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Zwoelf Rosen fuer ein Herz

Titel: Zwoelf Rosen fuer ein Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Jenner
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»Sollen wir was trinken?«, fragte ich, schon lockerer. Ein freudiges Hecheln vermittelte Zustimmung. Kurz darauf tranken wir eine Cola und sahen uns dabei lange in die Augen. Passend zum Lied, das gerade gespielt wurde: »Schau mir in die Augen, ganz, ganz tief hinein …« Immer, wenn ich etwas fragte, antwortete er streng nach Kostüm: »Wuff«, »Harf, harf« oder »Wa-huuu!« Das machte er so überzeugend und niedlich, dass ich jedes Mal lachen musste. Klar, ich hätte gern richtig mit ihm geredet, aber das hatte ja Zeit. Schließlich war der Abend noch lang, es war ja gerade mal …
    Schock! Donner! Herzstillstand! Es war zwei Minuten vor elf! Ich war seit 13 Minuten mit Pia am Ausgang verabredet! Und um elf war hier Schluss für alle unter 16! Außerdem hatten wir meiner Mutter und Pias Eltern hoch und heilig versprochen, um spätestens 20 nach elf nach Hause zu kommen, zusammen im selben Taxi. Ich musste Pia finden, ich musste den Namen des Golden Retrievers erfahren, wir mussten unsere Handynummern austauschen … In völliger Hektik brabbelte ich: »Bleib hier stehen, ich such nur schnell meine Freundin, bin sofort wieder da, nicht weggehen, o. k.?« Er
nickte und hielt die Hände unter sein Kinn, ganz wie ein folgsamer Hund. Um ein Haar hätte ich über seinen Kopf gestreichelt, aber das hab ich mich dann doch nicht getraut. Wir sahen uns noch einmal tief in die Augen, dann musste ich mich schweren Herzens losreißen und war auch schon im Gewühl verschwunden.
    Und das Gewühl hatte es in sich. Es war geradezu infernalisch. Letzter Samstag vor Weihnachten im Kaufhaus hoch zehn. Grauenhaft. Das völlige Chaos! Kein Wunder, denn schließlich machten sich zur selben Zeit Hunderte von anderen auf den Weg nach Hause, eben alle, die unter 16 waren. Es machten auch schon die ersten Lehrer die Runde und checkten Ausweise … Fast war ich am Ausgang. Aber wo war Pia? Wo war Pia? Wo war Pia? Ich hätte schreien können. Da packte mich jemand an der Schulter.
    Â»Hey, da bist du ja! Wir müssen uns beeilen!« Pia! Sie hatte schon unsere Sachen von der Garderobe geholt und wollte mich aus der Aula ziehen. Aber ich stemmte die Fersen so in den Parkettboden, dass meine Absätze sicher schreckliche Furchen im Holz hinterlassen haben.
    Â»Ich muss dem Golden Retriever meine Handynummer geben!«, keuchte ich und riss mich von Pia los. Die guckte mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle - realistische Einschätzung, muss ich zugeben -, und dann wurde sie auch schon von einer Traube von Neuntklässlern mitgerissen.
    Ich wühlte und drängelte mich unterdessen wie eine Irre entgegen der allgemeinen Marschrichtung, bis ich endlich wieder am Getränkestand angelangt war. Aber da war kein Golden Retriever mehr. Der Platz, wo er gewesen war, war leer.

29. Kapitel
    A b diesem Moment habe ich nur noch vage Erinnerungen an den Abend. Irgendwie muss ich kurz nach dem Schock am Getränkestand unserem Physiklehrer Bömmelchen in die Arme gelaufen sein, der mich freundlich, aber bestimmt aus der Aula warf. Dass er dabei sehr nett sagte: »Ein tolles Kostüm, Annette!«, konnte ich in meinem verzweifelten Zustand natürlich nicht würdigen. Irgendwo vor der Schule fand ich Pia, sie war verdammt sauer und schubste mich ruppig in ein Taxi, als sie endlich eins aufgetrieben hatte. Zu Hause gab es dann sensationellen Ärger mit meiner Mutter, weil wir fast eine halbe Stunde zu spät waren. Aber interessierte mich das? Nicht die Bohne. Denn ich war völlig außer mir, weil ich mein Glück verpasst hatte. Für mich gab es jetzt nur noch eins: Ich musste ihn finden, den Golden Retriever.
    Entsprechend quasselte ich Pia damit voll, beim Aus-den-Rosenköniginnenkleidern-Schlüpfen, beim Abschminken, beim Ins-Bett-Gehen und im Bett. Ich entwickelte Strategien: »Systematisch von Karnevalssonntag bis Karnevalsdienstag die Straßen durchkämmen und alle Kostüme aus hellbraunem Plüsch überprüfen« oder »Zettel auslegen an der Schule und auch sonst in der Stadt, also einen Steckbrief, gesucht: Golden Retriever«. Vor lauter Quasseln merkte ich nicht, dass Pia gar nichts sagte. Erst als wir dann im Bett lagen und das Licht
schon aus war und ich gerade laut überlegte, wie hoch die statistische Wahrscheinlichkeit war, dass ich den Golden Retriever finden würde, und wie blöd es doch war, dass

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