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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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Stühle zu fesseln und mich so lange festzuhalten, bis Phil kam, um mich abzuholen. Sie wollte mich endlich am Mann wissen und Phil erschien ihr als der perfekte Kandidat.
    »Du schläfst also mit ihm, aber mehr ist da nicht?« Patrick war bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nahm. Meine Mutter sog empört die Luft ein und ich warf meinem Bruder einen vernichtenden Blick zu.
    »Eigentlich geht es dich gar nichts an, aber bevor Mama und Papa glauben, sie hätten eine Schlampe als Tochter, will ich dir sagen, dass wir genau das nicht tun. Wir waren vor einiger Zeit zusammen essen, mehr läuft da nicht.« Und das nur, weil ich zu feige bin, zu meinen Gefühlen zu stehen, schimpfte ich mich in Gedanken. Noch in der Nacht zuvor hatte ich zugegeben, dass ich ihn mochte, und nun bei Tageslicht leugnete ich es wieder. Warum konnte ich mich nicht endlich auf ein Gefühl festlegen? War es denn so schwer?
    »Und danach wollte er sich nicht wieder mit dir treffen? Hoffst du, dass er immer noch Interesse an dir hat? Versteh mich nicht falsch, Kleines, ich gebe es wirklich ungerne zu, aber er spielt in einer ganz anderen Liga als du. Ich will doch nur nicht, dass du dir falsche Hoffnungen machst und er dir wehtut!« Seine Worte trafen mich wie Dolche. Dachte selbst mein eigener Bruder, dass ich nicht gut genug war, mit dem ehrenwerten Philemon Berger auszugehen?
    »Was meinst du damit, nicht in seiner Liga spielen? Ja, es stimmt, ich bin nicht so reich wie er und werde es auch niemals sein. Keiner von uns wird jemals nur annähernd so viel Geld haben wie er. Doch wenn es darum geht, dass er sich für mich als Frau nicht interessiert, so muss ich dich enttäuschen. Wenn ich ihm glauben schenken darf, und das tue ich ausnahmsweise, waren wir vor meinem Unfall ein Liebespaar«, platzte es vor lauter Wut auf meinen Bruder aus mir heraus. Erst als ich die erschrockenen Gesichter meiner Familie sah, merkte ich, dass ich mich verplappert hatte.
    »Aber ... aber, wenn du schon mit ihm zusammen warst, bevor du den Unfall hattest, warum wussten wir nicht davon?«, fragte meine Mutter, die sich als Erste gefasst hatte.
    »Ich vermute, dass wir noch nicht so lange ein Paar waren. Was auch erklären würde, warum ich so wenig Zeit für alle hatte. Aber Genaueres weiß ich nicht.«
    »Und warum seid ihr nicht wieder zusammen?«, wollte mein Vater in seiner ruhigen, verständigen Art wissen. Wieder nahm ich einen Schluck Kaffee und einen kleinen Bissen des Kuchens zu mir. Langsam wie in Zeitlupe kaute ich, ich hatte das Gefühl, dass der Kuchen in meinem Mund zu einem klebrigen Brei wurde.
    »Wir warten«, rief Stefan dazwischen. Ich warf ihm einen giftigen Blick zu. Wenn ich ihn zwischen die Finger bekam, gnade ihm Gott. Es würde kein Spaß werden!
    »Wir müssen uns in den Wochen vor meinem Unfall gestritten haben. Worüber , will er nicht verraten, weil er meint, es sei noch zu früh. Aber dann behauptet er wiederum, dass ich ihm wichtig bin, will es mir aber trotzdem nicht sagen. Ich kann auch nicht verstehen, warum er ein so großes Geheimnis drum macht. Wie kann ich mit so jemandem zusammen sein?«
    »Vertraust du ihm?«, fragte mein Vater. Das war eine schwierige Frage, wie konnte ich jemandem vertrauen, den ich im Grunde genommen nicht kannte? Und doch fühlte ich mich in seiner Gegenwart sicher und gut aufgehoben. Er strahlte eine gewisse Ruhe und Verlässlichkeit aus, die ich nicht mit Worten zu beschreiben wusste. Ratlos zuckte ich mit den Schultern.
    »Jein, eigentlich habe ich keinen Grund ihm zu vertrauen und doch hat er eine gewisse Art, die mir vermittelt, dass ich mich jederzeit an ihn wenden kann.«
    »Er hat sicherlich Gründe für sein Schweigen. Hast du ihn mal darauf angesprochen, warum es zu früh ist? Und in einer Sache bin ich mir ganz sicher: Er scheint sehr viel für dich zu empfinden, denn nicht umsonst hat er während deines Aufenthalts bei uns jeden Tag angerufen und gefragt, wie es dir geht», fuhr mein Vater fort. Er hatte nicht unrecht, aber richtig glücklich war ich deswegen noch lange nicht. Ich kam mir vor wie eine Patientin, der man verschwieg, dass sie eine tödliche Krankheit hatte , und sie im Ungewissen ließ, nur damit man sie nicht aufregte.
    »Versteht ihr jetzt, was ich mit kompliziert meinte? Ich weiß nicht, ob er wirklich gut für mich ist. Ich brauche einfach noch etwas Zeit, ich muss über einiges nachdenken. Die Kursfahrt nach London kommt mir da gerade recht.« Ich hatte die Reise

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