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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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eigentlich das beste an der ganzen Geschichte. Wer auch hereinkam, keiner wußte natürlich, daß inzwischen alle von dem Druck befreit worden waren; sie kamen mit jenem geduldigen und ergebenen Ausdruck, der auf schlechte Behandlung gefaßt war, und vielleicht mit einer Entschuldigung auf den Lippen, in Erwartung eines ungeduldigen Wortes, weil er zu lange hatte warten müssen. Die Erleichterung dann in ihren Mienen und die taktvolle Frage: »Heute geht es dir besser, nicht wahr?«, als ob ihnen seine Krankheit und nicht seine Laune zu schaffen gemacht hätte, amüsierte ihn königlich. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich dann die Nachricht im Hause: »Oliver ist nicht mehr ungenießbar!«, und noch lange vor dem Frühstück hatte bereits jeder eine kleine Stippvisite bei ihm gemacht.
    Seit über drei Monaten hatte er keinen dieser launischen Anfälle gehabt, und der neuerliche fiel ausgerechnet mit der Abwesenheit Elisabeths am Wochenende zusammen, die für ihn sowohl eine seelische als auch eine körperliche Unbehaglichkeit bedeutete. Elisabeth fuhr nach London, und während sie fort war, machte die Gemeindeschwester zweimal am Tage bei Oliver »kurz halt«, wie sie es nannte, um all das zu erledigen, was seine Familie nicht machen konnte. Wenn sie nicht so beschäftigt gewesen wäre, so wäre sie noch öfter gekommen, denn sie liebte Oliver.
    Sie liebte ihn schon als staksiges, rothaariges Mädchen, als er oft in der »Schnitzeljagd« in der Burnell Heide auf seinem Pony ein Ingwerbier bei ihr bestellte. Die Schenke lag am Rande der Heide, ein gelbes Spielzeughaus mit einem sauber gepflegten Garten, rundherum umhegt von einer Liguster- und Holunderhecke, an die sich der Ginster und die Farnkräuter der Gemeindewiesen schlossen. Oliver, damals ein lang aufgeschossener, hübscher Junge in einer roten Polobluse und Reithosen, stand dann vor der Hecke und trank sein Ingwerbier, die Ponyzügel um seinen Arm geschlungen. Mary Brewer schaukelte sich derweil in ihrem kurzen, ausgeblichenen Leinenkleid, das sie bei jedem Wetter trug, auf dem Gatter. Sie hatte kein Gefühl für Kälte und lief während des ganzen Jahres ohne Strümpfe und Handschuhe herum, wenn andere Menschen blau verfroren waren.
    Sie schwang sich über das Gatter, damit sie Oliver nicht ins Gesicht zu sehen brauchte, und warf alberne Bemerkungen über die Schulter, die zeigen sollten, wie unbekümmert sie war. Mrs. Brewer, in knallblauem Schürzenkleid und Haarnetz, betrachtete die Szene von einem Fenster aus und dachte: Was sie doch für ein hübsches Paar bilden. Schade, daß der junge Mann so mager war, aber wenn er nach seiner Mutter und nicht nach seinem Vater schlüge, würde er sich schon herausmachen. Ihre Gedanken liefen davon, und mit den Armen auf dem Fensterbrett träumte sie die gleichen unsinnigen, romantischen Träume wie Mary. Sie hatte ihrer Tochter ihre Sterngucker-Seele in einem einfachen Äußeren vermacht. Wenn Oliver hinaufsah, schwenkte sie ein gelbes Staubtuch, halb zur Begrüßung, halb zur Rechtfertigung ihres Fensterpostens. Wenn er Mary das Glas mit den Schaumspuren zurückgereicht hatte und davonritt, so schwang sie sich wieder auf die andere Seite des Gatters, damit sie ihm nachsehen konnte, wie er über die Gemeindewiese davongaloppierte; das Pony schwenkte sein Hinterteil von einer Seite zur anderen, als ob es Büscheln von Stechginster, über die es stolpern könnte, ausweichen wollte.
    Oliver hatte Mary damals kaum Beachtung geschenkt; er sah in ihr höchstens das Mädchen, das komische Fragen über Ponys stellte. Die Brewers stammten aus London, und als Mary erwachsen war, ging sie nach London zurück und lernte Krankenpflege. Olivers Pony trat seinen Platz ab an ein ehemaliges Polopony, dann an ein kleines Jagdpferd und schließlich an ein Pferd, wie es einem erwachsenen Manne zustand; aus seinem Ingwerbier wurde ein Apfelwein und schließlich ein Gläschen »Milder«. Mary, die älter war als er, war während der Apfelweinperiode weggefahren. Er fragte nach ihr, wenn er sich ihrer einmal erinnerte, und dann, als er schon vier Jahre lang seinen »Milden« trank, hielt er, bei einem seiner sehr seltenen Besuche zu Hause, mit seinem Wagen vor der »Schnitzeljagd« und fand zwei armselige, finstere Gestalten in dem kleinen Puppenhaus hinter der Liguster- und Holunderhecke.
    »Die Brewers?« sagte die Frau gleichgültig, »weiß nicht. Hab’ nie von diesen Leuten gehört.«
    »Aber Sie haben doch dies Anwesen sicher von

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