Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solomon Northup
Vom Netzwerk:
wiedererlangen würde. Kunde um Kunde kam herein, aber der alte Gentleman kam nie wieder durch die Tür.
     
    Eines Tages, als wir uns im Hof aufhielten, kam Freeman heraus und befahl uns auf unsere Plätze in dem großen Raum zu gehen. Ein Gentleman erwartete uns dort und da von ihm in der Folge dieses Berichts noch mehrfach die Rede sein wird ist eine Beschreibung seines Aussehens und eine erste Einschätzung seines Charakters vielleicht nicht fehl am Platz.
     
    Er war ein Mann von gewöhnlicher Statur, der etwas gekrümmt und nach vornüber gebeugt stand oder ging. Er war ein gutaussehender Mann mittleren Alters. Seine Art hatte nichts Abstoßendes an sich; im Gegenteil fand ich in seinem Gesicht und in seiner Art etwas Freundliches und Anziehendes. Er hatte wohl Anstand gelernt, wie man sehen konnte. Er bewegte sich unter uns und stellte viele Fragen - zum Beispiel nach unseren Fähigkeiten, welche Arbeit wir gewohnt waren, ob wir gerne bei ihm leben würden und gute Sklaven wären, falls er uns kaufen würde, und ähnliche Fragen dieser Art.
     
    Nach einer weiteren Begutachtung und einer Unterhaltung bezüglich des Preises bot er Freeman schließlich tausend Dollar für mich, neunhundert für Harry und siebenhundert für Eliza. Ob nun die Pocken den Preis gedrückt hatten oder Freeman aus anderem Grund meinen ursprünglichen Preis um fünfhundert Dollar senkte kann ich nicht sagen. Auf jeden Fall schlug er nach kurzer scharfsinniger Überlegung in den Handel ein.
     
    Sobald Eliza dies hörte setzten ihre Qualen wieder ein. Zu dieser Zeit war sie bereits sehr abgemagert und ihre Augen lagen vor Krankheit und Sorge tief in den Höhlen. Gerne würde ich die nun folgende Szene in Schweigen hüllen und einfach darüber hinweg gehen. Sie ruft immer noch Bilder ins Gedächtnis zurück, die trauriger und berührender sind als sie jede Sprache ausdrücken könnte. Ich habe gesehen, wie Mütter ein letztes Mal das Gesicht ihres toten Kindes küssen; ich habe gesehen, wie sie ins Grab hinein blickten und die Erde, die dumpf auf den Sarg fiel, diesen für immer vor ihren Augen verbarg; aber nie zuvor habe ich solch einen intensiven und unbändigen Gram erlebt, als nun da Eliza Abschied nehmen sollte von einem weiteren ihrer Kinder. Sie verließ ihren Platz in der Reihe der Frauen, rannte hinunter zu Emily und nahm sie in ihre Arme. Das Kind, das die herannahende Gefahr spürte, klammerte instinktiv seine Hände um den Hals seiner Mutter und legte sein kleines Gesicht auf ihren Busen. Freeman befahl ihr streng sofort ruhig zu sein, aber sie gehorchte ihm nicht. Er ergriff sie an einem Arm und zog sie grob weg, aber sie klammerte sich nur noch mehr an das Kind. Dann verpasste er ihr, unter einer Kanonade von Flüchen, einen derartigen Schlag dass sie rückwärts taumelte und fast gefallen wäre. Oh! Wie erbärmlich klangen ihre Bitten, Gebete und ihr Flehen, dass sie nicht getrennt werden sollten, erst jetzt. Warum konnte man sie nicht zusammen kaufen? Warum durfte sie nicht wenigstens eines ihrer geliebten Kinder behalten? "Gnade, Gnade, Herr!", rief sie und fiel auf die Knie. "Bitte, mein Herr, kauft Emily. Ich kann nicht arbeiten, wenn ich sie nicht bei mir habe: ich werde sterben!"
     
    Freeman schritt erneut ein; aber Eliza missachtete ihn und flehte immer mehr. Sie erzählte, wie man ihr Randall genommen hatte – dass sie ihn nie wieder sehen würde und dass es ihr nicht gut ging – oh Gott! es war so schlimm, so grausam, sie von Emily zu trennen – ihrem Stolz – ihr einziger Liebling, der noch so jung war und nicht ohne seine Mutter leben konnte!
     
    Schließlich, nach vielen Bittgesuchen mehr, trat der offensichtlich gerührte Käufer Elizas nach vorne und erklärte Freeman, dass er Emily kaufen möchte und wie viel sie kosten würde.
     
    "Wie viel sie kostet ? Sie kaufen ?", war Theophilus Freemans rhetorische Frage. Und indem er sie sofort selbst beantwortete fügte er hinzu, "Ich werde sie nicht verkaufen. Sie steht nicht zum Verkauf."
     
    Der Mann bemerkte, dass er eigentlich  niemanden diesen Alters brauchen würde – er könne daraus keinen Gewinn schlagen, aber da die Mutter ihr Kind so liebte, würde er einen akzeptablen Preis für sie bezahlen. Freeman hatte taube Ohren für einen so menschlichen Vorschlag. Er würde Emily heute unter keinen Umständen verkaufen. Man könnte haufenweise Geld mit ihr scheffeln wenn sie erst ein paar Jahre älter wäre. Es gäbe genug Männer in New Orleans die

Weitere Kostenlose Bücher