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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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an Hugo hier lassen«, sagt Ayse und legt den Zettel wieder auf den Tisch, wo Tio ihn gefunden hat. »Und eine Nachricht an Micky.«
    Tio nickt. Er nimmt den Bleistift und schreibt: »Micky, wir haben mit Hugo gesprochen und ihn zu Buba nach Sandbach auf den Kai geschickt. Viele Grüße, Ayse und Tio.«
    Ayse schaut zum Hinterausgang. »Ich finde ihn unheimlich … aber vor allem tut er mir leid. Stell dir mal vor, du würdest endlos lang im Gefängnis sitzten!« Sie zittert. »Ich kann dir versichern, dass es überhaupt nicht lustig ist in so einer Zelle!«
    Sie gehen durch die leeren Straßen. Fast schon am Stadtrand angekommen, bleibt Ayse plötzlich stehen. »Was hast du noch mal zu Hugo gesagt? Hast du gesagt, dass er auf den Markt in Sandbach gehen soll?« Sie zeigt auf die heruntergekommenen Häuser. »Wir sind hier in Sand, und da gibt es nur ein paar armselige Marktstände.«
    Tio zuckt mit den Schultern. »Er muss einen Level zurück gehen.«
    Ayse macht noch ein paar zögernde Schritte. »Was meinst du mit einen Level zurück?«
    »Mit dem Trick, den Buba Micky gesagt hat.«
    »Welcher Trick?«
    »Sag mal, hast du eigentlich zugehört, als ich dir das alles erzählt hab?«
    »Ich weiß nichts von einem Trick.«
    »Aber natürlich, der Trick mit der Treppe. Dass Buba ihr erklärt hat, wie sie rückwärts gehen kann.« Tio wird unsicher. »Na ja … hm … vielleicht hab ich vergessen, das zu erzählen.«
    Ayse schaut Tio fassungslos an. »Rückwärts? Wieso rückwärts?«
    »Einen zurück. Einen Level. Eine Welt. So wie wir durch die Kiste hin und zurück gehen, sind sie jedes Mal durch einen Koffer gegangen. Und sind auch immer in einer neuen Welt ausgekommen. Aber über die Treppe am Kai kannst du in eine vorherige Welt zurückkehren. Fast auf dieselbe Art, wie du zwischen der bewohnten und der unbewohnten Welt hin und her wechselst, nur eben rückwärts«, erklärt er weiter.
    Ayse bleibt wie angewurzelt stehen. Sie dreht sich um und blickt mit großen Augen auf die Stadt, die sie gerade hinter sich gelassen haben. Dann schaut sie in die Richtung, in der sie den Hafen vermutet. »Meinst du die Treppe am Kai? Einfach über die Stufen?«
    »Ja, zumindest hat Micky das gesagt. Ich selbst hab es noch nicht ausprobiert.«
    Ayse muss ein paarmal schlucken. »Wenn du die Treppe runtergehst und die andere rückwärts nach oben, dann … gehst du einen ganzen Level zurück?« Ihre Augen sprühen Funken, als sie Tio wieder ansieht. »Und das erzählst du mir erst jetzt!«
    »Ich hab gedacht, das hätte ich schon …« Er bricht ab. Ayse ist total wütend. Er zieht die Augenbrauen hoch. »Pfff, was hast du denn jetzt schon wieder? Warum guckst du mich so komisch an?«
    »Tio!«, schreit Ayse fuchsteufelswild.
    Tio will noch etwas sagen, doch ein empfindlicher Schlag in den Magen nimmt ihm den Atem. »Au! Du Zicke! Bist du noch zu retten? Das tut weh!«
    Ayse steht mit geballten Fäusten vor ihm, als wollte sie ihn gleich anspringen. »Das erzählst du mir erst jetzt! Warum gehen wir dann immer noch durch dieses Elend? Durch diese traurige, kaputte Scheißstadt mit ihren erbärmlichen Einwohnern, wenn wir doch einfach zurück können!«
    »Aber was hast du davon?«
    Für einige Sekunden legt Ayse mit einer müden Bewegung die Hände vor die Augen. Sie schüttelt den Kopf. »Du Blödmann, begreifst du das denn nicht? Wenn wir zurück können, können wir auch was machen.«
    Tio beißt sich auf die Lippe.
    Er hat keine Ahnung, was sie machen könnten, aber er sagt lieber nichts und wartet schweigend ab, bevor er wieder als Blödmann bezeichnet wird.
    »Wir können versuchen, etwas zu verhindern«, erklärt Ayse, und ihre Stimme klingt, als hätte sie es mit einem Kleinkind zu tun. »Auch wenn die Menschen auf jedem Level immer wieder dieselben sind und immer gleich alt, verstreicht die Zeit aber für die Welten – für die Gebäude und die Landschaft – sehr wohl. Einen Level zurückgehen, bedeutet, in der Zeit zurückgehen. Wenn wir durch die Geschichte von Salzland zurückgehen, dann könne wir etwas machen, das den Lauf der Dinge verändert.« Sie stößt einen abgrundtiefen Seufzer aus. »Zumindest hoffe ich das.«
    »Aber wie …?« Tio zögert. »Nur wir beide? Glaubst du, dass wir etwas machen können, das so wirkungsvoll ist, dass es alles verändert?« Er schaut noch einmal zurück nach Sand, die arme Stadt, die so grausam getroffen worden ist durch die scheinbar so unbedeutende Tatsache, dass ein

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