Zwölf um ein Bett
seinen guten Bekannten gab. Seine Nase hatte eine ganz normale Färbung. Oliver hätte gern gewußt, wie lange es dauern würde, bis er die Familie so gut kannte, daß er seine Unsicherheit verlieren würde. Elisabeth kam mit einem vollbeladenen Tablett herein, um den Tisch zu decken, und beide Männer sprangen auf. »Danke, es geht schon; ich bin es gewohnt, es wird keine Minute dauern«, sagte sie und hob den kleinen Tisch wieder auf, den Fred, auf dem Wege ihr zu helfen, umgestoßen hatte. Oliver sah, daß Kenneth von ihrer Erscheinung beeindruckt war und offensichtlich herausbekommen wollte, ob sie ein besseres Hausmädchen war oder eine Freundin des Hauses oder zur Familie gehörte.
Wie sie sich so flink im Zimmer bewegte, machte sie im Gegensatz zu den beiden verlegenen Männern ganz den Eindruck, als ob sie zu Hause wäre. Oliver konnte sich sein Zimmer ohne ihre belebende Anwesenheit nicht mehr vorstellen. Wie würde es sein, wenn er morgens von jemandem geweckt würde, der weniger frisch und sauber aussah? Niemand konnte so adrett aussehen wie Elisabeth vor dem Frühstück. Wie würde es sein, wenn man niemanden mehr hätte, dem man alles sagen konnte, was die anderen nicht verstanden? Zugegeben, Elisabeth gab nicht immer eine Antwort, und tat sie es doch, so war sie manchmal nichtssagend und manchmal wegwerfend und manchmal sogar ungezogen, aber schließlich wußte sie doch immer, was er meinte. Irgendwie verstand sie sein Wesen, wenn sie anscheinend auch nicht besonders interessiert an ihm war. Das ihrige war ähnlich: in sich zurückgezogen, unabhängig und gelassen. Er hatte es schon lange aufgegeben, ihr den Hof zu machen. Alle Versuche, mit ihr zu flirten, glitten ab und hinterließen in ihm ein Gefühl der Selbstverachtung. Arnold Clitheroe mußte eine bessere Taktik haben; er hätte gern gewußt, wie er es anstellte. Es war schwierig, sich vorzustellen, daß Elisabeth ihre Zurückhaltung aufgeben könnte. Vielleicht tat sie es auch niemals, und Clitheroe liebte eine ausgewogene und polierte Statue. Oliver glaubte, Elisabeth jetzt genug zu kennen, um zu wissen, was sie dachte. Seit dem Beginn der Hochzeitsvorbereitungen war sie stiller und in sich gekehrter denn je zuvor, erledigte Hunderte von Dingen, um die man sie nicht gebeten hatte, ohne sich jedoch an Plänen und Diskussionen zu beteiligen. An der Hochzeit schien sie nur hinsichtlich der Arbeit, die sie machte, interessiert zu sein. Sie nahm in aller Ruhe die Aufträge entgegen und erledigte sie mit vollem Erfolg. Sie hatte Violet eine wirklich sehr schöne Brosche geschenkt, die diese gar nicht zu würdigen wußte.
»Das ist wirklich sehr großzügig von ihr«, sagte Mrs. North gerührt. »Es ist eine wertvolle Brosche.«
»Vielleicht ein Geschenk von ihrem Freund«, sagte Heather. Arnold Clitheroe schien Elisabeth eine ganze Menge zu schenken. Er schien sehr hinter ihr her zu sein, nach allem, was man aus Elisabeths zurückhaltenden Antworten auf Olivers Fragen schließen konnte.
Heute abend sah sie ungewöhnlich erhitzt und rosig aus, und ihre Augen lachten, als ob sie innerlich erregt wäre. Sie hatte die erstaunliche Konzession gemacht, zwei Cocktails zu trinken. Fred und Ken waren aufgefordert worden, ins Wohnzimmer hinüberzukommen und den anderen Gesellschaft zu leisten. Oliver beobachtete Elisabeth, wie sie den Tisch deckte und ihn dann prüfend überblickte, wobei sie auf einem Bein stand, wie immer, wenn sie nachdachte. »Diese Heirat, bringt sie Sie nicht auf den Gedanken, es ebenso zu machen?« sagte er plötzlich.
Sie blickte ruhig zu ihm hinüber. »Ich glaube schon, daß ich eines Tages heiraten werde«, sagte sie. »Ich habe nicht die Absicht, immer Krankenschwester zu bleiben.«
»Und Sie könnten natürlich nicht nach Hause gehen. Ich schließe das nur aus dem, was Muffet berichtete.«
»Muffet«, sagte Elisabeth und legte ein Messer ordentlich neben einen Suppenlöffel, »ist eine alte lügnerische Klatschbase. Sie würde alles behaupten, nur damit es so aussieht, als ob sie mehr wüßte als alle anderen.«
»Sie wollen doch nicht wirklich mit ihr gehen und bei ihr leben, nicht wahr, so wie sie es vorhat?«
»Ich nehme an, es gibt Schlimmeres. Aber die Sache ist mir etwas zu unsicher. Ich möchte möglichst immer auf der Seite des Gesetzes bleiben.«
»Mit jemandem wie Arnold Clitheroe, zum Beispiel. Jemand mit einem solchen Namen könnte niemals etwas Unrechtes tun.«
»Es könnte Schlimmeres für mich
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