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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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hatte, in ihrem Herzen und grübelte, was er damit gemeint haben könnte. Sie lebte von einem Wochenenddienst zum anderen und erwog gespannt die Möglichkeit, ob Elisabeth Weihnachten Urlaub nehmen würde.
    Sie erzählte Oliver natürlich niemals etwas von all diesen Dingen, aber nachdem ihm die Augen geöffnet waren, las er sie schon, wenn sie hereinkam, von ihrem Gesicht ab. Es traf sich sehr unglücklich, daß er gerade an diesem Wochenende seiner schlechtesten Stimmung preisgegeben war, aber nach seiner Meinung war es für ihn ein noch größeres Unglück, daß Elisabeth ausgerechnet dann fort sein mußte, wenn er sie so sehr brauchte.
    Ehe sie früh am Sonnabendmorgen das Haus verließ, wusch sie ihn und erneuerte seinen Verband und gab entweder vor, seine üble Laune nicht zu bemerken, oder bemerkte sie wirklich nicht. Er sagte nicht »Viel Vergnügen«, als sie sich verabschiedete. Warum sollte sie sich vergnügen, wenn er hier eingesperrt war, an sein Bett gebunden und der Fürsorge der Familie ausgeliefert?
    Zur Lunchzeit litt Cowlins Terrier Tantalusqualen, als er das Essen roch, das auf Olivers Teller kalt wurde. Als Mrs. North mit dem Pudding kam, fühlte sie sich um so mehr von der Appetitlosigkeit Olivers getroffen, als sie daran denken mußte, wie sie die Schlächterfamilie mit erbärmlichen Schmeicheleien hatte unterhalten müssen, um schließlich die Leber zu ergattern, die sie mit so liebevoller Sorgfalt für Oliver gebraten hatte, während der Rest der Familie sich mit einem faden Fisch abspeisen lassen mußte. »Ich dachte, du ißt Leber besonders gern, Liebling!« rief sie aus. »Wie schade, daß du nichts gegessen hast. Ich mache dir etwas anderes. Möchtest du ein Ei?« Wenn sie ihm den Spaß verdorben und einfach seinen Teller weggenommen hätte, als wäre es ihr gleich, ob er verhungere oder nicht, wäre wahrscheinlich sein Appetit erwacht. Aber darauf konnte Mrs. North unmöglich kommen.
    »Danke, ich hab’ keinen Hunger«, sagte er.
    »Aber Liebling, du hast sicher wieder Schokolade gegessen. Du solltest mehr Willenskraft besitzen.«
    »Ich habe meine Schokolade schon lange aufgegessen«, sagte er gekränkt.
    »Vielleicht solltest du vor dem Essen einen Sherry trinken«, ließ sie nicht locker, »es könnte deinen Appetit anregen. Aber der Pudding wird dir sicher schmecken. Es ist Apfel-Charlotte mit Rahm von der Milch. Sie war heute sehr sahnig.«
    »Ach, Ma, nicht wieder Äpfel. Wächst denn nichts anderes in diesem verdammten Garten? Was ist denn mit all den Pfirsichen?«
    »Nanu, ich dachte, du ißt Äpfel besonders gern! Du sagst doch immer, du könntest nicht genug davon bekommen. Wenn du willst, kann ich ein Glas mit Pfirsichen aufmachen, aber eigentlich wollte ich sie erst später im Jahr aufbrauchen.« Sie merkte noch immer nicht, in welcher Verfassung er sich befand. Sobald feststand, daß er wieder einmal seinen launischen Anfall hatte, wußte sie, daß er Äpfel verlangt haben würde, wenn sie Pfirsiche gebracht hätte.
    »Nun, dann versuch einmal, dir dies schmecken zu lassen, Liebling.« Sie stellte den Teller auf sein Tablett. »Die Kruste ist so hübsch knusprig, und ich habe sehr viel Zucker in die Äpfel getan. Aber versuch erst einmal und sag, ob du mehr haben möchtest.« Wie ein Märtyrer aß er einen Löffel voll Äpfel. »Es schmeckt, danke«, sagte er unlustig. Als sie zurückkam, hatte er den Bett-Tisch mit dem halb gegessenen Pudding so weit von sich geschoben, wie es das Schutzgestell erlaubte. Sie mußte unwillkürlich daran denken, daß die Kinder noch mehr Milch auf ihrem Pudding haben wollten und sie ihnen keine geben konnte. »Möchtest du heute Kaffee haben, Liebling?« fragte sie. Er wünschte, sie würde es nicht wie »Café« aussprechen. »Ist mir gleich«, sagte er. Er wußte, daß er sich scheußlich benahm, aber er kam einfach nicht dagegen an in seiner augenblicklichen Verfassung. Sobald er erst einmal seiner Laune freien Lauf gelassen hatte, vermochte er sich nicht vorzustellen, daß er jemals wieder zu einem zivilisierten Benehmen zurückfinden könnte. Er fühlte nicht einmal Scham über seine geringe Willenskraft.
    Als seine Mutter ihm die letzten beiden Stückchen Zuteilungsschokolade brachte, sie liebevoll auf seinen Nachttisch legte und ohne Hinweis darauf hinausging, war er doch etwas beschämt, was ihn aber nicht davon abhielt, sie am Nachmittag zu essen.
    Zur Cocktailstunde frischte seine Stimmung etwas auf. David machte ihm immer gute

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