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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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Sein Kuss war gut, fast nach Lehrbuch, aber ich stand nicht in Flammen, wie ich es hätte tun sollen. Selbst bei Sven hatte ich wenigstens etwas gefühlt, aber bei Paul regte sich nichts in mir. Kein Flattern, keine Schmetterlinge. Hatte ich mit meinen Erinnerungen auch gleich meine Gefühle verloren? Schon den ganzen Abend über hatte ich gespürt, dass wir keine Zukunft hatten. Sein Kuss war das letzte Zeichen dafür gewesen, dass wir nicht füreinander bestimmt waren. Paul merkte, dass etwas nicht stimmte, denn als er sich von mir löste, sah er mich ernst an.
    »Wir werden das Jahr wohl nicht weiter zusammen verbringen, habe ich recht?«, kam er gleich auf den Punkt. Ich holte tief Luft, nahm ihn bei der Hand und zog ihn etwas abseits der Menschenmenge. Um uns herum knallten die Böller um die Wette und ich blickte mich um, um mich zu vergewissern, dass wir ungestört waren.
    »Ich denke , eher nicht. Es hat absolut nichts mit dir zu tun, nur leider ist mein Leben derzeit so verdammt kompliziert, dass ich mich nicht auf etwas Neues einlassen kann. Und wenn ich mich jetzt weiterhin mit dir treffen würde, wäre das dir gegenüber nicht fair.« Er nickte, als hätte er etwas in die Richtung vermutet. Warum war er nur so verständnisvoll, blieb so ruhig? Phil hätte an seiner Stelle vermutlich einen Aufstand geprobt und wäre aufbrausend geworden. Wieso musste ich ausgerechnet jetzt an Phil denken? Wie schaffte er es, sich immer wieder einzumischen, selbst wenn er nicht anwesend war?
    »Wirklich schade! Und ich kann dich nicht doch noch irgendwie überreden, es mal mit mir zu versuchen?« Wieder schüttelte ich den Kopf.
    »Nein, ich muss mein Leben erst einmal wieder in Ordnung bringen, bevor ich überhaupt daran denken kann, eine neue Beziehung zu beginnen.« Er beugte sich zu mir und gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Wange.
    »Dann wünsche ich dir alles Gute dabei. Wenn es so weit sein sollte und du noch nach einem Mann suchst, hast du ja meine Nummer! Ich denke, dass es jetzt besser ist, wenn ich gehe und in aller Ruhe meine Wunden lecke«, verabschiedete er sich und verschwand.
    Was war schiefgelaufen? Warum konnte ich mich nicht auf ihn ein lassen und es mit ihm versuchen? Aus einem versteckten Winkel meines Gehirns flüsterte mir eine Stimme den Namen ›Phil‹ zu, doch so schnell, wie der Gedanke gekommen war, verwarf ich ihn auch wieder. Was für ein Schwachsinn, ich hatte mit ihm abgeschlossen, es gab also keinen Grund mehr, mich weiter mit ihm zu beschäftigen. Paul war der Falsche gewesen, so einfach war das!
    Neidvoll stand ich in der Kälte und schaute auf alle Pärchen um mich herum, die sich immer noch in den Armen hielten und verliebt das neue Jahr begrüßten. Ich fühlte mich so schrecklich alleine und in diesem Moment hätte ich die Abgeschiedenheit meiner eigenen vier Wände diesem Pärchenhimmel vorgezogen. Das hätte ich auch haben können, doch ich hatte mein Glück mit beiden Füßen getreten. Erst Phil und jetzt Paul. Wäre mir Marie nicht im nächsten Moment um den Hals gefallen, um mir ein frohes neues Jahr zu wünschen, wäre ich vermutlich still und leise nach Hause verschwunden.
    »Happy New Year, beste Freundin«, schrie sie mir ins Ohr , um das Lärmen des Feuerwerks zu übertönen. Kaum hatten die Männer ihre Glückwünsche für das neue Jahr hinter sich gebracht, begannen sie mit dem, worauf sie sich schon das ganze Jahr über gefreut hatten: Raketen anzünden. Was Männer daran fanden, Schwarzpulver in den Nachthimmel aufsteigen zu lassen, würde für mich wohl ewig eines der Rätsel der Menschheit bleiben.
    »Wünsche ich dir auch. Und wirst du mit ihm das nächste Silvester auch noch verbringen?«, erwiderte ich und wies mit dem Kopf in Richtung ihrer Verabredung. Sie schaute zu ihm und ihr Gesicht verzog sich beim Anblick des Mannes, der voller Begeisterung einen Böller nach dem anderen anzündete.
    »Nein, der war nur für heute Abend gedacht, damit ich nicht alleine bin. Und da wir gerade davon sprechen: Wo ist Paul hin? Kann es sein, dass er gerade gegangen ist?«
    »Ja, er meinte, es sei besser, wenn er jetzt ginge.« Ich erzählte Marie schnell, was geschehen war , und sie bedachte mich mit einem mitleidigen Blick.
    »Und du hast gar nichts empfunden?«, hakte sie nach.
    »Gar nichts, ich verstehe die Welt nicht mehr. Er war doch wirklich ein toller Kerl!«, jammerte ich.
    »Es ist wegen Phil, habe ich recht?« Musste sie schon wieder mit ihm anfangen? Warum

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