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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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bösen Blick zu. »Komm, tu mal nicht so blöd!«
    »Ich tu nicht blöd«, murmelt Tio. »Ich hab das doch nicht extra gemacht. Ich begreif das nicht.« Er zieht Ayse hinter sich in die Kiste. Und wieder nach draußen. Und wieder stehen sie unter den dunklen Bäumen.
    Noch einmal rein – und wieder raus.
    Ayse spürt, wie ihr die Knie weich werden.
    »Wir sitzen irgendwie in einer Art Schleife fest«, sagt Tio mit hoher, unsicherer Stimme. »Wir kommen immer wieder hier in diesem dunklen Wald raus.«
    Ayse schlingt die Arme um sich. Sie zittert. »Du willst mich doch nicht auf den Arm nehmen, oder? Ist das irgendso ein blöder Scherz, den du mit jedem machst, der sich von dir diese blöde Kiste zeigen lässt?«
    »Schön wär’s. Ich versteh doch selbst nicht, was hier vor sich geht.«
    »Ich will gar nicht wissen, was los ist. Ich finde es einfach nur unheimlich hier.«
    »Das ist doch nur ein Wald.«
    »Nur ein Wald?«
    »Lass uns noch einmal durch die Kiste gehen.«
    Zitternd dreht sich Ayse zu Tio um, um ihm nochmals zu folgen.
    Sie winden sich wieder zwischen den schwarzen Brettern durch.
    »Und jetzt«, sagt Tio, »Sind wir hoffentlich …«
    Sie stehen wieder im Zelt seines Vaters.
    »Ja!«, ruft Ayse erleichtert, als sie sieht, wo sie sind. Sie stößt Tio grob zur Seite und wirft ihm einen bösen Blick zu. »Ich geh jetzt sofort nach Hause.«
    Tio will noch etwas sagen. Warum sieht sie ihn so wütend an? Sie denkt sicher immer noch, dass es ein Trick war, mit dem er ihr Angst einjagen wollte. Das Mädchen geht zum Zeltausgang, ohne ihn aus den Augen zu lassen. »Bis morgen?«, versucht es Tio.
    »Pff!«, macht sie empört.
    Die sehe ich nie wieder, denkt Tio. Dann hört er, wie sein Vater »Oh … hm, tschüss« sagt, als Ayse schnell an ihm vorbei aus dem Zelt stolpert. »Warst du nicht gerade schon mal hier? Hm, ja, also tschüss. He, Tio? Bist du da? Hör mal, es geht gleich los. Bist du bereit?«
    Tio brummt eine Antwort und blickt auf die schwarze Kiste. Die Vorstellung fängt gleich an, und dann muss er da wieder rein. Traut er sich das noch? Könnte nicht wieder so was Verrücktes passieren? Er schüttelt den Kopf. Es kann gar nicht anders sei, er muss geträumt haben. Wahrscheinlich hat er auch Ayse nur geträumt. Eine Halluzination. Oder wurde er trotz seines jugendlichen Alters jetzt schon vollkommen verrückt?
    Was für ein idiotischer Nachmittag.

Tio geht über den Platz mit den Wohnwagen und Zelten. Die Ereignisse von gestern geistern ihm noch immer durch den Kopf. Hatte ihm jemand heimlich ein Mittel verabreicht, eines, von dem man Visionen kriegt? Er hat am Abend zweimal den Trick mit dem Verschwinden gemacht, und es ist nichts Komisches passiert. Es lief alles so, wie es sich gehört, ohne dass er in dem Wald rausgekommen ist.
    Die Sonne steht schon heiß am Sommerhimmel, und Tio wirbelt beim Gehen kleine Staubwolken von dem sandigen, teils mit Gras bewachsenen Boden auf. Er zockelt an der Pommesbude vorbei, die noch geschlossen ist, aber drinnen werden schon eifrig Zwiebeln geschnitten. »Hallo«, grüßt er Maxim, und Nadya winkt er im Vorbeigehen zu.
    Ein paar Leute sind noch nicht aufgestanden, auch Seraphina nicht, deren Wagen fest verschlossen ist, die Läden noch vor den Fenstern. Jeder weiß, dass Seraphina abends eine ordentliche Menge Pflaumengenever schluckt und man sie deshalb morgens nicht stören darf. Also schleicht Tio auf Zehenspitzen an ihrem Wagen vorbei.
    Am Rand des Platzes angekommen, bleibt er stehen. Das Gelände, das ihnen diesmal zugewiesen worden ist, grenzt an ein heruntergekommenes Stadtviertel, und Tio blickt auf eine Vielzahl gleichförmiger Dächer und graue Mietblocks. Ob sie wohl da irgendwo wohnt? Er denkt über den seltsamen Nachmittag nach und über das Mädchen, das er getroffen (oder geträumt?) hat. Plötzlich fällt ihm etwas ein. Er dreht sich um und rennt zwischen den Wagen durch, um den Pfannkuchenstand herum und vorbei an der Zuckerwatte. Als er den kleinen roten Buckel sieht, macht er unwillkürlich einen Freudensprung. Das Kuppelzelt steht noch da! Das hat er auf jeden Fall nicht geträumt. Zielstrebig geht er darauf zu. Sie sitzen draußen neben dem Zelt auf einer Decke: Buba und das Mädchen, Ayse.
    »Hallo!«, ruft Tio. »Ihr seid ja schon an der Arbeit.« Er lächelt Ayse an, die ein Bündel farbige Fäden in der Hand hält. »Klappt es denn schon ein bisschen?«
    Ayse macht den Mund auf und wieder zu. »Hm«, sagt sie dann. »So ein

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