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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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das Maul über ihn zerreißen.
    »Und wenn ich nicht gewesen wäre, dann ...«, ich ließ das Ende unausgesprochen, er wusste auch so, was ich damit meinte.
    »Das ist doch Blödsinn, du kannst absolut nichts dafür. Sie hätten einfach gewartet, bis sie mich beim Falschparken oder so erwischen.« Seine Reaktion fand ich überaus nett, er hätte mir ohne Weiteres Vorwürfe machen können und ich hätte es ihm in diesem Fall nicht einmal übel genommen.
    »Danke, das ist wirklich lieb von dir, dass du es so siehst. Ich hätte da noch eine Frage und hoffe, dass du sie mir ehrlich beantwortest. Habe ich es gewusst?« Er nickte.
    »Bevor oder nachdem wir …?« Das Wörtchen Sex wollte mir nicht über die Lippen kommen und meine Worte erstarben. Ich hatte inzwischen eingesehen, dass wir vermutlich miteinander geschlafen hatten. Alles darüber hinaus überstieg noch immer mein Vorstellungsvermögen.
    »Nachdem!« Wenigstens hatte ich nicht seines Geldes wegen etwas mit ihm angefangen, welch schwacher Trost.
    »Wie habe ich es herausgefunden? Und wie habe ich reagiert?« Mir war bewusst, dass dieser Ort eigentlich der denkbar schlechteste war, um ihm diese Fragen zu stellen, aber sie brannten auf meiner Zunge. Und ich wollte die Antworten jetzt, immerhin sollten sie dazu dienen, mir einen Teil meiner Erinnerungslücken zu stopfen.
    »Es war dir nicht wichtig. Aber ich glaube, wir müssen jetzt zum Unterricht, bevor die Schüler glauben, dass sie eine unverhoffte Freistunde haben. Wir sehen uns später!« Mit diesen Worten drehte er sich um, ging zu seinem Fach, nahm einige Hefte und verließ das Lehrerzimmer. Erst jetzt fiel mir auf, dass er auf meine Frage, wie ich es herausgefunden hatte, nicht geantwortet hatte. Und er hatte mich stehen lassen, wie ich es sonst mit ihm tat! Mit dem unguten Gefühl, das s er mir nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte, machte ich mich ebenfalls auf den Weg in mein Klassenzimmer.
     
    Die Tatsache, dass Phil nicht nur verdammt gut aussah, sondern auch noch stinkreich war, hatte sich in Windeseile rumgesprochen und den ganzen Morgen über kannten die Schüler nur ein Thema. Ich kam mir wieder vor wie zu Beginn des Schuljahrs, als alle von Phils Aussehen beeindruckt waren. Und nun, nachdem sich die Aufregung gelegt hatte, kam der nächste Knaller. Der Mann wusste wirklich, wie man von sich reden machte. Hoffentlich war bald Gras über die Sache gewachsen, damit der Alltag wiederkehren konnte. Ein Gutes hatte die Sache mit dem Zeitungsartikel aber: Alle waren so sehr mit Phil beschäftigt, dass sich keiner großartig um mich kümmerte und es somit auch nicht auffiel, dass ich mein eigenes kleines Geheimnis hatte, was mir mehr als entgegenkam. Fast hätte ich ihm dafür dankbar sein können, doch die Angst, jemand könnte herausfinden, dass ich die Frau auf dem Foto war, blieb.
     
    Die erste Woche ging so schnell vorbei, dass ich mich am Freitag nach Schulschluss fragte, ob es schon immer so gewesen war. Mir kam es so vor, als sei ich gerade erst in die Schule gekommen, und nun lag ein freies Wochenende vor mir. Ich war auf dem Weg zu meinem Parkplatz und machte mir Gedanken darüber, was ich mit der ganzen Freizeit anfangen könnte, als ich hörte, wie mein Name gerufen wurde. Ich schaute mich um und entdeckte Phil, er stand an seinem Wagen und winkte mir fröhlich zu. Der Zeitpunkt, so zu tun, als ob ich ihn nicht gesehen hätte, war vorüber und mir blieb nichts anderes übrig, als zu ihm zu gehen.
    »Hi! Na, bereit fürs Wochenende?«, begann ich unverfänglichen Small Talk mit ihm zu halten.
    »Ja, endlich wieder eine Woche geschafft! Hör zu, ich weiß nicht, ob du nach dieser Woche überhaupt Lust dazu hast, aber ich wollte dich fragen, ob du morgen Abend vielleicht mit mir essen gehen magst?« Insgeheim hatte ich gehofft, dass er mein Friedensangebot vergessen hatte. Doch dem Anschein nach verfügte er über das Gedächtnis eines Elefanten. Ganz im Gegensatz zu mir.
    »Würdest du Ruhe geben, wenn ich nein sagte?«, wagte ich dennoch einen kleinen, schwachen Versuch, aus der Geschichte herauszukommen.
    »Ganz gewiss nicht! Ich würde dich so lange fragen, bis du gar nicht anders kannst, als mit mir auszugehen!« Warum musste er auch noch dazu dieses verschmitzte Jungengrinsen auflegen, das ihn so schrecklich unwiderstehlich wirken ließ? Sah er an sich schon verdammt gut aus, wusste er mit seinem Charme noch dazu derart gut umzugehen, dass alleine das schon fast ausreichte, um schwach

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