Zwischenstation Gegenwart (German Edition)
pure Liebesglück erlebt hatte?
»Zeit ist relativ, es waren zwar einige Monate, aber für mich vergingen sie wie im Flug.« Er sagte dies in einem merkwürdigen Tonfall und seine Augen nahmen einen sonderbaren, träumerischen Ausdruck an. Am liebsten hätte ich ihm den Hals umgedreht, weil er mir nur solche Häppchen hinwarf. Konnte er mal genauer werden?
»Spielte eine Frau eine Rolle?« Schon als ich die Frage gestellt hatte, bereute ich sie. Wollte ich das wirklich wissen? War ich schon bereit, von einer der vielen Frauen zu hören, die es vor mir gegeben hatte?
»Mehrere, aber nur eine war wichtig für mich. Sei mir nicht böse, aber ich möchte derzeit nicht darüber sprechen, diese Zeit ist vorbei und ich kann sie nicht zurückholen.« Sein Blick wandelte sich von träumerisch zu betrübt. Sie musste ihm viel bedeutet haben. Warum war er dann nicht mehr mit ihr zusammen? Aber statt weiter in ihn zu dringen, gab ich seiner Bitte nach und ließ ihn in Ruhe. Es war nicht der richtige Zeitpunkt ihn zu grillen, bis er mir die intimsten Details seines Lebens erzählte. Obwohl ich darauf brannte , zu erfahren, was es mit dieser Frau auf sich hatte und warum sie nicht mehr Teil seines Lebens war.
»Habe ich, als wir zusammen waren, tatsächlich vergessen zu erwähnen, dass ich auf Kursfahrt nach London gehe?«, kam ich auf unser ursprüngliches Thema zurück.
»Kann sein, dass du es mal erwähnt hast, aber glaub mir, zu dem Zeitpunkt waren wir mit ganz anderen Dingen beschäftigt, als uns um die Schule zu kümmern.« Sein unverschämtes Grinsen und der Blick, mit dem er über meinen Körper glitt, machte mir mehr als deutlich, was er damit meinte. Ich spürte, wie sich die verräterische Röte wieder in meinem Gesicht ausbreitete.
»Vielen Dank, dass du mich noch einmal darauf hingewiesen hast, dass wir uns im biblischen Sinne kennen. Es war mir für fünf Minuten entfallen!«, schnauzte ich ihn an.
»Jetzt fang nicht an, dich zu beschweren. Du bist diejenige, die wissen will, was in den letzten Wochen geschehen ist, und wenn ich dann darüber spreche, ist es dir auch nicht recht!«, antwortete er gespielt entrüstet mit vergnügtem Funkeln in den Augen.
»Doch , ist es! Aber musst du mich unentwegt daran erinnern, dass wir anscheinend nichts anderes getan haben, als wie die Kaninchen zu rammeln? Und das soll unsere Beziehung gewesen sein?« Er stöhnte leicht auf und verdrehte die Augen.
»Wir haben nicht nur miteinander geschlafen, glaub mir. Wir haben uns auch unterhalten, oder woher sonst sollte ich die Sache mit Oliver wissen? Wir waren vielleicht nicht besonders lange ein Paar, aber es war mehr als nur ein Flirt und eine Bettgeschichte«, ereiferte er sich. Das Funkeln in seinen Augen war verschwunden und er wirkte, als hätte ihn meine Bemerkung verletzt.
»Sorry, das war nicht fair von mir. Es ist nur alles so verwirrend für mich. Eine meiner letzten Erinnerungen, die ich an dich habe, ist, wie du mit der Mutter einer meiner Schüler ein Date ausmachst. Du hast nichts anbrennen lassen, und kaum sind ein paar Wochen vergangen, willst du dich um 180 Grad gedreht haben? Und ich soll der Grund dafür sein? Das klingt mehr als merkwürdig, oder?«
»Wenn man es aus deiner Sicht betrachtet: ja. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass das , was wir haben, nicht nur auf Sex basiert!« Eindringlich blickte er mich an und erneut spürte ich, wie eines der Bänder um mein Herz zersprang und es ein Stückchen mehr freigab. Ich wusste, dass ich ihm nun nicht mehr lange widerstehen konnte. Es gab immer noch Restzweifel, aber mein Misstrauen ihm gegenüber wurde geringer. Er hatte sich seine zweite Chance verdient und ich musste langsam aufhören, ihn wegen jeder Kleinigkeit anzuzicken.
»Magst du etwas trinken?«, fragte ich ihn und gab ihm so zu verstehen, dass ich wollte, dass er noch länger blieb.
»Gerne«, ging er auf mein Friedensangebot ein.
Es wurde eine lange Nacht, denn kaum hatten wir einmal angefangen uns richtig zu unterhalten, ging uns der Gesprächsstoff nicht mehr aus. Es schien, als sei ein Damm eingebrochen, und die Worte sprudelten nur so aus uns heraus. Diese ungeplante Verabredung war um Klassen besser als die missratene im ›Oxford‹. Erschrocken stellten wir gegen drei Uhr morgens fest, dass wir in wenigen Stunden wieder aufstehen mussten. Zu meinem Bedauern siegte die Vernunft, und wir beschlossen, es für diese Nacht gut sein zu lassen, auch wenn wir noch für Wochen
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