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Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)

Titel: Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juli Rautenberg
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Weihnachtszeit.
    Nächsten Sonntag ist es so weit, ich habe mich diesmal in einer anderen Stadt angemeldet. In einer etwas größeren, etwas weiter entfernten. Ich habe nämlich beschlossen, dass es am Kleinstadt-Mief lag, dass beim ersten Speeddating nichts Passables dabei war. In Großstädten sind die Menschen offener und an Schnelligkeit gewöhnt, da können sie in fünf Sekunden das Oberflächliche abchecken und in den nächsten 6 Minuten und 55 Sekunden feststellen, dass ich super bin.
    Danach ist Heirat nicht ausgeschlossen, Trauzeugin wird der flügellose Dating-Engel sein, den ich zur Feier des Tages in ein unvorteilhaftes, lachsfarbenes Brautjungfernkleid stecken werde. Ich bin also ganz und gar tiefenentspannt. Das Glück kann nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ideale Voraussetzungen, meine ich.
    Eine wie keiner
    Montag, 21. Dezember um 14:11 Uhr
    Ich bin immer noch entspannt. Selbst als das zweite Speeddaten nicht mehr abzuwenden ist. Mehr als desinteressiert hänge ich mich diesmal an die Theke und betrachte die betont entspannten und betont von sich überzeugten Menschen, die nach und nach in das Etablissement einlaufen. Ich nippe am Kaltgetränk, erspähe nichts Außergewöhnliches und fühle mich wie ein alter Profi auf dem Speeddating-Parkett.
    Plötzlich spüre ich Anwesenheit neben mir und drehe mich fast schon angewidert um. Also wem schon das Speeddaten zu langsam geht, wer nicht abwarten kann, bis das Glöckchen bimmelt, und direkt zum Angraben losschießt, der kann ja nicht ganz knusper sein!
    »Früher dachte ich ja noch, es sei erniedrigend, sich Männer im Internet zu suchen.« Ich muss lächeln. Neben mir sitzt ein hübsches, freundlich aussehendes weibliches Wesen, das sich als Mona und beinahe ebenso verzweifelt wie ich vorstellt. Wir bestellen Long Island Iced Tea, checken die Auslage, überlassen uns großzügig die »Nicht-so-behämmert-aussehenden-Typen« und sind fast traurig, als das Glöckchen erklingt, das uns zur ersten Runde einlädt.
    Mit einem zweiten Long Island Iced Tea am Start datet es sich erfreulich entspannt. Einige Kandidaten lasse ich gar nicht zu Wort kommen, andere frage ich nach einem drei-Minuten Monolog: »Entschuldige, was hast du gesagt?« Einen lache ich von Anfang an aus, bis das Glöckchen wieder klingelt. Klingt gemein, war aber angemessen: Er hatte die Augen verdreht, als er zu mir den Platz wechseln musste. Strafe muss sein.
    Während der ganzen Zeit zwinkern Mona und ich uns zu, erheben die Gläser und verbreiten gute Laune. Mona, dem Alkohol noch mehr erlegen als ich, schreit irgendwann ihren Gesprächspartner an: »Samma, packst du misch grad an, odda was?« Ich kugele mich weg, die anderen grinsen, Mona guckt, soweit in ihrem Zustand möglich, damenhaft pikiert, der Übeltäter schämt sich und wird knallrot. Es wundert mich nicht, dass es derselbe Typ ist, der bei mir schon die Augen verdrehte. Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
    Nach dem Trauerspiel gehen Mona und ich noch böse einen heben und tanzen bis in die Morgenstunden. Ich habe mich ein kleines bisschen verliebt. Nein. Nicht SO verliebt. Sondern so: Mona ist mein lebender Beweis dafür, dass es geht. Dass man eine Person direkt in sein Herz schließen kann. Dass man sich sofort und sehr schnell und absolut intuitiv für jemanden begeistern kann, unabhängig von Geschlecht, Lokalität oder Sehstärke. So soll das sein, beschließe ich, so einfach, so selbstverständlich.
    Und das Daten? Heute habe ich im Internet ein einziges Kreuzchen gesetzt. Bei Niko. Ich fand es so herrlich bescheuert, dass ich um die Weihnachtszeit einen ganz echten, bartlosen Kerl kennenlerne, der im wahren Leben Nikolaus heißt und es auch nach fünf verkorksten Minuten noch schafft, die Katze aus dem Sack zu lassen. Bis zu diesem Zeitpunkt stellte er mir sehr aufrichtige, sehr ernste und sehr langweilige Fragen. Fünf Minuten lang musste ich einen Gähnkrampf verbergen. Fünf Minuten lang schielte ich zu Mona rüber, die einen Industriekaufmann mit Tequila abzufüllen versuchte. Um nicht gar zu unhöflich zu erscheinen, fragte ich Niko irgendwann: »Und, was machst du so?«
    Und er antwortete: »Ich bin Astronaut.«
    Zum ersten Mal merkte ich auf. Astronaut? So ein Blödsinn.
    »So ein Blödsinn«, äußerte ich auch prompt relativ einfallslos.
    »Irgendwie musste ich deine Aufmerksamkeit ja mal vom Nachbartisch lenken.« Oha. Ganz schön frech. Ich musste lächeln. Und dann sah ich genauer hin.

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