetter. Es ist ein sehr dunstiger Tag. In der Tat.
Heute gelingt mir das düsterste Foto unserer Reise. Die Landschaft wirkt
schwarz, am Rand vor den Bergen ragen die noch schwärzeren Silhouetten
verlorener Bäume auf, darüber die Ahnung von Bergzügen, umhüllt vom Nebel, von
oben wälzend, drohend, fallend die Wolkenberge, mit ausgerissenen Rändern, aus
denen das Wasser auf uns fällt.
Der kleine
Naturführer ‘Wolkenbilder’ sagt dazu:
Typischer
Altostratus, dichte Wolken, die in einer strukturlosen Masse
zusammengeschmolzen sind. Mit der Ausbildung von Wolkenfetzen an den unteren
Rändern.
Strukturlose
Masse! Wie das klingt! Die Wolkenfetzen können wir nur zu gut erkennen.
Altostratus
bedeutet unfreundliches, nasses und regnerisches Wetter.
Richtig, wir
können es bestätigen. Naß und regnerisch,
ergänzt sich das — oder ist es dasselbe?
Der nasse
und regnerische und unfreundliche Altostratus kann über mehrere Tage andauern.
Nein, bitte
nicht!
Altostratus!
Wir klappen den Naturführer zu. Was ändert es, wenn wir jetzt wissen, wie die Experten
das Mistwetter nennen!
»Wenn die
Wolken sich hier, nördlich der Dingle-Berge, ausregnen, dann kann es südlich
der Berge besser sein«.
Ilse blickt
zweifelnd, meint aber: »Schlechter kann es nicht mehr werden .«
Nach Süden,
Richtung Killorglin und Castlemaine.
Sechs
Kilometer unablässig bergauf kämpfen wir uns über einen Paß der
dreihunderteinundfünzig Meter hohen Slieve Mish Mountains. Im ersten Gang, bei
Gegenwind. Wir tauchen ein in das Wetter, je höher wir kommen in immer mehr
weiße Nieselsuppe. In den Milchwald, ach Dylan Thomas. Warum gerade wir, warum
ausgerechnet Irland? Warum nicht die sonnige Bretagne, die heitere Provence?
Alles ist
naß, nur die Kraftanstrengung hält uns warm. Die Pausen sind ungemütlich. Und
Ilse hat immer noch kein Fläschchen Whiskey gekauft...
»Wir sind
doch nicht bei den Bernhardinern«, wendet sie zu ihrer Entschuldigung ein, will
aber die nächste Gelegenheit nutzen.
Die Paßhöhe
bestätigt meine Vermutungen, es klart etwas auf, Regen und Nebel lassen nach,
wir genießen die fünf Kilometer lange Abfahrt. Nur ein oder zwei Autos begegnen
uns, keine Radfahrer, die Straßen sind leer. Leer zwar, aber in schlechtem
Zustand, vor allem auf der linken Seite. Es lebe de Selby und die
Straßentheorie. Es riecht nach Kohle- und Torffeuern, überdeckt nur vom
süßlichen Geruch des Ginsters, der noch in dreihundert Meter Höhe blüht.
Könnten wir
nicht jetzt auch zu Hause gemütlich am Kamin... Ich verdränge die Gedanken
daran. Schokoladenpause in Castlemaine. Wir sitzen an der Straßenkreuzung in
der Ortsmitte auf einer Bank vor der Wasserpumpe. Neben dem Sparladen gegenüber
zweigt die Straße nach Dingle ab; wir sehen die Wolkenmassen, wie sie sich von
Süd-Südwest kommend über die Berge nach Tralee wälzen. Es regnet nicht. Hier
nicht.
Jetzt nach Westen,
auf der fünfzig Meter über dem Meer an den Bergflanken entlang führenden
Küstenstraße. Es wird heller, plötzlich ein Wolkenloch und vereinzelte
Sonnenstrahlen. Wir blicken über die Bay hinüber nach Iveragh, der großen Kerry
Halbinsel, dem Ring of Kerry. Zufriedenheit durchzieht uns, das Leben ist
schön, das Radfahren eine Freude, die Speichen blitzen.
»Platten !« schreit Ilse.
Welch ein
Glückstag, es ist nur das Vorderrad. Wir
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