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Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Zwischenstation Gegenwart (German Edition)

Titel: Zwischenstation Gegenwart (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Neumann
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schrieb mit den bereitliegenden Utensilien eine kurze Notiz, riss sie vom Block und reichte Phil das Blatt. Er nahm den Zettel entgegen und überflog ihn kurz, beim Lesen hellte sich seine Miene auf. Dann faltete er das Papier zusammen und verstaute es sicher in seinem Portemonnaie.
    »Soso, egal was ich dir erzähle, es stimmt. Und außerdem stimmt es, dass ich dich liebe und du mich? Das willst du nach zwei Nächten mit mir wissen?«, zog er mich auf.
    »Klingt es kitschig, wenn ich sage, dass ich es tief in mir spüre?«, versuchte ich zu erklären, was mir selbst nicht ganz klar war. Es war ein Gefühl, das ich nicht beschreiben konnte, aber es war vorhanden und ließ sich nicht verleugnen. Vermutlich war es schon immer da und hatte nur seine Zeit gebraucht, bis ich es erkannt und zugelassen hatte.
    »Nein, tut es nicht. Und bevor ich jetzt über dich herfalle, sollten wir uns aufmachen, ansonsten kann ich für nichts mehr garantieren.« Sein Blick sagte mir mit aller Deutlichkeit, dass er nicht übertrieb.
    »Wohin bringst du mich?«, beeilte ich mich zu fragen, da ich befürchtete, dass wir ansonsten wirklich nicht wegkamen. So verführerisch die Aussicht auf Sex mit ihm auch war, im Moment war das zweitrangig.
    »Natürlich dahin, wo alles angefangen hat, ins elisabethanische London«, erwiderte er, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.
    »Zum selben Zeitpunkt wie unsere erste Reise?«
    »Nein, das geht nicht. Kein Zeitreisender darf zweimal zur selben Zeit am selben Ort sein. Ich habe uns das Jahr 1599 ausgesucht. Sollten wir durch einen unglaublichen Zufall jemandem begegnen, den wir von damals kennen, wird das kein großes Aufsehen erregen. Und dass wir jemandem aus 1584 begegnen, glaube ich kaum. Selbst wenn es so sein sollte, dann könnte man immer noch sagen, dass es eine Verwechslung ist.« Ein merkwürdiges Kribbeln überkam mich, vermischt mit einer Riesenportion Aufregung und Vorfreude. Phil nahm seine Mobiltelefon-Zeitmaschine hervor und zeigte mir, wie man die Zeit und den gewünschten Ort einstellte. Es dauerte nicht lange, bis er alles eingestellt hatte, und als alles zu seiner Zufriedenheit schien, nahm er meine Hand in seine. Mit der freien Hand drückte er den Auslöser der Zeitmaschine.

17. Kapitel
     
    Ich weiß nicht genau, was ich erwartet hatte, aber nicht, dass es komplett dunkel um mich herum wurde. Irgendwie hatte ich mir Lichtblitze, vorbeiziehende Landschaften oder Sonstiges vorgestellt, aber dass es einfach nur schwarz wurde, damit hatte ich nicht gerechnet. Doch kaum hatte ich mich daran gewöhnt, kehrte meine Sicht ganz langsam wieder zurück und ich begann, meine Umgebung wahrzunehmen, und leider auch zu riechen. Ich nahm einen tiefen Atemzug, was sich als Fehler herausstellte. Die faulige Luft, die uns umgab, war nun überall und ich konnte nur mit Mühe ein Würgen unterdrücken.
    »Du hättest mich ruhig vorwarnen können, dass es hier so stinkt«, fuhr ich Phil stärker als beabsichtigt an.
    »Und mir den ganzen Spaß verderben? Wo kämen wir da hin?«, antwortete er mit einem unterdrückten Lachen. Ihm schien dieser Ausflug schon jetzt einen Heidenspaß zu machen. Ich warf ihm einen bitterbösen Blick zu, was ihn sofort wieder ernst werden ließ.
    »Lass uns weitergehen, dann wird es erträglicher«, schlug er zur Besänftigung vor und nahm mich beim Arm. Ich nickte und holte noch einige Male Luft, bis ich mich an den ekeligen Geruch aus verfaultem Fleisch, Kloake und Brackwasser einigermaßen gewöhnt hatte, soweit man sich daran überhaupt gewöhnen konnte. Dann ließ ich mich von meinem Begleiter durch die Gassen Londons führen; ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Meinen Augen bot sich das wundersamste Spektakel oder wenn man es genauer betrachtete, das Alltagsleben im Zeitalter Shakespeares. Wir waren wirklich in der Vergangenheit! Mit allem Drum und Dran. Es war unglaublich und doch real.
    Sämtliche letzten Zweifel, die ich bis zu diesem Moment vielleicht noch gehabt hatte, waren beiseite gewischt und ich musste mir eingestehen, dass ich Zeitreisende war. Ich! Ich war durch die Jahrhunderte gereist und stand nun in einer für mich völlig neuen Welt. Leider! Enttäuschung machte sich in mir breit, als ich merkte, dass ich all dies um mich herum zum allerersten Mal sah. Wenn meine Theorie gestimmt hätte, wäre mir die Szenerie ebenso vertraut gewesen wie die Stadt im 21. Jahrhundert. So sehr hatte ich gehofft, dass die Zeitreise meine Erinnerungen

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