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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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Richard darüber reden, bestimmt ist er nicht so engstirnig wie du.«
    Wutentbrannt stand er auf, nahm seinen Teller und trug ihn in die Küche, wo er ihn mit einem Knall auf die Anrichte stellte. Eilig stand ich auf und folgte ihm.
    »Das wirst du nicht tun! Außerdem denkt er in dieser Angelegenheit genauso wie ich. Meinst du nicht, dass wir uns keine Gedanken darüber gemacht haben, ob es nicht doch noch eine Möglichkeit gibt? Dr. Schmitzke sieht es als höchst risikoreich an, wenn du noch einmal reist. Sie meint, du kannst von Glück sagen, dass du nur diesen kleinen Zusammenbruch hattest. Sie hätte Schlimmeres erwartet.«
    »Ach so ist das! Ihr habt das einfach über meinen Kopf hinweg entschieden? Vielen Dank auch, dass ihr mich mal gefragt habt, wie ich darüber denke. Es geht hier um mich und ich bin alt genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen, da zu brauche ich euch nicht.« Für einen Moment herrschte Stille in der Küche. Genervt fuhr Phil sich mit seinen Händen durch die Haare, zerzauste sie noch mehr, als sie es sowieso schon waren.
    »Diese Diskussion führt doch zu nichts, ich werde dich nicht mitnehmen und damit basta! Du kannst von mir aus toben, solange du willst. Aber meine Antwort wird weiterhin ›Nein‹ lauten. Also lass uns das vergessen und zum Nachtisch übergehen.« Nachtisch? Er hatte wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank. Gut, wenn es das war, wonach ihm der Sinn stand, dann sollte er es bekommen! Ich ging zum Kühlschrank, nahm das Tiramisu, welches für den Nachtisch gedacht war, heraus, packte es in Folie ein und drückte dem verdutzten Phil die Schüssel in die Hand.
    »Hier ist dein Nachtisch, nimm ihn und geh nach Hause. Das habe ich jetzt so entschieden!« Ich war so schrecklich wütend auf ihn, dass es mir in diesem Moment egal war, was ich für ihn empfand oder er für mich. Ein zuckender Muskel in seiner Wange verriet mir, dass er sich nur mit Mühe zurückhalten konnte, um nicht außer Kontrolle zu geraten. Er schoss mir einen kalten Blick aus seinen eisblauen Augen zu und ich erschrak, so wütend hatte ich ihn selten gesehen. War ich zu weit gegangen? Nein, wohl eher er, wenn er glaubte, dass alles nur nach seinem Willen gehen konnte.
    »Vielleicht ist es wirklich besser so. Wir sehen uns morgen in der Schule!« Er setzte die Schüssel mit dem Nachtisch ab und ging ohne ein weiteres Wort aus der Küche. Kurz danach hörte ich, wie die Wohnungstür mit einem lauten Knall geschlossen wurde. Das hatte ich ja toll hinbekommen! Völlig frustriert nahm ich einen Löffel aus der Besteckschublade und begann, den Nachtisch in mich hineinzulöffeln. Erst als ich ein metallisches Kratzen vom Boden der Schüssel hörte, stellte ich mit Erschrecken fest, dass ich fast die ganze Portion, die für zwei gedacht war, alleine gegessen hatte. Wenn ich jetzt nicht mehr in mein Kleid für die Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen der Schule passte, war Phil auch noch daran schuld. Wieso schafften wir es immer wieder aneinanderzugeraten? Ich hatte gedacht, dass wir das nur während der Phase des Kennenlernens durchgemacht hatten, aber offensichtlich spielten unsere Gefühle füreinander, wenn es um eine Auseinandersetzung ging, keine Rolle. Wir waren beide hitzköpfig und stießen uns wie gleichpolige Magnete ab. Ich fragte mich, ob es schon immer so in unserer Beziehung gewesen war.
     
    Am nächsten Tag ging mir Phil in der Schule permanent aus dem Weg, was ihm nicht sonderlich schwerfiel, denn ich legte ebenso wenig Wert darauf wie er, dass wir uns begegneten. Nur während der großen Pause erhaschte ich einen kurzen Blick auf ihn. Er stand im Pausenhof und unterhielt sich angeregt mit der Referendarin. Anhimmelnd stand sie vor ihm und blickte mit klimpernden Lidern zu ihm auf, was er mit stetig strahlendem Lächeln belohnte. Wütend ballte ich meine Fäuste zusammen. Als hätte er gespürt, dass ich am Fenster stand, drehte er seinen Kopf in meine Richtung und schaute mich ernst an. Kühl nickte ich ihm zur Begrüßung zu, bevor ich mich umdrehte und wieder an meinem Tisch Platz nahm. Männer konnten doch echte Idioten sein! Kaum gab es ein paar Wölkchen am paradiesischen Himmel, mussten sie schauen, ob nicht auch andere Mütter schöne Töchter hatten. Ich glaubte noch nicht einmal daran, dass er ernsthafte Absichten ihr gegenüber hatte, aber alleine die Tatsache, dass er so offen mit ihr flirtete, brachte mich zur Weißglut. Sollte das sein Plan gewesen sein, damit ich zu

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