Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
sträubte sich dagegen, ihm von Paul zu erzählen, und ich entschied, dass es besser war, wenn ich die Sprache nicht auf ihn brachte. Für einen kurzen Augenblick glaubte ich, dass er vor Erleichterung ausatmete, aber ich konnte es mir auch nur eingebildet haben. Sein Gesicht hatte sich wieder zu einer unlesbaren Maske verwandelt. Er schwieg und schien auf etwas zu warten. Verdammt, warum war das so schwer? Ich musste doch nur ›Danke‹ sagen, und nicht, dass ich ihn liebte.
»Und vielen Dank für deine Neujahrsüberraschung, das war wirklich total süß von dir. Die beiden haben einen besonderen Platz in meiner Wohnung bekommen«, fuhr ich schließlich fort. Dass das Schwein seit der Neujahrsnacht in meinem Bett schlief, musste ich ihm nicht auf die Nase binden.
»Gern geschehen. Laura, ich ...«, setzte er an, kam aber nicht weiter, denn Corinna betrat das Lehrerzimmer. Genervt verdrehte er die Augen, nur mühevoll konnte ich ein Kichern unterdrücken, hatte ich doch einen ähnlichen Impuls beim Klang ihrer Stimme verspürt.
»Ach nein , wie niedlich. Unsere Turteltäubchen ganz alleine. Na, habt ihr die Feiertage auch schön gemeinsam verbracht?«, begrüßte sie uns mit gekünstelter Freundlichkeit.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht. Was wir in unserer Freizeit machen, ist noch immer unsere Sache und geht niemanden etwas an«, antwortete Phil in eisigem Tonfall.
»War ja nur eine Frage, ich konnte ja nicht wissen, dass Sie so empfindlich sind, Kollege Berger«, entgegnete Corinna pikiert.
»Wenn es um mein Privatleben geht, bin ich in der Tat sehr empfindlich, Frau Wissner.« Hatte er noch mehr zu verbergen, weil er so scharf reagierte? Dass er reicher war als die Polizei erlaubte, wusste inzwischen jeder. Was gab es da noch?
»Ist ja gut, ich habe schon verstanden. Sie haben wirklich keinerlei Sinn für Humor. Also , Laura, hattest du wenigstens schöne Feiertage?« Versuchte sie nett zu mir zu sein, oder hoffte sie von mir zu erfahren, ob ich mit Phil zusammen gewesen war? Vermutlich war es das Letztere, dumm nur, dass es da gar nichts zu berichten gab.
»Ja, danke und du?« Wenn ich gewusst hätte, was ich mir damit einhandelte, hätte ich diese Frage nicht gestellt. Doch es war zu spät und sie fing an , mir eine minutiöse Schilderung ihres Weihnachtsabends zu geben. Ich wusste nun, welches ihrer Kinder den Baum umgestoßen hatte und welches dem Weihnachtsmann, der ja nur der Nachbar gewesen war, den Bart aus dem Gesicht gezogen hatte. Irgendwann schweiften meine Gedanken ab und ich nickte nur noch abwesend. Phil, der Schweinehund, hatte sich gleich zu Beginn von Corinnas Bericht aus dem Staub gemacht und mich mit ihr alleine gelassen. Dafür würde er büßen müssen! Während ich Corinna mit halbem Ohr zuhörte, fragte ich mich, was er mir hatte sagen wollen, bevor wir gestört worden waren.
»Und wann ist es bei dir so weit?« Mist, jetzt hatte ich gar nicht mehr zugehört und konnte ihre Frage nicht zuordnen.
»Was meinst du?«, antwortete ich mit einer Gegenfrage.
»Na, wann bei dir endlich mit Nachwuchs zu rechnen ist. Du bist ja bald dreißig, da hat man biologisch gesehen seine beste Zeit hinter sich.« Ich hätte es wissen müssen! Fast jedes Gespräch mit ihr endete damit, dass sie mir die Freuden der Mutterschaft näherbringen wollte. Worauf ich in meiner derzeitigen Lage durchaus verzichten konnte.
»Ach Corinna, wenn ich schwanger wäre, wäre ich der zweite Fall von unbefleckter Empfängnis und fast einen Eintrag ins Guinness-Buch wert.« Das ließ sie für einen kurzen Moment sprachlos.
»Aber ich dachte, dass du und Herr Berger ... Wie kannst du den nur laufen lassen?« Sie ließ einfach nicht locker. Wollte sie die Exklusivrechte an unserer nicht vorhandenen Geschichte?
»Wie wäre es mal, wenn du dich um deine eigenen Angelegenheiten oder noch besser um die Erziehung deiner verzogenen Kinder kümmern würdest? Dann hättest du wesentlich weniger, worüber du dich beklagen könntest, und würdest dich vielleicht nicht immer in das Leben anderer einmischen.« Ich drehte mich auf dem Absatz um und ließ sie alleine. Ich konnte noch hören, wie sie etwas wie ›arrogante Ziege‹ murmelte, doch das war mir wirklich total egal. Und warum musste ich mich ständig vor allen Leuten rechtfertigen, dass ich nicht mit Phil zusammen war?
Als ich mich am folgenden Samstag mit Marie und Sarah zum Essen traf, war es unvermeidlich, dass die Sprache wieder auf Phil kam.
»Sag mal,
Weitere Kostenlose Bücher