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Zwoelf Schritte

Zwoelf Schritte

Titel: Zwoelf Schritte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilja Sigurdardóttir
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langsam, was das zu bedeuten hat. Sie ruft zuerst Njörður an, berichtet ihm von den Neuigkeiten und ordnet an, dass die Leiche von Bjarni Jóhannes nochmals sehr genau untersucht werden muss, da nicht länger von Unfall oder Selbstmord ausgegangen werden kann. Am Ende des Gesprächs schreit sie beinahe in den Hörer. Sie will alles wissen, egal ob sie an seinem Körper den Einstich einer Spritze, ein Sandkorn oder ein fremdes Haar finden. Anschließend teilt sie einem Vorgesetzten mit, dass ein Profiler eingeflogen werden muss. Nachdem sie offensichtlich eine Zusage bekommen hat, ruft sie Anna an, die Sekretärin der Kriminalabteilung, und bittet sie, die «durchgedrehte Tante» zu kontaktieren und sie so schnell wie möglich herzuholen. In ihrem letzten Gespräch verlangt sie eine Analyse der Proben, die von Egills Freund Aðalsteinn genommen wurden. Sie sollen auf Drogen und Medikamente untersucht werden. Mittlerweile fahren wir erneut an den Treibhäusern von Hveragerði vorbei, und die Hochebene scheint wieder passierbar zu sein, das Schneetreiben hat nachgelassen.
    «Glaubst du, dass es ein und derselbe Mörder ist?», frage ich leise und mit brüchiger Stimme.
    «Ich habe das starke Gefühl», sagt sie, «dass da etwas Größeres dahintersteckt.»
    «Ja, ich auch», antworte ich.
    «Ach nein?! Vielleicht entwickelst du dich ja noch zu einer Polizeispürnase und entdeckst ganz neue Fähigkeiten an dir!» Wir lachen kurz auf, doch keiner von uns ist zum Lachen aufgelegt.
    «Ich will herausfinden, ob es Gemeinsamkeiten bei der Todesursache gibt», sagt sie ernst, und ich nicke. Wir vereinbaren, dass ich in den nächsten Tagen so viele Meetings wie möglich besuchen und mich noch gezielter umhören werde.
     
    «Ich rufe dich an, sobald ich irgendwelche Resultate habe», sagt Iðunn, als ich vor meinem Haus aus dem Wagen steige.
    «Ja, unbedingt», erwidere ich, aber sie wartet meine Antwort nicht ab, sondern wirbelt mit dem Auto herum und braust davon. Das Wetter in der Stadt ist viel angenehmer als auf der Hochebene, also schnappe ich mir meine Badehose und ein Handtuch und gehe ins Schwimmbad. Es weht ein strenger Wind, doch es schneit nicht mehr, und der Gedanke an das heiße Wasser treibt mich an. Ich sitze lange im Hot Pot, bis ich durch und durch aufgewärmt bin und die Haut an den Fingern zu schrumpeln beginnt. Dann schwimme ich mit schnellen Zügen ein paar Bahnen. Nach und nach stabilisiert sich meine Atmung, und das kühle Wasser bringt mich auf andere Gedanken. Meine Bauchmuskeln entspannen sich. Zum Schluss schwimme ich etwas langsamer und lasse mich erneut dazu verleiten, mich einen kurzen Augenblick in den Hot Pot zu setzen und die Augen zu schließen. Mein Magen fängt an zu knurren, und so verlasse ich gut durchblutet und hungrig wie ein Wolf das Schwimmbad. Doch das Wetter ist so mies, dass ich keinen Abstecher zur Würstchenbude mache. Auf dem Nachhauseweg überlege ich mir, was ich im Kühlschrank habe. In der Wohnung schmeiße ich die Badetasche und die Jacke auf den Boden und steuere direkt auf den Kühlschrank zu. Ich belege eine dicke Scheibe Vollkornbrot mit einer Scheibe Geflügelwurst, Gemüse und Käse und schiebe sie in die Mikrowelle. Dann mische ich mir ein Glas Ananassaft. Ich verschlinge das Essen wie ein ausgehungertes Raubtier und studiere dabei die kleine blaue Tabelle mit den Meetings. Wenn ich mich beeile, könnte ich beide Treffen besuchen, die Jón Ágústs Freund angestrichen hat. Ich nehme ein Paar Jeans von der Wäscheleine, kämme mich und benutze einen Hauch Rasierwasser. Mit schlechtem Gewissen werfe ich einen Blick auf das schmutzige Geschirr in der Küchenspüle. Aber das kann warten.
     
    Ich setze mich so hin, dass ich von dem kleinen Raum im oberen Stock des Versammlungshauses direkt auf den Stadtteich Tjörnin blicken kann. Auf den Tischen stehen Kaffeekannen, und ich nehme mir eine Tasse, da ich ja zwei Meetings hintereinander besuchen will. Mir ist es egal, ob ich danach die ganze Nacht wach liege. Nach dem Besuch im Schwimmbad fühle ich mich immer erfrischt, und es ist herrlich, am Kaffee zu nippen und zu spüren, wie die Hitze sich auch im Magen ausbreitet. Ich bin etwas zu früh, und die Versammlungsgäste trudeln erst langsam ein. Es ist ein Männermeeting, und ich erkenne einige Gesichter wieder. Nicke einigen zu, schlürfe meinen Kaffee und frage mich, ob irgendeiner von den Anwesenden möglicherweise der Mörder ist. Ein Stöhnen und Ächzen von der

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