Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)
diesen herunter trampeln müssen. Wenn die Baumwolle noch nicht trocken ist wird sie nicht zur Wiegestelle gebracht, sondern auf etwa einen halben Meter hohen und mit Brettern oder Bohlen beschlagenen Plattformen gelagert, die mit kleinen Stegen miteinander verbunden sind.
Dies ist aber noch nicht das Ende der täglichen Arbeit, keinesfalls. Jeder muss nun seinen sonstigen Pflichten nachkommen. Einer füttert die Maultiere, ein anderer die Schweine, ein Dritter hackt Holz, und so weiter. Zu später Stunde erreichen die Sklaven schließlich ihre Quartiere, müde und erledigt von der Schufterei des Tages. Dann muss ein Feuer in der Hütte entfacht, der Mais in einer kleinen Handmühle gemahlen und das Essen für den nächsten Tag im Feld vorbereitet werden. Man gestattet ihnen nur Mais und Bacon; das eine wird vor der Scheune, das andere vor der Räucherkammer verteilt – und das pünktlich jeden Sonntagmorgen. Jeder erhält pro Woche ein Kilo Bacon und genug Mais, um sich davon einigermaßen zu ernähren. Das ist alles – kein Tee, Kaffee oder Zucker; die einzige Ausnahme ist hier und da eine Prise Salz. Nach zehn Jahren Aufenthalt bei Master Epps darf ich sagen, dass keiner seiner Sklaven jemals an der Gicht erkranken wird, die von übermäßiger Völlerei verursacht wird.
Master Epps Schweine wurden mit geschältem Mais gefüttert – seinen Niggern wurde er in der Ähre vorgeworfen. Die Schweine sollten schneller Fett ansetzen, wenn man den Mais schälte und in Wasser tränkte – die Nigger würden aber mit der gleichen Nahrung zu fett werden und nicht mehr gut arbeiten. Master Epps war ein gewiefter Rechner und wusste seine Tiere zu behandeln, betrunken oder nüchtern.
Die Maismühle steht im Hof unter einer Überdachung. Sie sieht aus wie eine gewöhnliche Kaffeemühle mit einem Trichter, der etwa einen Liter fasst. Es gab ein Privileg, das Master Epps jedem Sklaven zugestand. Dieser durfte seinen Mais entweder des Nachts in den Mengen mahlen, die er für den nächsten Tag benötigte, oder aber sonntags die gesamte ihm zustehende Menge – ganz wie er es wünschte. Was für ein großzügiger Mann Master Epps doch war!
Ich bewahrte meinen Mais in einer kleinen hölzernen Schachtel auf, das Mahl in einer Kalebasse; und diese ist, nebenbei bemerkt, eines der angenehmsten und am meisten benötigten Utensilien auf der Plantage. Sie dient als Ersatz für alle möglichen Arten von Geschirr in einer Sklavenhütte und wird auch dafür benutzt, Wasser auf die Felder zu tragen. Eine weitere beinhaltet das Mittagessen. Damit war auch der Einsatz von Eimern, Kellen, Wasserbehältern und allem möglichen anderen überflüssigem Zeug hinfällig.
Wenn der Mais gemahlen und das Feuer entfacht ist wird vom Bacon, der an einem Nagel hängt, ein Stück abgeschnitten und auf die Kohlen zum Braten gelegt. Die Mehrheit der Sklaven hatte kein Messer, geschweige denn eine Gabel. Sie schneiden den Bacon mit der Axt aus dem Holzblock. Das Maismehl wird mit etwas Wasser vermischt, ins Feuer gelegt und gebacken. Wenn es "gut braun" ist wird die Asche abgekratzt; dann darf der Bewohner der Hütte endlich auf den Boden sitzen und sein Abendmahl einnehmen. Üblicherweise ist es nun Mitternacht. Die gleiche Angst, die ihn vor der Wiegestelle ergriffen hat, packt ihn auch jetzt, da er sich zur kurzen Ruhe bettet. Es ist die Angst davor, am Morgen zu verschlafen. Solch ein Vergehen wurde mit mindestens zwanzig Peitschenhieben bestraft. Mit einem Gebet, dass er beim ersten Klang der Fanfare auf seinen Füßen und hellwach wäre, sinkt er in seinen nächtlichen Schlummer.
Die weichen Sofas, die es sonst überall gibt, wird man in der Holzhütte eines Sklaven nicht finden. Mein Sofa, auf dem ich mich Jahr für Jahr zur Ruhe begab, war eine Holzbohle von ungefähr dreißig Zentimetern Breite und drei Metern Länge. Mein Kissen war ein Holzstock und mein Bettzeug bestand aus einer groben Decke – sonst gab es keinen Fetzen oder Lappen Stoff. Man konnte Moos benutzen, aber darin hätten sofort Schwärme von Fliegen gebrütet.
Die Hütte ist aus Holzbalken gefertigt und es gibt weder Boden noch Fenster. Letztere waren sowieso unnötig, denn die Hälse zwischen den Balken ließen genug Licht herein. Wenn es stürmt, treibt der Wind dort auch den Regen herein, was außerordentlich trostlos und lästig ist.
Die grob gezimmerte Tür hängt an großen, hölzernen Scharnieren. In einer Ecke der Hütte war eine
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