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Zwoelf Schritte

Zwoelf Schritte

Titel: Zwoelf Schritte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilja Sigurdardóttir
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den Garten und schaue zu den Fenstern von Atlis Wohnung hoch. Es ist alles dunkel, nur im Wohnzimmer flackert ein bläuliches Licht hinter den Gardinen. Er schaut fern. Ich gehe wieder zum Auto. Nachdem ich dort noch einmal eine Stunde gesessen habe, beschließe ich, dass er wohl den Rest des Abends vor dem Fernseher abhängt, und fahre los.
     
    Ich lasse mich in der Hotellobby nieder, während der Mann an der Rezeption Megan in ihrem Zimmer anruft, um ihr zu sagen, dass ein Herr hier unten auf sie warte. Sie kommt im Schlafanzug herunter und scheint sich nicht darum zu kümmern, dass Hotelangestellte und Gäste fragend die große Frau im rosa Kaninchenanzug anstarren. Wie immer freut sie sich, mich zu sehen.
    «I miss you from the investigation», sagt sie.
    «Richten sich die Ermittlungen jetzt nicht gegen mich?», frage ich verdrossen.
    «Mach dir deswegen keine Sorgen, sie haben eben die Pflicht, den zu verdächtigen, der zuletzt mit dem Opfer geschlafen hat.»
    «Mir kam es vor, als hätte Njörður mich ernsthaft unter die Lupe genommen.» Megan stutzt ein bisschen, und ich schaue sie fragend an.
    «Es wäre besser gewesen, du hättest uns alles über deine Unternehmungen in der Nacht, in der Fríða überfallen wurde, erzählt», sagt sie.
    «Was meinst du?» Ich versuche mich zu erinnern, was ich im Verhör gesagt habe.
    «Nun, du bist auf zwei Partys gewesen, die du nicht erwähnt hast, hast mit einer Frau rumgemacht, deren Identität sie immer noch nicht herausgefunden haben, warst in eine Schlägerei unten in der Stadt verwickelt und bist einen Gutteil der Nacht auf Fríðas Türschwelle gelegen wie ein Wachhund.»
    «Eher wie ein toter Hund», sage ich und versuche so gut es geht, die Bruchstücke der Erinnerung zusammenzusetzen. Ich erinnere mich, dass ich auf Fríðas Treppe eingeschlafen bin, an den Zusammenstoß mit Atli, aber ich erinnere mich nur an eine Party, und an eine Frau kann ich mich überhaupt nicht erinnern.
    «Dann das mit dem Handy», sagt Megan.
    «Welches Handy, was meinst du?»
    «Du sagtest uns, dass du Benedikt nur von den Meetings kennst, aber nach der Gesprächsübersicht von deinem Handy seid ihr offensichtlich am Tag vor seiner Ermordung in Verbindung gewesen.»
    «Benedikt, welcher Benedikt?»
    «Unser dicker Freund in Norðurmýri.»
    «Den habe ich nie angerufen …» Verwirrung macht sich einen Moment in meinem Hirn breit, bis mir einfällt, dass mein Handy weg war.
    «Ich hatte mein Handy verloren!», rufe ich. «Ich habe es erst … gestern …»
    «Ach, Magni, das klingt aber jetzt wie eine sehr billige Entschuldigung.»
    «Aber es stimmt! Du musst mir glauben.» Einen Moment erfüllt mich Verzweiflung, und Zeit und Geschehen nehmen verzerrte Formen an, sodass ich die Reihenfolge der Ereignisse der letzten Tage nicht mehr richtig zusammenkriege.
    «Hey, hey, cheer up», Megan reicht mir ein Taschentuch, und da merke ich erst, dass mir die Tränen über das Gesicht laufen. Ich wische mir das Gesicht ab und erinnere mich dann zu meiner Erleichterung an die Frau an der Kasse im Laden.
    «Ich habe mein Handy nach der Sitzung am Dienstagabend vermisst und bekam es erst wieder in einem Laden in der Njálsgata an dem Tag zurück, an dem Benedikt gefunden wurde, war das nicht am Donnerstag?»
    «Doch, doch.»
    «Die Frau in dem Laden kann bestätigen, dass das Handy dort auf dem Fußboden gefunden und bei ihr abgegeben wurde, und von ihr habe ich es wiedergekriegt. Und sie hat Iðunn angerufen, die mir Bescheid sagte, sie ist wohl auch noch auf das Handy eingetragen. Iðunn werdet ihr ja wohl glauben!»
    «Okay», sagt Megan und fixiert mich einen Moment. «Dann muss ich morgen herausfinden, wer das Handy im Laden zurückgelassen hat.»
    «Danke, dass du mir glaubst», sage ich aufrichtig.
    «Umarmen sich nicht alle immer nach einem Meeting?», fragt Megan, und ich verstehe nicht, in welchem Zusammenhang die Frage steht.
    «Doch, ja.»
    «Hast du an dem Abend, an dem dein Handy verschwunden ist, viele umarmt?» Jetzt verstehe ich, was sie meint, und versuche mich zu erinnern, wen ich an jenem Abend getroffen habe, aber durch das Gedränge beim Hinausgehen hätte jeder die Gelegenheit gehabt, mir heimlich das Handy aus der Tasche zu ziehen.
    «Aber warum sollte mich jemand zum Verdächtigen machen wollen?», frage ich, und in meinen Ohren summt es vor lauter Nachdenken.
    «In diesem Fall sind nicht die Gründe entscheidend – sondern die Verbindungen. Man spielt mit

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