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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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Elisabeth etwas später hereinkam, um gute Nacht zu sagen, sprach er nicht mit ihr, sondern wartete ungeduldig, daß sie wieder ginge. Er fühlte diese Woge von Überdruß und Niedergeschlagenheit auf sich zukommen, die ihn von Zeit zu Zeit überfiel. Ehe sie nicht vorbei war, interessierte er sich für niemanden anders als für sich selbst. Er machte das Licht aus, schnitt sich selber im Dunkeln ein mürrisches Gesicht, legte sich zurück und erging sich ein wenig im Mitleid mit sich selbst.

VIERTES KAPITEL
     
     
    L itt Oliver an seinen Depressionen, so wußte es das ganze Haus. So zufrieden er sonst war, bei diesen Anfällen von Weltschmerz machte er einen solchen Wirbel, wie ein kerngesunder Mann, der glaubt, an einer Erkältung sterben zu müssen. Er arbeitete sich nicht gewaltsam in diese Stimmung hinein, sondern sie kam und ging ohne sein Zutun. Er hatte ebensowenig Macht über sie wie jemand, der ein Sonnenbad nehmen möchte, über eine Wolke hat, die die Sonne verdunkelt.
    Wenn ihm diese Anfälle auch offensichtlich zu schaffen machten, so übertrieb er sie doch und machte nicht den geringsten Versuch, seinen Mißmut zu verbergen. Wenn er die Empfindung hatte, mit sich und der Welt zerfallen zu sein, so zeigte er es jedem, mit dem er in Berührung kam. Schmeckte ihm das von seiner Mutter zubereitete Essen nicht, ließ er es auf seinem Teller liegen, statt es wie sonst aus dem Fenster zu schütten. Der Gärtner Cowlin hatte einen Foxterrier, der sich Olivers Essenszeiten gemerkt hatte und sich dann draußen aufbaute, mit seinen Hinterbeinen auf dem Rasen und den Vorderpfoten auf dem Fenstersims, mit schiefem Kopf, halb offener Schnauze und funkelnden Augen.
    Litt Oliver an seinen Depressionen, so konnte ihm niemand helfen. Er war dazu verdammt, seine Melancholie bis zum letzten auszuschürfen. Kein Buch war ihm recht, er mochte kein Radio hören, kein Essen verlockte ihn, er schützte Appetitlosigkeit vor, und jeder Besuch war ihm ein Greuel. Tatsächlich ließ er oft sein Buch sinken und stellte sich schnell schlafend, sobald er die Türklingel hörte. Er vergeudete meist völlig überflüssig seine Zeit, wenn beispielsweise der Postbote klingelte oder die Waschanstalt oder Joan Elliot oder Evelyns Dorf freunde oder Mrs. Dalrymple, die eine halbe Krone für die Heilsarmee in Hinkley einsammelte, erschienen. Kam Hugo Trevor, der Arzt und Freund, so sagte Oliver zu ihm, er solle das künstliche Bein abbestellen. Er würde niemals wieder laufen können und wolle es auch gar nicht. Dr. Trevor, ein durch nichts zu erschütternder Mann mit kurzen Gliedmaßen, der aussah wie aus einem Block gehauen, unterhielt sich mit Oliver über alles und jedes, nur nicht über seine Gesundheit, die doch das einzige war, worüber Oliver sich in diesem Zustand unterhalten wollte. Es endete immer damit, daß Dr. Trevor aufstand, Oliver barsch mitteilte, er sei hysterisch, und auf die Suche nach Mrs. North ging, mit der er auch befreundet war; er ließ dann einen Oliver zurück, der in einem grenzenlosen Gefühl des Unverstandenseins schwelgte.
    Eines Morgens war er dann ohne jeden Grund plötzlich wieder verändert. Er wußte es schon, noch ehe er völlig wach war. Er verspürte dann eine Helligkeit vor seinen Augen, eine Leichtigkeit in seinen Gliedern, selbst in dem, das gar nicht vorhanden war, ein Kribbeln auf seiner Kopfhaut, als ob er seine Haare wachsen fühlte, ein Verlangen, aus dem Fenster zu springen und über den Rasen zu laufen; all dies waren Anzeichen dafür, daß sein Anfall vorüber war. Er führte sich selbst in Versuchung, indem er sich all das vorstellte, was ihm am unangenehmsten war: das Gekrieche von Mrs. Cowlin, Heathers klingelndes Freundschaftsarmband, Violets Manier, mit gespreizten Beinen vor dem Kamin zu stehen, Fred Williams Sonntagsstaat, das typische »mm-hm« und »mm-hm« seiner Mutter, womit sie »ja« oder »nein« ausdrückte, Elisabeths gekräuselten kleinen Mund, wenn er ihr zu familiär wurde. Sobald er all diese Dinge mit Gleichmut betrachten konnte, wußte er auch, daß der kommende Tag voller Möglichkeiten war. Hatte er all diese Proben bestanden, so nahm er seinen Rasierspiegel, prüfte, ob sein Gesicht sich zu einem Lächeln bequemen wollte, und ergriff dann, falls es nicht noch zu früh war, seine Glocke. In diesen seltenen Fällen hatte er nichts gegen sie einzuwenden. Er konnte es nicht erwarten, dem Haushalt die erfreuliche Nachricht mitzuteilen.
    Und was jetzt kam, war

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