Zwölf um ein Bett
geben.«
»Liz, Sie wollen doch nicht wirklich...? Nun, der Mann muß doch ungefähr fünfzig sein. Viel zu alt für Sie, wenn er auch noch so nett ist.«
»Ich könnte, wenn ich wollte, aber ich habe mich noch nicht entschieden. Ich sagte ihm, ich müßte mir die Sache noch durch den Kopf gehen lassen.«
»Dann bringen Sie mich in Gottes Namen um und gehen Sie zu ihm«, sagte Oliver ergrimmt. »Gehen Sie und ruinieren Sie Ihr Leben.«
»Warum sollte ich nicht heiraten?« fragte sie. »Andere Frauen tun es doch auch. Und es ist doch so, daß es als ein Unglück angesehen wird, wenn sie es nicht tun. Sehen Sie doch Vi an. Ich meine, ohne daß ich ungezogen sein will, keiner kann sagen, daß Fred ein idealer Ehemann ist, und doch meint jeder, er sei immer noch besser als überhaupt keiner.« Elisabeth kam bei den seltenen Gelegenheiten, an denen sie ihre Meinung äußerte, nie dicht an einen heran. Auch jetzt stand sie mit dem Tisch zwischen sich und Oliver und sprach zu ihm quer durchs Zimmer. »Aber lieber Himmel!« Oliver fuhr mit den Fingern durchs Haar. »Sie können das doch nicht vergleichen. Natürlich, Vi ist nicht jedermanns Geschmack, aber ein Mädchen wie Sie...«
»Ja, was ist mit einem Mädchen wie ich?«
»Fischen Sie nicht nach Komplimenten. Ich werde Ihnen nicht sagen, daß Sie hübsch sind, wenn Sie das hören wollen. Das kann John besorgen.«
»Oh, das hat er schon«, sagte sie eitel.
»Seien Sie nicht so kokett«, sagte er. »Es steht Ihnen nicht.«
»Was erlauben Sie sich eigentlich«, sagte sie, und das Blut schoß ihr ins Gesicht. »Sie sind der gröbste und grantigste Mensch, den ich je erlebt habe. Sie denken, weil Sie das Verzärtelte Baby hier im Hause sind, können Sie alles saßen, was Sie wollen.«
»Das ist gemein.«
»Sie haben angefangen mit den Gemeinheiten.«
»Das ist recht«, sagte Muffet, die niemals ein Zimmer betrat, ohne vorher an der Tür zu horchen. »Ein kleiner Streit. Das macht gar nichts. Hinterher könnt ihr euch einen Kuß geben und euch wieder vertragen. Wie reizend Sie aussehen, Elisabeth, mein Liebling, wenn Sie Farbe bekommen, aber ich nehme an, Oliver hat Ihnen das schon gesagt.« Sie empfand zwar die feindliche Atmosphäre, kehrte sich aber nicht daran und fuhr fort: »Ich konnte es nicht einen Augenblick länger im Wohnzimmer aushalten, Ollie. Ich mußte einfach hier hereinkommen und mich davon überzeugen, daß ich normal bin. Dieser junge Mann von deiner Schwester führt sich so auf, als ob ich der Geist in einer Oper wäre. Wenn ich ihn mit einer freundlichen Unterhaltung etwas aufmuntern will, macht er nur den Mund auf und zu wie ein Fisch, und nie kommt ein Wort dabei heraus. Der andere junge Mann, sein Freund, ist wirklich ein kluger Bursche — er hat mir einige seiner Fälle erzählt. Wenn ich wieder in London bin, werde ich mich einmal umsehen, ob ich ihm nicht einige der Instrumente besorgen kann, die ihm fehlen.«
»Fred ist sehr schüchtern, weißt du«, sagte Oliver. »Du mußt etwas Nachsicht mit ihm haben.«
»Schüchtern? Niemand ist schüchtern mir gegenüber; ich kann mich mit jedem unterhalten. Aber nicht mit deinem zukünftigen Schwager. Ich habe noch nie einen so schwierigen Fall erlebt.«
Mrs. North kam herein und nahm die heliotropfarbene Schürze mit den beschrifteten Taschen ab. »Ich kann auftragen«, sagte sie, »sobald Sie bereit sind, Elisabeth, dachte, ich würde nie fertig werden. Meine Güte, wie Wir das geschafft haben — ich weiß es nicht. Ich gehe immer wieder in die Speisekammer und weide mich an dem Anblick der Genüsse; es sieht wirklich üppig aus. Ihr Frucht-Gelee ist ausgezeichnet gedickt.«
»Ich wollte noch etwas Sahne obendrauf tun«, sagte Elisabeth. »Sonst sieht es so langweilig aus.«
»Kann nicht halb so langweilig sein wie der Bursche da drinnen«, sagte Lady Sandys mit ihrer klaren, tragenden Stimme und wies mit dem Kopf gegen die dünne Wand zum Wohnzimmer.
Dieser Bursche da drinnen tat natürlich das Verkehrteste, was er machen konnte, und erschien am nächsten Morgen und wollte Violet sehen.
»Sie darf ihn nicht sehen! Auf keinen Fall!« Mrs. North hastete die Treppen hinunter, als sie seine Stimme in der Halle hörte. »Es bedeutet furchtbares Unglück für Braut und Bräutigam, wenn sie sich am Hochzeitsmorgen sehen. Das weißt du doch sicher?« fragte sie ihn aufgebracht. Sie war seit halb sieben auf den Beinen, und bisher war alles so schiefgegangen wie nur möglich, angefangen vom
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