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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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aufgehoben hat. Unter den aufmerksamen Blicken der kleinen Gruppe Kneipengäste stürzen sie ihr Wasser runter und verlassen schnell, ohne sich noch einmal umzublicken, die Gaststätte.
    Sie gehen bis zum Rand des Kais und setzen sich auf eine der beiden Treppen. Sie sind unverändert.
    Tio tippt mit der Fußspitze gegen die nächste Stufe. »Ob es Sinn hat, sich mal in der unbewohnten Stadt umzusehen? Vielleicht steht da auch ein Fass mit Wasser.«
    »Kann schon sein«, meint Ayse gleichgültig. »Ich hab bloß keinen Durst mehr.« Sie späht über die ausgetrocknete Sandfläche. »He, sind das vielleicht noch immer diese Forscher?«
    »Wenn das so ist, dann haben sie sich wohl verdoppelt«, sagt Tio. Er beobachtet die Leute, die über den Sand hin und her gehen und eifrig damit beschäftigt sind, in der Erde zu graben, etwas genau anzusehen und dann in Säckchen und kleine schlammverschmierte Behälter zu stecken.
    »Was machen die da?«, fragt Ayse.
    »Bodenproben nehmen«, erwidert Tio.
    »Was?«
    »Ich glaube, sie wollen wissen, was hier alles im Boden steckt.«
    Ayse kneift die Augen zu Schlitzen zusammen und beobachtet die sechs Gestalten eine Weile. »Da sind Runji dabei. Das war beim letzten Mal nicht so.«
    Nach einiger Zeit kommen zwei der Leute über den trockenen Sand zurückgelaufen: eine Runjifrau und ein junger Mann mit schlammverklebten Stiefeln und aufgerollten Hemdsärmeln. Sie steuern auf die Treppe zu, auf der Tio und Ayse sitzen, und obwohl sie zur Seite rutschen, wirft ihnen die Frau doch einen missbilligenden Blick zu.
    »Die Ergebnisse will ich spätestens übermorgen haben«, hören sie sie zu dem Mann neben ihr sagen, »und ich mache mir große Hoffnungen! Wir suchen jetzt schon sehr lange nach diesen Mineralien.«
    Ayse starrt ihnen hinterher, bis sie oben auf dem Kai langsam außer Sicht geraten. Dann schlägt sie sich plötzlich verzweifelt an den Kopf. »O nein! Hoffentlich finden die hier kein Öl oder so was!«
    Tio schaut sie entsetzt an. »Hoffentlich nicht, nein. Da schlagen dann mit Sicherheit auch die Runji zu und werden noch stinkreicher!« Mit der Hand über den Augen späht er noch einmal zu den vier Gestalten draußen. »Auch wenn ich nicht weiß, welche Mineralien sie hier suchen, es ging jedenfalls um etwas Wichtiges. Öl oder was weiß ich, auf jeden Fall ist es etwas, wodurch es dieser Gegend innerhalb kurzer Zeit noch schlechter ergehen wird, wenn es gefunden wird, du wirst sehen. Und die Salzländer verstehen nichts davon, die haben hier nichts als diese erbärmliche kleine Schule. Doch die Alleswisser in Terrasura mit ihren Wissensgesellschaften und ihren Bücherbanken, die werden wohl wissen, wie sie mit diesen Mineralien noch wohlhabender werden können. Dann stehen hier sofort Bohrtürme, und die Bewohner dieser armen Stadt dürfen die verschandelte Aussicht genießen.«
    »Dann werden sie auch noch ganz Salzland versauen, diese miesen Wasserverpester!«, schimpft Ayse mit finsterem Blick.
    Tio bricht in Lachen aus und rutscht beinahe von seiner Stufe. »Du drückst dich immer so gepflegt aus, echt.«
    Es dauert nicht lange, und die vier Forscher auf dem ausgetrockneten Sand machen Feierabend. Sie packen ihre Sachen zusammen und setzen sich in Richtung Kai in Bewegung.
    Tio und Ayse rutschen ein zweites Mal zur Seite.
    Als die Forscher in den Gassen von Sand verschwunden sind, steht Ayse auf. »Ich sehe mir das mal von Nahem an. Kommst du mit?«
    »Wenn du versprichst, dass du nichts anfasst«, murmelt Tio. »Ich hole dich nicht noch einmal aus dem Gefängnis.«
    Sie steigen die Treppe hinunter. Jetzt, wo das Wasser verschwunden ist, gibt es einen ordentlichen Abstand zwischen der unterste Stufe und dem Sand.
    Die Stelle, an der die Forscher gearbeitet haben, ist mit vier Pfosten markiert und mit blau-weißem Band abgesperrt. Mitten in diesem Viereck stehen Werkzeuge, die Tio und Ayse nicht kennen. Sie werden nicht schlau aus dem Ganzen, aber ihre Besorgnis mindert sich dadurch nicht. Die Tatsache, dass die hochmütige Runjifrau sich so hoffnungsvoll geäußert hat, kann nach Ayses Meinung nichts Gutes bedeuten.
    Sie wendet sich von den unbekannten Gerätschaften ab und starrt zu dem Wasser in der Ferne und dann zu den Schleusen der Runji, die vor dem Horizont nicht als solche zu erkennen sind, sondern aussehen wie hässliche grauweiße Bauklötze, die aus einem riesigen Baukasten gefallen sind. Langsam geht sie bis dorthin, wo das Wasser bei Hochwasser geflutet

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