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Zwölf um ein Bett

Zwölf um ein Bett

Titel: Zwölf um ein Bett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica Dickens
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besonders feucht und düster, und die Dämmerung brach schon gegen vier Uhr in unsere Baracke ein. Ein schrecklicher Mensch, der Stringy hieß, brachte mit viel Lärm den Ofen wieder in Gang. Er hatte eine rote Decke um seine Taille gewickelt, und sein Fußverband steckte in einer filzigen weißen Socke. Zwei andere Patienten, die schon aufstehen durften, zwei ganz erträgliche, aber nicht gerade vertrauenerweckende Burschen, spielten Karten. Der eine hatte einen trockenen Husten, und der andere trug eine Klappe über einem Auge. Wir hatten unseren Tee schon bekommen, aber ich hatte mich mit meinem nicht sehr beeilt, weil ich ihn nicht mochte, und der Sanitäter hatte ihn noch nicht weggeräumt. Ein Teller mit einer dicken Scheibe Brot mit Butter und eine Tasse ohne Untertasse, halbgefüllt mit einem viel zu starken Tee, den man nicht trinken konnte, standen auf meinem Nachtschrank, neben dem alten Blechdeckel, den ich als Aschenbecher benutzte. Der Mann in dem Bett neben mir war in der Nacht gestorben, und die Sprungfedern lagen bloß, weil man die Matratze zum Desinfizieren hinausgebracht hatte. Meine Mutter saß auf dem schwarzen Eisen und sah mich an. >Das ist ja fürchterlich<, sagte sie, >hier kannst du nicht bleiben.< — >Ach, es ist doch ganz in Ordnung<, sagte ich so leichthin, >es ist sehr fein hier. Du hast nur den schlechtesten Tag erwischt. Komm einmal an einem sonnigen Vormittag, wenn wir mit den Lazarettschwestern unseren Spaß haben.< Diesen Augenblick suchte sich nun das schlimmste Pferdegesicht aller Lazarettschwestern, eine tapfere, alte Veteranin aus dem letzten Krieg, dazu aus, mit einem Packen schmutziger Wäsche durch den Raum zu stampfen, wie ein Schweinehirt auf dem Weg zum Schweinestall.
    Einer der Männer rief ihr zu: >Annie...< So hieß sie, Annie. Annie Rooney nannten sie die meisten. >Annie, zum Donnerwetter, wann wird endlich dies Drecklicht angemacht?< Nur sagte er unglücklicherweise nicht >Dreck<. Er mußte flach auf dem Rücken liegen und konnte nicht sehen, daß ich Besuch hatte.
    Annie antwortete bissig: >Halt die Klappe, junger Mann, sonst bekommst du heute überhaupt kein Licht!< Das war so ihre Art von Witz. Sie war eine lustige alte Seele, aber auf den, der ihre besseren Qualitäten nicht kannte, mußte sie einen etwas borstigen Eindruck machen. Sie hatte eine Stimme wie eine Muskatreibe und rauchte in ihrer Freizeit wie ein Schlot. Man konnte alles von ihr haben, wenn man ihr ein Päckchen Zigaretten schenkte.
    Ich sah, wie es in meiner Mutter arbeitete. >Warum hat dies Bett keine Matratze?< fragte sie. Ich sagte ihr, warum, und sie stand schnell auf. Die Schwester dachte, sie wolle gehen. Sie kam heran und sagte: >Ich muß Sie jetzt bitten zu gehen, Mrs. North, die Station wird geschlossen.< >Wenn es nach mir ginge, würde sie gar nicht wieder aufgemacht<, sagte Ma und bewies damit ihre Schlagfertigkeit. Sie drückte in der Dunkelheit meine Hand und flüsterte mir zu, sie wäre morgen wieder da. Ich muß sagen, ich hätte nie geglaubt, daß sie es schaffen würde. Die Schwester hatte ihre Verteidigungsstellung verstärkt und Wandschirme um mein Bett herumgestellt. Zu meiner Mutter sagte sie, ich hätte einen schlechten Tag gehabt und fühle mich zu elend, um irgend jemanden zu sehen. Ich konnte die Unterhaltung hinter den Wandschirmen hören.
    Später erfuhr ich, daß die Männer Wetten auf das Paar abgeschlossen hatten. Scotty Macrae gewann eine halbe Krone und ein Luftkissen aus Gummi, als meine Mutter triumphierend zwischen den Wandschirmen hervorkam. Ich weiß nicht, wie sie es geschafft hat, jedenfalls kam sie seitdem jeden Tag, ob Besuchsstunde oder nicht. Die Schwester tat so, als ob sie sie nicht sähe, oder richtete ihre Freizeit danach ein. Sie sprach auch mit mir über meine Mutter, gewiß, drückte mir dabei das kalte Stethoskop auf die Brust und erzählte mir, wie schlecht mein Herz sei. >Und kein Wunder<, meinte sie schadenfroh. Ich merkte zum erstenmal, daß Ma hinter den Kulissen arbeitete, als der Stabsarzt eines Morgens sagte: >Schade, daß sich Ihr Stumpf so aufspielt, sonst könnten Sie bald nach Hause.<
    >Nach Hause?< sagte ich. Ich hatte nicht erwartet, vor Ablauf von Wochen entlassen zu werden. Das gehörte mit zu den Dingen, die zu meiner Niedergeschlagenheit beitrugen, daß ich mich gar nicht an ein bestimmtes Datum halten konnte. Stringy hatte es besser, er wußte, wann ihm sein Pflaster abgenommen werden würde, und ritzte für jeden

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