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Zwoelf Rosen fuer ein Herz

Titel: Zwoelf Rosen fuer ein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Jenner
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an. Braucht man manchmal eine zu schwache Brille, um endlich klarzusehen??

    Ich setzte die Brille wieder auf und zog die Spülung. Dabei war mir, als ob ich die ganze Dominikerei wegspülte. Befreiend. Und dann an den Waschbecken, da wusch ich mir die Hände, sah in den Spiegel, rückte das Krönchen noch mal zurecht und erkannte: Ich brauch keinen Dominik. Ich bin eine Königin. Und selbst wenn ich nur verkleidet bin, dann aber verdammt überzeugend! Ich grinste mich an und machte mich auf den Weg. Den Golden Retriever zu finden!
    Das war dann allerdings ein verdammt schwieriges Unterfangen. Ich schob und drängelte mich mindestens eine Dreiviertelstunde lang durch die schunkelnden Massen und jedes Mal, wenn ich irgendwo ein Stück hellbraunen Plüsch erspähte, blieb mir das Herz stehen und ich pirschte mich aufgeregt heran. Aber jedes Mal stellte es sich als Hasenkostüm heraus. Oder als Känguru. Oder als Löwe. Ich wurde schon richtig sauer auf all diese Tiere, obwohl die ja völlig unschuldig waren. Pia konnte mir bei der Suche nicht helfen, weil Ole sie mit Beschlag belegt hatte. Wir verabredeten noch, dass wir uns um Viertel vor elf am Ausgang treffen, falls wir uns aus den Augen verlieren sollten. Und sofort danach verlor Pia mich aus den Augen, denn sie und Ole tanzten ab da nur noch. Eng und immer enger.
    Na super, bleibt nur Nerd-Annette mal wieder ohne Kerl, dachte ich grimmig. Aber da sah ich wieder hellbraunen Plüsch, hechtete voll wilder Hoffnung hin - doch nein! Wieder ein verfluchter Hase! Der Insasse des Hasenkostüms war sichtlich enttäuscht, dass ich ihn erst fast angesprungen hatte und dann aber nicht mit ihm tanzen wollte. Aber auf Hasengefühle konnte ich jetzt keine Rücksicht nehmen, denn meine Stimmung drohte zu kippen, von grimmig zu frustig. Ich wandte mich Richtung Ausgang, um im Treppenhaus etwas frische Luft zu schnappen.

    Und da stand er. Der Golden Retriever. Direkt vor mir. Und sah mich an. Mich, Annette, die Fette. Oh, ich korrigiere! Mich, Annette, die Rosenkönigin, die sich sofort befahl, sich entsprechend königlich zu halten: gerade und würdevoll. Der Golden Retriever machte eine Art Hofknicks und bot mir formvollendet seine Pfote, äh, Hand. Ich nahm sie. Herzklopfend. Wir gingen zur Tanzfläche. Das war nicht weit, denn inzwischen war längst die ganze Aula zu einer einzigen Tanzfläche geworden. Dort nahm mich der Golden Retriever in seine Vorderbeine, äh, Arme und wir tanzten. Zu »Es war einmal ein treuer Husar«. Also, er konnte das nicht tanzstundenmäßig, genauso wenig wie ich, aber er bewegte sich anmutig im Takt und führte mich linksherum und rechtsherum, sicher, einfühlsam und sanft. Wie man das bei einem Golden Retriever ja auch erwarten kann.
    Und ich kann hiermit ganz offiziell bestätigen, dass es stimmt, was man immer hört: Wenn man mit dem Richtigen tanzt, dann ist es ein Schweben. Raum und Zeit gibt es nicht mehr. Nur noch die Musik existiert und zwei Menschen in vollkommener Harmonie. Egal wie bescheuert die Musik auch ist. In unserem Fall war das nächste Stück »Wer hat dir die Rose auf den Hintern tätowiert«. Aber das war völlig egal. Wir schwebten gemeinsam dahin. Ja, Kitschalarm. Aber allerhöchste Stufe.
    Irgendwann brauchten wir eine kleine Tanzpause und der Golden Retriever geleitete mich an den Rand des Geschehens. Noch hatten wir kein Wort gewechselt und ich wurde schrecklich nervös, was ich jetzt sagen sollte, wenn er mich ansprach. Das tat er aber nicht. Er sah mich nur ziemlich weggetreten an hinter seiner Golden-Retriever-Bemalung. Sehr dunkle Augen hatte er, ganz wie es sich gehört. Wie er sonst ohne das Kostüm und die Bemalung aussah, war schwer auszumachen.
Er war genau richtig groß, genau richtig für das Meinen-Kopfan-seine-Schulter-Legen, was ich zum Lied »Bei uns im Veedel« auch gemacht hatte … Er war nicht dick, aber auch nicht dünn, er passte einfach. Er war rundherum wunderbar.
    Nur … Was sag ich jetzt? Was sag ich jetzt? Was sag ich jetzt? Die Frage ratterte in Endlosschleife durch mein Hirn, bis mein vor Aufregung zermatschter Verstand schließlich folgenden, sensationell intelligenten und originellen Satz herausbrachte: »Tolle Fete, nö?«
    Gespannt wartete ich auf seine Antwort, auf den Klang seiner Stimme. Was kam, war ein tiefes, warmes »Wuff«.
    Nee, wie süß! Ich musste lachen.

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