Zwoelf Rosen fuer ein Herz
Weinrot, lieà sie gar nicht blass aussehen, obwohl ihre Haut sehr hell war. Ihre Haare waren blond, nicht haferbreifarben, nein, richtig blond, wie leckeres Sahnekaramell. Frau Köhler hielt ihr die Haare am Hinterkopf hoch, sodass Nacken und Hals frei waren. Ãber den kräftigen, aber schön runden Schultern sahen Nacken und Hals ganz zart aus und waren von einigen herabrieselnden Haarsträhnen umspielt. Dann hatte die junge Dame einen netten Busen, weder zu groà noch zu klein, genau richtig und gut verpackt in der mattglänzenden, festen, aber nicht zu engen Korsage des roten Kleides. Darunter gabâs sogar eine richtige Taille und der Dame dicker Po hatte allen Platz der Welt in dem weit fallenden, bodenlangen Rock. Jemand legte ihr einen Finger unters Kinn und klappte ihren Mund zu. Pia.
»Na, du bist ja ein Babe!«, meinte sie grinsend, wobei sie »Babe« so richtig kaugummikauend-amerikanisch aussprach. Wir sahen beide in den Spiegel und brachen in ziemlich hysterisches Lachen aus. Frau Köhler seufzte, aber nicht unfreundlich.
Und dann hatten wir noch ein paar Stunden lang totalen SpaÃ. Wir probierten Kleider in Grün und Kupfer, in Gold und Beige, in Schwarz und Rosa, in Blau und Gelb. Schmale, lange, kurze, enge, mit und ohne Träger. Frau Köhler war der Wahnsinn und bediente und betüddelte uns von vorne bis hinten. Ich glaube, sie hatte selbst am meisten Spaà dabei. Und ganz am Ende mussten wir zugeben, dass sie ihr Handwerk wirklich verstand. Denn die beiden Kleider, die sie uns ganz am Anfang ausgesucht hatte, waren mit Abstand die besten. Es musste nur minimal etwas abgesteckt und geändert werden.
»Die Kleider sind nächste Woche fertig«, sagte Frau Köhler und lächelte uns noch mal zu. »Ich melde mich dann.«
Pia und ich waren noch ganz high, als wir um halb sieben wieder in unseren Alltagsklamotten auf der nasskalten, dunklen StraÃe standen. Fröstelnd und plötzlich mit Bärenhunger. Bei einem ungesunden, aber köstlichen Hamburger mit Pommes gingen wir das Abenteuer noch mal durch.
»Ist ja schon extrem, was fürâne Wirkung so Kleider haben, also so ÃuÃerlichkeiten. Plötzlich ist man ein ganz anderer Mensch«, sinnierte ich mit einem tiefen Blick in meine Cola.
»Jetzt mach hier mal nicht den Malte«, warnte mich Pia.
»Hä?«
»Klopf keine kritischen Sprüche!«, präzisierte sie. Ich war überrascht. Ich rede wie Malte? »Hier geht es um Karneval«, meinte Pia, »und Karneval ist SpaÃ. Und Spaà brauchen wir Menschen, seit Tausenden von Jahren!« Da hatte sie auch wieder recht.
Später am Abend hockte ich dann ungewöhnlich friedlich mit meiner Mutter vor dem Fernseher und wir guckten eine hirnlose, aber spaÃige Show. Zu meiner Ãberraschung fragte sie gar nicht, wie es beim Kleideranprobieren gelaufen war. Wahrscheinlich hatte sie längst mit Frau Köhler telefoniert und wusste nun genau Bescheid über mein Dekolleté, meine Taillenweite und meine KörbchengröÃe ⦠Was sollâs. Hauptsache, sie hielt die Klappe und moserte nicht, als ich mir zwischendurch noch ein Butterbrot machte.
12. Kapitel
A m nächsten Tag war Sonntag und ich genoss es, lange zu schlafen und dann beim Aufwachen endlos von Dominik tagzuträumen. Ich malte mir aus, wie wir im Park spazieren gehen ⦠uns dabei an den Händen halten ⦠wie dann der Golden Retriever auf uns zu läuft ⦠sich streicheln lässt und mit uns spielt ⦠wie Dominik und ich uns später auf einer Bank tief in die Augen sehen ⦠und, und, und.
Als ich endlich aufstand, war es schon fast Mittag. Meine Mutter war schon lange weg, sonntags hatte sie immer ihr langes Schönheits- und itnessprogramm mit Saunabesuch, 1000-Meter-Schwimmen, danach mit Freundinnen Entschlackungstee trinken und was weià ich nicht alles. Also hatte ich meine Ruhe und konnte es mir gemütlich machen, bis ich um zwei zu unserem regelmäÃigen Jeden-zweiten-Sonntag-Mittagessen mit meinem Vater verabredet war. Und als ich da so gemütlich allein zu Hause rumhing, hab ich mal heimlich Lidschatten und Wimperntusche meiner Mutter ausprobiert. Ich versuchte, es so hinzukriegen wie die Make-up-Lady im Kaufhaus. Das gelang nicht 100 Prozent, sah aber trotzdem ganz gut aus. Meine Mutter hatte eine unglaubliche Menge an verschiedenen Farben und Pinselchen. So betonte ich das
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