Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
mein Leben zu bestimmen. Und vielleicht auch, weil ich ein wenig neidisch war. Neidisch, dass du einfach auf Reisen gehen kannst, während ich zu Hause sitzen sollte, darauf wartend, dass du gesund heimkommst. Das fand ich nicht fair. Und dann gehst du plötzlich hin und willst alles für mich opfern? Einfach so? Ich befürchte, dass du der Klügere von uns beiden bist.« Amüsiert zog er die Augenbrauen hoch, was in Verbindung mit seinem wütenden Blick fast komisch wirkte.
»Ich glaube, das muss ich mir merken, um es dir bei Gelegenheit unter die Nase zu reiben!« Seine Antwort ließ mich Hoffnung schöpfen. Mit etwas Glück würde er mir doch nicht den Kopf abreißen und würde mich nicht in den Wind schießen.
»Heißt das, du verzeihst mir? Ich wollte es nicht ewig für mich behalten, aber ich war so sauer auf dich. Ich kam mir vor wie ein kleines Kind, das von seinen Eltern Vorschriften gemacht bekommt! Ich wollte doch nur versuchen, mich an die Reisen zu gewöhnen, und du hast meine Idee sofort abgeschmettert. Das hat mich so wütend gemacht, dass ich nicht mehr logisch denken konnte. Du kannst dir vielleicht nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, wenn andere glauben zu wissen, was das Beste für mich ist, ohne mich zu fragen, ob ich das überhaupt will.«
»Doch, das weiß ich sehr wohl, immerhin bin ich bei Richard aufgewachsen. Und genau das ist der Grund, warum ich versucht habe, ihn um zustimmen.«
»Aber musstest du dann gleich deinen Rücktritt einreichen? War das nicht etwas übertrieben?«
»Genauso übertrieben wie deine Reaktion heute. Warum bist du nicht gleich zu mir gekommen? « Er sah verletzt und traurig aus, verschwunden war der Zorn. Mir krampfte sich bei seinem Anblick das Herz zusammen.
»Weil ich einen Dickschädel habe, genau wie du. Wir sind uns in einigen Dingen ziemlich ähnlich , meinst du nicht? Es tut mir im Nachhinein wirklich leid und ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, welcher Teufel mich da geritten hat.« Völlig zerknirscht und kleinlaut sah ich bittend zu ihm auf.
»An unserer Kommunikation sollten wir dringen d noch arbeiten. Wir können doch nicht immer, wenn uns etwas nicht passt, wütend abzischen und das Problem totschweigen. Bitte lass uns in Zukunft erst miteinander reden, bevor wir uns erneut im Streit trennen! Die letzten Tage waren ziemlich grausam für mich.«
»Meinst du, mir ging es besser? Und wenn du noch einmal mit der Referendarin vor meinen Augen flirtest, bist du Hackfleisch. Hast du verstanden?«, drohte ich ihm mit erhobenem Zeigefinger. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
»Ich hatte fast gehofft, dass du rauskommst und der Dame erklärst, dass ich dir gehöre. Damit hätte ich dich wenigstens aus der Reserve gelockt und die Kollegen hätten endlich gewusst, dass wir zusammen sind.« Ich schüttelte den Kopf ob seiner verrückten Idee, mich mit seinem Flirt zu einer solchen Reaktion hinreißen zu lassen.
»Ich würde niemals wieder in der Schule eine Szene machen, das haben wir am Anfang des Schuljahrs häufig genug gemacht. Aber du hast mir immer noch nicht gesagt, ob du mir verzeihst?« Ich war mir fast sicher, dass er es tat, jedoch wollte ich die Worte aus seinem Mund hören.
»Eigentlich sollte ich dir bis an den Rest deines Lebens böse sein, deine Aktion war ganz klar nicht die feine englische Art. Aber wie du nun ja weißt, habe ich in der Vergangenheit nicht immer mit vorbildlichem Verhalten geglänzt. Ich erinnere mich da nur an eine Hofdame in Whitehall ...« Er ließ den Satz unbeendet, ich wusste auch so, was er meinte.
»Und die Geschichte mit Walshingham?«, hakte ich nach. Gespielt genervt verdrehte er die Augen.
»Ich weiß noch nicht, ob ich so begeistert davon sein soll, dass du dich jetzt wieder an alles erinnern kannst. Es gibt so einige Dinge, die ich doch gerne unter den Teppich kehren würde«, brummelte er leise, fast unhörbar.
»So wie die Tatsache, dass du mich angelogen hast, als es um Raleighs Aussehen ging? Denn er sieht viel besser aus als Clive Owen. Er ist eher wie die Ärzte in Grey’s Anatomy, knackig und sexy. Du hättest mir ruhig sagen können, dass er es war, den ich in meinen Erinnerungen gesehen habe«, zog ich ihn auf. Jetzt, da ich wusste, dass mit uns alles wieder in Ordnung kam, konnte ich wieder scherzen. In einer schnellen Bewegung hatte er mich in seine Arme gezogen und küsste mich mit einer Leidenschaft, die mir den Atem raubte.
»Der Kerl ist seit mehreren Jahrhunderten
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