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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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sie ganz friedlich schläft. Süß, mit dem Mond auf ihrem Gesicht. Sie ist wirklich ein reizendes Mädchen, nicht wahr?«
    »Ach, ich weiß nicht, soso«, murmelte Oliver. Er wußte, wenn er ja gesagt hätte, läge sie die ganze Nacht wach und überlegte, was passieren würde, wenn er sich in seine Pflegerin verliebte.
    Nachdem sie gegangen war, konnte er lange nicht einschlafen. Er sah auf dem Rasen, wie ihr Licht ausging und wie sehr viel später Heathers Licht anging. Er hörte sie über seinem Kopf hin und her gehen, während die Nacht über sein Gesicht strich; er atmete die schwachduftende Luft und ließ seine Gedanken sich mit müßigen Dingen beschäftigen. Er war nicht unglücklich, wenn er nachts nicht schlafen konnte. Er hatte ja den ganzen Tag zum Schlafen, wenn er wollte.

DRITTES KAPITEL
     
     
    H inkley war ein kleines Rittergut; das Gutshaus stand seit vierhundert Jahren an seinem Platz. Olivers Zimmer hatte, wie die meisten Räume im Erdgeschoß, eine Holzverkleidung in dunkler Eiche und zwei geschwärzte Balken, die sich in der Mitte der Decke kreuzten. Es war einfach im Stil; man hatte es niemals restauriert oder besonderen Wert auf seine Erhaltung gelegt noch es mit Spinnrädern und schmiedeeisernen Laternen geziert. Seit der Tudorzeit hatten die Menschen, die es bewohnten, Möbel im jeweiligen Zeitstil hineingestellt. Sie stimmten nun nicht alle im Stil überein, taten aber der Atmosphäre des dunklen, kleinen Raumes keinen Abbruch und trugen zur Gemütlichkeit bei. Der Hauptreiz des Zimmers war, daß kein Möbelstück sich vordrängte, sondern still seinem Zweck diente. Der hohe, mit Gobelin bezogene Armsessel am Kamin sah beispielsweise nach nichts aus, bis man sich in ihn zurücklehnte und sich in einem Nest wiederfand, zärtlich geschützt vor aller Unbill. Der Schemel, auf den man unwillkürlich seine Füße legte, war aus rauhem, rotem Leder, straff gespannt zwischen derben Seitenbögen. Er war nicht schön, hatte sich aber seinen Platz am Kamin redlich dadurch verdient, daß er dem Gewicht von Tausenden von Füßen, die ihre Kratzspuren auf seinen metallbeschlagenen Beinen hinterlassen hatten, so gut standgehalten hatte.
    Der Kamin selbst, ein Tudorbogen aus Shropshire-Sandstein, innen mit einem eisernen Feuerkorb und einem Schornstein, durch den David, wenn er sich darunterstellte, den Himmel wie durch ein Fernglas sehen konnte, war der einzige Teil des Raumes, an dem man eine Änderung vorgenommen hatte. Als die Norths nach Hinkley kamen, war er halb so groß gewesen, mit einer bemalten Einfassung und einem schwarzbehelmten Rost, der seine Zähne zwischen glasierten Kacheln bleckte. Mrs. North, die Altengland mehr liebte als ihr Mann, hatte eifrig geklopft und gehorcht und mit ihrem molligen Daumen am Mörtel herumgekratzt. Als Mr. North eines Tages von der Arbeit kam, hatte sie bereits ein ganzes Holzpaneel heruntergerissen und so viel Mörtel herausgebröckelt, daß es einfacher war, den Abbruch zu vervollständigen als mit Flicken anzufangen. Mit Triumphschreien feuerte Mrs. North die Männer an, unter deren Griffen sich die viktorianische Verkleidung in Staubwolken auflöste. Als schließlich der weiße Kamin freigelegt war, schrieb sie eine Reihe Briefe an die staatliche Verwaltung der Altertümer und einen an das Lokalblatt, in Ausdrücken, als habe sie ein römisches Bad samt Skeletten entdeckt. Mr. North verlor kein Wort darüber, daß der neue Kamin doppelt soviel Kohle verbrauchte und daß er die frühere breite Umrandung bei weitem dem jetzigen schmalen Sims, auf dem nicht einmal seine Fotografien Platz hatten, vorgezogen hatte. Als der neue Kamin zum erstenmal geheizt wurde, beklagte Mr. North sich nicht über den Rauch, sondern sperrte alle Fenster auf, saß im Zugwind und hoffte nur, daß der Rauch sich verzogen haben würde, wenn Hattie auftauchte. Schließlich wurde eine Bleiklappe im Schornstein angebracht; von da an brannte das Feuer zwar gut, verbrauchte aber eine ungeheure Menge Holzkloben aus dem Weidenkorb, den Cowlin nachfüllen mußte, der deshalb eine gewisse Abneigung gegen Besuche bei Oliver hatte. Nie wünschte sich Oliver sehnlicher, aufstehen zu können, als in den Augenblicken, in denen das Feuer eigentlich geschürt werden mußte und er am liebsten die Holzkloben gerüttelt und eine Funkenfontäne in den Schornstein gejagt hätte.
    Links vom Kamin führte eine Tür mit mächtigen eisernen Scharnieren und einem alten geschnitzten Drücker in die Halle.

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