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Zwoelf Rosen fuer ein Herz

Titel: Zwoelf Rosen fuer ein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Jenner
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Sofa in eine Decke. Ich war ihr gegenüber ungewöhnlich milde gestimmt und machte ihr einen Tee, denn von Kaffee kriegt sie ja Herzklopfen. Mir machte ich einen Kaffee, denn von Tee kriege ich Brechreiz.
    Nachdem wir dann eine Weile auf dem Sofa gelümmelt und Teechen und Käffchen getrunken hatten, ging es ihr besser und ich erwartete jeden Moment den Spruch: »Kind, was trinkst du denn da Kaffee, davon bekommst du doch Herzklopfen«, aber das kam nicht. Das war so ungewöhnlich, dass es mich ganz nervös machte, und so hielt ich die Kaffeetasse extra in ihr Sichtfeld und schlürfte laut und da - starrte sie mich an.
    Â»Kind, was …«, begann sie.
    Â»Ich krieg kein Herzklopfen von Kaffee«, sagte ich schnell. Aber sie starrte mich weiter an und meinte dann: »Du hast dich ja zurechtgemacht!«

    Oh Scheiße! Ich hatte vergessen mich abzuschminken! Was kam jetzt? Spitze Schreie der Begeisterung nach dem Motto »Endlich!«? Ein strenger Blick und dann harsche Kritik an meiner Schminkkunst? Eine Standpauke, weil ich ungefragt an ihre Sachen gegangen war? Nö. Nix von alledem. Stattdessen sagte sie nur: »Sieht gut aus.« Das freute mich ja nun doch. Zu meiner eigenen Überraschung so sehr, dass ich schon wieder Herzklopfen bekam. Ob vom Kaffee oder von der Schminke oder der Aussage meiner Mutter war schwer zu sagen.
    Â»Meinst du, ich sollte das öfter machen?«
    Meine Mutter sah mich lange an, seufzte dann tief und kuschelte sich noch etwas enger in die Decke. »Also, als Inhaberin eines Schönheitssalons müsste ich jetzt natürlich sagen: ›Klar, und nicht nur öfter, du solltest das immer machen! Morgens, mittags, abends, nachts!‹« Dann starrte sie seltsam ins Leere. »Aber in letzter Zeit frag ich mich, ob man’s mit dem ganzen Zurechtmachen nicht auch übertreiben kann.«
    Mir fiel fast der Kaffee vom Mund zurück in die Tasse, so baff war ich. So ein Spruch von meiner Mutter? Die sogar bei meiner Geburt perfekt geschminkt war, davon habe ich Beweisfotos: Ich selbst bin eine halbe Minute alt, rot, zerknautscht und völlig fertig, mein Vater sieht aus, als hätte er gerade den London-Marathon hinter sich, nur meine Mutter, die lächelt mit perfekt gezogenem Lidstrich in die Kamera, frisch gepudert wie der junge Morgen. Und jetzt? Meine Mutter, die noch nie ohne Lippenstift zum Bäcker gegangen ist, sagt solche Sachen?
    Noch bevor ich was erwidern konnte, ging’s weiter mit ihren seltsamen Kommentaren: »Weißt du, Annette …« - nicht »Nettchen« - »… irgendwie bewundere ich dich ja dafür, dass du so eins zu eins rumläufst. Ganz ohne Deko und Schleifchen
und Püderchen. Dass du nicht versuchst, immer alles besser zu machen, als es ist …«
    Â»Ã„h, findest du das jetzt blöd mit dem Schminken?«, fragte ich vergrätzt, denn der kann man’s ja nun wirklich nicht recht machen!
    Â»Nein, nein! Das sieht gut aus, wirklich!« Jetzt sah sie mich ganz lieb an und nahm sogar meine Hand. »Ich denk nur, der goldene Mittelweg, der ist der richtige. Und damit meine ich vor allem mich selbst …«
    Waren es die Kopfschmerztabletten, der Tee, die Kombination aus beidem, oder was war los mit ihr? Meine Mutter bekam einen richtigen tief philosophischen Offenheitsflash mir gegenüber: »Ich werde ja bald vierzig und ich geb’s nicht gerne zu, aber ich komm damit gar nicht gut klar. Jede neue Falte macht mich fertig, jedes neue graue Haar zieht mich runter …«
    Â»Aber du hast doch gar keine Falten und keine grauen Haare«, rief ich, ganz wahrheitsgemäß.
    Sie lächelte wieder. »Man sieht sie nicht, weil ich ein Profi bin. Aber klar hab ich die. Egal wie viel ich creme, töne oder jogge, ich werde nicht jünger.«
    Â»Och Mama! Du bist jung!« Jetzt tat sie mir richtig leid.
    Â»Nein, nein, ich bin höchstens noch halb jung. Aber das ist es auch gar nicht. Ich hatte vorhin plötzlich so eine Art Erleuchtung … Beim 1000-Meter-Schwimmen …«
    Â»Och nöö, bitte jetzt nicht wieder einen Vortrag über die tollen Wirkungen von Ausdauersport, so von wegen Glückshormone ausschütten und so«, rief ich, denn den Scheiß hatte ich oft genug gehört.
    Â»Nee, keine Angst«, lächelte sie, »ganz anders! Ich hatte plötzlich, also ehrlich gesagt schon nach der dritten Bahn, so richtig die Schnauze voll von

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