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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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ist. Der Sand wird nasser und dunkler, die Steine, die hier vereinzelt liegen, sind grün von Algen. »Bis hierher kann das Wasser kommen«, stellt sie fest, »wenn sie die Schleuse öffnen. Hier war es nass. Aber höher kommt es nicht mehr.«
    Sie dreht sich um und blickt zur Kaimauer, wo früher die vertäuten Boote auf dem Wasser schaukelten. Es ist ein trostloser Anblick, so ein Hafen, der kein Hafen mehr ist. Auf halbem Weg zwischen der Wasserlinie und der Kaimauer liegt der alte Kahn von Valpa – oder was davon übrig ist – im Sand versunken. Er liegt ganz schief da, weggesackt, umspült und umweht vom Sand, der sich an den Seiten aufgehäuft hat. Im Rumpf klaffen rostige Löcher, und die Farbe ist nahezu ganz verschwunden, abgeschmirgelt vom sandigen Wind, der bei stürmischem Wetter über den ausgetrockneten Boden fegt.
    Ayse geht schnell wieder zum Kai zurück. Das wehmütige Gefühl, das sie überkommen hat, gefällt ihr gar nicht. Es ist unangenehm, solche Dinge zu sehen. Sie zittert und zieht sich schnell auf die unterste Stufe hoch. Sie merkt nicht, dass sie sich dabei die Handflächen aufscheuert, so sehr ist sie davon in Beschlag genommen, möglichst schnell der bedrückenden Situation zu entkommen.
    Tio, der hinter ihr hergeeilt ist, steigt gedankenlos die andere Treppe hoch, um oben angekommen festzustellen, dass sie nun in verschiedenen Welten stehen – Ayse auf dem Kai des unbewohnten Sand, er am Hafen der bewohnten Stadt. Grinsend springt er wieder nach unten und steigt die gegenüberliegende Treppe wieder hoch. »Ayse?«
    Aber Ayse ist weg.
    Verdutzt schaut Tio über den leeren Kai und die unbewohnten Häuser. Er geht ein paar Schritte und lauscht in die Stille. Dann dreht er sich wieder zu der Treppe um, die er gerade heraufgekommen ist.
    Und steht Auge in Auge einem unbekannten Jungen gegenüber. Der Junge ist etwas älter als er selbst; er trägt überwiegend salzländische Klamotten, doch dazu ein T-Shirt, auf dem der Name einer Rockband steht, von der weder die Salzländer noch die Runji je gehört haben dürften.
    Er steht unten an der Treppe und grinst Tio an. »Noch jemand«, hört ihn Tio heiser lachend sagen.
    Über die Stufen zurück zu gehen, ist unmöglich. Er würde dem Jungen direkt in die Arme laufen, und irgendwie kommt Tio das nicht besonders schlau vor. Ihm ist sofort klar, dass das Hugo sein muss, der Junge, der im Gefängnis der Runji verrückt geworden ist. Und jetzt versteht er auch, wo Ayse geblieben ist. Ihr ist ohne Zweifel dasselbe passiert. Auch in ihrer Welt ist plötzlich der Junge mit dem wilden Blick aufgetaucht, und weil er ihr den Weg über die Treppe versperrt hat, wird sie in die andere Richtung geflüchtet sein – in die Stadt.
    Tio versucht, den Jungen einzuschätzen: seine Größe und wie stark er wohl sein könnte. Dann beschließt er, lieber auch davonzurennen.
    Ihm fällt auf die Schnelle nichts Besseres ein, als in Richtung der alten Herberge zu laufen. Das ist der Ort, an den er und Ayse jedes Mal zurückgekehrt sind, und es könnte gut sein, dass auch sie dorthin geflohen ist.
    Das unbewohnte Sand ist nicht viel schöner als das bewohnte, und es ist genauso trostlos. Und auch das Gasthaus kann man, genau wie in der anderen Welt, nur die alte Herberge nennen, so heruntergekommen sieht es aus. Tio sieht sofort, dass hier vor Kurzem jemand gewesen ist: Die Tür hängt schief in ihren Angeln. Irgendjemand, der sich drinnen verschanzen wollte, hat sie aufgebrochen. Ihm ist klar, dass es nicht Ayse gewesen sein kann, die die Tür mit Gewalt aufgebrochen hat. Wahrscheinlich ist es dieser Hugo gewesen, der hier einen Unterschlupf gesucht hat. Tio blickt schnell über die Schulter zurück – die Straße ist leer. Dann betritt er die Herberge.
    Die Gaststube ist düster, und durch die kleinen kaputten Fenster – von denen außerdem die meisten mit Brettern verrammelt sind –, fällt wenig Tageslicht herein. Tio bleibt stehen und lauscht. Raschelt da etwas hinter dem Tresen? Er glaubt etwas zu hören, aber das kann auch eine Ratte oder eine Maus sein. Er räuspert sich. »Ayse?«
    »Tio!« Augenblicklich kommt sie hinter dem Schanktisch zum Vorschein.
    »Im Verstecken bist du nicht besonders gut, ich hab dich gehört.«
    »Weil ich so zittere«, gibt Ayse patzig zurück. »Wo ist der Verrückte? Hast du ihn gesehen?«
    »Ja. Ist es derselbe, der auf dem Markt hinter dir her war?«
    Ayse nickt. »Und er ist ganz schön schräg drauf. Hast du seine

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